(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 1/07, 8) < home RiV >
Bericht von der
Mitgliederversammlung 2007
Der OLG-Plenarsaal war am 6.2.07 überfüllt. Die Mitglieder des Hamburgischen Richtervereins drängten sich und fanden kaum Platz trotz Aufbietung allen Sitzmobiliars; ein gutes Zeichen der Identifizierung unserer Kollegen mit den gemeinsamen Zielen! Starke Zugkraft hat die Gastrednerin ausgeübt: Generalbundesanwältin Monika Harms, die in ihrer Hamburger Richterzeit Mitglied des Richtervereins war und immer noch reges Interesse an ihren Hamburger Kollegen hat, was diese erwiderten; die in Weises Leserbrief enthaltene Kritik (unten Seite 32) war jedenfalls kein Thema in der Versammlung.
Vor Harms’ Rede begrüßte Inga Schmidt-Syaßen neben den Kollegen die Generalbundesanwältin, die Vertreter aus Rechtsanwaltschaft, Parlament, Verwaltung (insbesondere Justizsenator Lüdemann) und Richterbund (Herr Ahrenhövel). Schmidt-Syaßen wertete die anstehende Rede der Generalbundesanwältin als Zeichen der Verbundenheit von Richtern und Staatsanwälten.
Sodann erinnerte Monika Harms zunächst an Roland Makowka. Er sei unser Freund gewesen; aufopferungsvoll, ausgleichend, humorvoll und unprätentiös habe er sich um die Belange der Richter gekümmert. Vorwandhafte Formeln habe er abgelehnt. Monika Harms legte zusammen mit den Anwesenden eine Gedenkminute für Roland Makowka ein.
Ihre Rede behandelte das Thema „Islamischer Terrorismus - Neue Herausforderungen für den Rechtsstaat.“ Während ihrer Zeit als Richterin (und Vorsitzende Richterin) am BGH habe sie noch die rechtlichen Nachbeben der RAF-Zeit erlebt. Ihr jetziger Schwerpunkt liege im islamischen Terrorismus. Sie skizzierte die historischen Wurzeln dieser Erscheinung von Hassan Al-Banna 1928 bis zu den Anschlägen vom 11.09.01 (insbesondere wie aus Niederlagen gegenüber der westlichen Zivilisation struktureller Hass erwuchs), analysierte Al Quaida, zeigte deren organisatorische Unterschiede zur RAF auf, beschrieb die logistische Bedeutung Europas für Al Quaida und legte mögliche Maßnahmen im Vorfeld künftiger Gefahren dar. Dabei könne es Schwierigkeiten mit der bisherigen BGH-Rechtsprechung geben, die noch auf die ganz anders gelagerten Strukturen der RAF ausgerichtet gewesen sei. Ganzheitliche Bekämpfungsansätze in Form konzertierten Vorgehens mehrerer Behörden (Polizei-, Ausländer-, Sozial-, Nachrichtenbehörden etc.) seien erforderlich. Die Generalbundesanwaltschaft habe sich durch Einrichtung von Organisations- und Grundsatzreferaten auf die geänderte Lage eingestellt. Nachdem Monika Harms einzelne Ermittlungsmethoden und deren Probleme (insbesondere Verwertungsverbote) beschrieben hatte, verlor sie Worte der Rührung, wenn sie sehe, wie hart ein Sozialhilfebetrüger, der die ertrogenen 300 € dem Dschihad zur Verfügung stellte, bestraft werde, während Steuerhinterzieher selbst bei hohem Steuerschaden nach einem Deal mit geringen Strafen gegen Bewährung nach Hause gingen. Abschließend behandelte sie noch die Themen Dolmetscherkosten und länderübergreifende Zentralisierung von Staatsschutzsenaten.
Der scheidende DRB-Vorsitzende Ahrenhövel knüpfte an Harms’ Worte zum Deal an im Hinblick auf die Verfahren Ackermann und Hartz. Er stellte Interview-Äußerungen klar, in denen er „Bauchschmerzen“ gegen Deals geäußert habe. Diese seien kein Vorwurf gegen die Kollegen, sondern seien das Resultat des Dilemmas, dass der einzelne Richter durch mangelhafte Zurverfügungstellung von Ressourcen unter Druck stehe, so dass Verfahren nicht immer nach allen Regeln der Kunst durchführbar seien, andererseits aber die gesellschaftliche Akzeptanz solcher Entscheidungen auf der Strecke bleibe, auch wenn die Entscheidungen als solche formell in Ordnung seien. Ahrenhövel skizzierte sodann die zu fordernden Grundvoraussetzungen für Verfahrensabsprachen.
Gerhard Schaberg verabschiedete Inga Schmidt-Syaßen als scheidende Richtervereinsvorsitzende und hielt die nachstehend Seite 10 abgedruckte Rede.
Im nichtöffentlichen Teil der Mitgliederversammlung wurde eine Gedenkminute für verstorbene Kollegen eingelegt.
RA Huff, der Chefredakteur Zeitschriften im Verlag der DRiZ (Wolters Kluwer) beklagte eine Rückläufigkeit der DRiZ-Auflage bei einem Mitgliederbestand des DRB von ca. 14.000 und betonte die Selbstverständlichkeit, dass jedes Mitglied eines Verbandes auch die Verbandszeitschrift beziehen möge, weil nur so die Mitglieder erführen, welche aktuellen Entwicklungen es für die Richter gebe.
Frau Schmidt-Syaßen warb für den Richtertag in diesem Herbst und für die Kolumbienhilfe des DRB (siehe zu beidem unten Seite 21) und informierte über den letzten Stand in Sachen „Stolpersteine“. Auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Vereinsvorsitz werde sie weiter aktiv für den Richterverein sein durch ihre Arbeit in „Kultur und Justiz“.
Bei der Vorstandswahl wurde Gerhard Schaberg zum Vorsitzenden, Björn Jönsson zum stellvertretenden Vorsitzenden und Götz Göttsche als Nachfolger für Michaela Opfer zum Assessorenvertreter gewählt. Weitere Veränderungen im Vorstand ergaben sich nicht; der derzeitige Stand ist aus der unten Seite 37 abgedruckten Vorstandsliste ersichtlich. Bei der Gelegenheit sei erwähnt, dass der Vorstand außerhalb der Mitgliederversammlung die Organisation des Juristenballs, den bislang der verstorbene Kollege Seedorf betreut hatte, Axel Herchen übertragen hat.
Sodann beschloss die Mitgliederversammlung die unten Seite 15 abgedruckte Resolution gegen Gehaltsdumping.
Inga Schmidt-Syaßen wurde zur Ehrenvorsitzenden gewählt; eine Entscheidung, die ihren unermüdlichen Einsatz für den Richterverein würdigt. Diesen Einsatz können besonders diejenigen in seinem wahren Umfang ermessen, die eng mit ihr zusammengearbeitet haben, denn in größerem Kreise hat sie hat nie viel Aufhebens um ihre Leistungen gemacht; Vieles hat sie geräuschlos erledigt. Der Richterverein hat ihr viel zu verdanken.