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Sparmaßnahme
Rechtsmittelreform

Am 17.04.2000 fand im Plenarsaal des HansOLG Hamburg eine Podiumsdiskussion statt, an der insbesondere die Bundesjustizministerin und unsere Justizsenatorin teilnahmen. Mein Bericht über den Inhalt der Beiträge ist auf unserer Homepage zu finden (sehr instruktiv sind die Ausführungen von VRiOLG Dr. Daniels zu den künftigen drastischen Belastungen des OLG). Nachfolgend nur etwas zur Personalausstattung.

Die Beiträge der Rechtsanwälte auf dem Podium zeigen, dass sogar bei Ihnen die Erkenntnis Raum gewinnt, dass zusätzliche Richter erforderlich sind. Die Justizminister (JM) erklären, dass zwar keine zusätzlichen Stellen finanzierbar seien, dass aber von den Berufungsgerichten Stellen zur 1. Instanz geschoben würden.

Richtig ist jedoch, dass längst nicht alle durch die Reform rechnerisch angeblich überflüssigen Berufungsrichter (450 von 1.450) der I. Instanz zugute kommen werden, sondern dass davon ein ganzer Teil völlig gestrichen werden wird zugunsten des allgemeinen Staatshaushalts. Dies beruht offenbar auf einer Vereinbarung zwischen BJM einerseits und LJM'n andererseits, wie sich aus dem BJM-Bericht 1999 ergibt:

"Allerdings wird nicht das gesamte durch die Rechtsmittelreform in Zivilsachen erwirtschaftete Potential für die Verstärkung der ersten Instanz zur Verfügung stehen. Die Länder haben auf die weitere Behandlung des bereits erneut eingebrachten 'Entwurfs eines Gesetzes zu Vereinfachung des zivilgerichtlichen Verfahrens und des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit' - Rechtspflegevereinfachung (ZPO) - BT-Drs. 13/6398 - nur verzichtet, weil der Bund zugesagt hat, bei der Rechtsmittelreform in Zivilsachen eine entsprechende Entlastung zu erzielen." so Seite 127 (Punkt F 1.3) des "Berichts zur Rechtsmittelreform in Zivilsachen", 1999, BJM im Auftrag der JuMiKo, (eine Art Vorentwurf der Reform).

Letztlich will sich also die BJM ihre Reform von den Ländern abkaufen; die Rechnung werden die Richter zu bezahlen haben. Das ist umso bemerkenswerter, als die BMJ in ihrer Oppositionszeit im Bundestagsplenum erklärte:

"Wenn wir der Meinung sind, daß die Justiz besser werden muß und daß die Landesfinanzminister da nicht mehr sparen dürfen, daß bei der Justiz kaum noch etwas zu holen ist, dann ist es Ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit, endlich dafür zu sorgen, daß der Unfug aufhört, daß der Bund durch immer stärkere Belastungen, die er den Ländern aufbürdet, mit dazu beiträgt, daß der Druck immer größer wird." (Plenarprotokoll 13/182 vom 13.06.1997, S. 16376 = MHR 1/98, 39)

Wolfgang Hirth