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Brief an Senator Kusch

Hamburg, den 20.04.2004

Sehr geehrter Herr Senator!

Mit Empörung und Befremden hat der Hamburgische Richterverein die von Ihnen gegenüber den Medien mehrfach geäußerte massive Kritik an der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis genommen. Selbst dann, wenn die von Ihnen in der Öffentlichkeit behaupteten Fehler der sachbearbeitenden Staatsanwälte vorgelegen haben sollten, ist die Art und Weise Ihrer Kritik weit überzogen. Sie hat dazu geführt, dass die Staatsanwaltschaft und die Justiz insgesamt in der Presse diffamiert und grundlos herabgewürdigt werden. Bei den Mitgliedern des Hamburgischen Richtervereins ist der Eindruck entstanden, dass Sie durch die Art und Weise Ihrer Formulierungen dieser Berichterstattung Vorschub geleistet haben.

Sie als Justizsenator, der eine erhebliche Verantwortung für die Motivation der Mitar-bei­­ter der Staatsanwaltschaft trägt, haben in nicht mehr zu vertretender Weise eine negative Berichterstattung in den Medien initiiert. Dies kann nicht hingenommen werden.

Ihre pauschale Herabsetzung der Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft gipfelte u.a. in folgenden in der Presse am 16. April 2004 zitierten Äußerungen: „Die Messerstecherei muss für uns Anlass sein, sämtliche Mitarbeiter in die Mangel zu nehmen.“, „Wir haben Zweifel, ob alle unsere Mitarbeiter die selben Wertmaßstäbe anlegen …. die Mitarbeiter müssen stärker angehalten werden, Recht nicht im luftleeren Raum auszulegen.“ Von diesen Äußerungen haben Sie sich nicht distanziert.

Die Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft haben zunehmend Schwierigkeiten damit, unter diesen Umständen ihren Dienst zu verrichten. Die Beschädigung des Ansehens der Staatsanwaltschaft in der Öffentlichkeit hat bereits ihre Wirkung gezeigt: In zahlreichen Fällen sind Mitarbeiter in Telefonaten beschimpft und beleidigt worden. Sie haben einen Anspruch darauf, dass derartige ungerechtfertigte Angriffe unterbleiben und dass Sie alsbald diesen pauschalen Herabwürdigungen in der Öffentlichkeit entgegentreten.

Auch Sie werden sicher nicht in Zweifel ziehen, dass die Staatsanwaltschaft die Anwendung der Strafvorschriften und die erforderlichen Strafverfolgungsmaßnahmen nicht im „luftleeren Raum“ – was immer Sie damit meinen – vornimmt, sondern nach Recht und Gesetz zu entscheiden hat. Dies ist der alleinige Wertmaßstab für die Staatsanwaltschaft wie für die Gerichte. Es sollte für jeden nachvollziehbar sein, dass bei der Bearbeitung von über 300.000 Fällen im Jahr vereinzelt Fehler auftreten können. Das hat die Staatsanwaltschaft in der Vergangenheit nie bestritten, war für berechtigte Kritik immer offen und ist sich auch ihrer Verantwortung gegenüber den Opfern von Straftaten voll bewusst.

Darüber hinaus haben Sie durch die Einsetzung eines kommissarischen Behördenleiters in der Öffentlichkeit den unzutreffenden Eindruck erweckt, der Leitende Oberstaatsanwalt Köhnke sei während seiner krankheitsbedingten Abwesenheit seines Amtes enthoben worden. Zudem gab es für diese Maßnahme, die nicht mit dem Betroffenen abgestimmt wurde, weder Veranlassung noch Notwendigkeit. Die überstürzte personelle Entscheidung hat bei der Staatsanwaltschaft zu erheblichen Irritationen geführt. Anstatt dafür zu sorgen, dass die hohe Arbeitsbereitschaft und die Motivation für die Sache der Strafverfolgung erhalten bleibt, haben Sie durch Ihre in der Presse zitierten unsachlichen Äußerungen demotivierend und destruktiv auf die Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft eingewirkt. Diese hoffen, dass der bisherige Behördenleiter, der sich auf dem Wege der Besserung befindet, alsbald in der Lage sein wird, seine Arbeit wieder aufzunehmen.

Wir erlauben uns, diesen Brief der Presse bekannt zu machen.

Hochachtungsvoll

Schmidt-Syaßen           Schaberg          Elsner

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Anm. d. Red.: zu Presse, TV und Rundfunk siehe www.richterverein.de/aktuell/prart04.htm#stabrief