Eine der Hoffnungen war, daß die Gerichte selbst über die Mittelverwendung entscheiden dürfen.
Das dürfen sie jedoch auch im Rahmen der Budgetierung nur, solange übergeordnete Stellen nichts dagegen haben. Anderenfalls wäre das Budgetrecht des Parlaments verletzt. Zum am 22.12.1997 verkündeten Haushaltsrechts-Fortentwicklungsgesetz (BGBl 3251) heißt es deshalb in der Entwurfsbegründung (Drucksache 13/8293):
"Die ... Flexibilisierung ... steht im Einklang mit dem parlamentarischen Budgetrecht ... des Grundgesetzes. Die Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes beläßt dem Haushaltsgesetzgeber seine rechtlich umfassende, alleinige Entscheidungs- und Feststellungskompetenz über den Haushaltsplan. Der Gesetzgeber hat es bei der Aufstellung des Haushaltes weiterhin in der Hand, die 'wirtschaftliche Grundsatzentscheidung für die zentralen Bereiche der Politik während des Planungszeitraums' (vgl. BVerfG 70, 324, 355 mit weiteren Verweisen) in der ihm angemessen erscheinenden Detailgenauigkeit über den Haushaltsplan zu treffen."
Dem kann nicht durch sog. Leistungsvereinbarungen zwischen oberer und unterer Behörde begegnet werden, weil Verträge innerhalb einer Behörde nicht bindend sind (nach Ansicht von Pünder, DÖV 1998, 63, 67 unter Hinweis auf Hoffmann-Riem).
Zu hoffen ist daher, daß die Gerichte eines Tages selbständig werden, etwa als Anstalt öffentlichen Rechts, der keine obere Behörde dreinredet. Die Budgetierung könnte ein erster vager Schritt in diese Richtung sein.
Hätte man eine Selbständigkeit
der Gerichte, dann würde es auch keinen kooperativen Belastungsverbund
der Gerichte mit gerichtsfremden Behörden mehr geben. Die Gerichte
müßten dann nicht mehr auch die Lasten des Strafvollzugs finanziell
mittragen (vgl. hierzu in dieser MHR).
Die Justizbehörde hat den Gerichten die Budgetverteilung für 1998 mitgeteilt. Darin scheint sich meine in der letzten MHR geäußerte Befürchtung zu bestätigen, der Strafvollzug ziehe aus einer mangelnden haushaltsmäßigen Abschottung gegenüber den Gerichten zu deren Lasten Vorteile.
Von den 86 im Justizhaushalt zu streichenden Stellen (davon beim Landgericht wiederum 8) entfallen 2 auf den Strafvollzug, also nur 2,3 %, obwohl sein Anteil am Budgetsoll 31,5 % beträgt. Dies erstaunt umso mehr, als noch 1996 der Anteil des Strafvollzugs an den "Streichaltlasten" der Justiz mit 41,5 % weit überdurchschnittlich war.
Wenn die Justizbehörde den Strafvollzug von Altlasten befreien möchte und darüber hinaus dort die Stellenstreichungen sogar unterdurchschnittlich ausfallen lassen möchte, so geht dies nur durch entsprechende Aufstockung des Justizbudgets.
Daß eine solche Aufstockung sich aus der Senatsdrucksache "Haushaltseckwerte" ergebe - so die Justizbehörde - bleibt pure Behauptung, denn die Senatsdrucksache ist streng vertraulich und kann daher nicht eingesehen werden ("neue Offenheit"?).
Die o.a. Mitteilung enthält als "Aufstockung gemäß Senatsbeschluß" lediglich 239.100 DM zugunsten des Strafvollzugs wegen neuer Aufgaben. Um die Erklärung des Strafvollzugs zum Schonbereich auszugleichen, wären jedoch weitere 1,5 Millionen DM erforderlich gewesen. Die treffen nun auch die Gerichte (auch die Nichtstrafgerichte).
Hamburg steht (zusammen mit
Berlin) an der Spitze der Strafvollzugskosten pro Einwohner (ZRP 1997,
435). Zusätzliche Gefahren für Kostensteigerungen im Strafvollzugsbereich
entstehen durch das Vollzugskrankenhaus, Ausweitung sozialer Maßnahmen
und durch die in der Hamburger Koalitionsvereinbarung festgelegten Ziele
im Strafvollzug. Gerade politisch gewollte Kostensteigerungen im Strafvollzug
dürfen auch nicht mittelbar zu Lasten der Gerichte gehen, sondern
müssen vom Haushaltgeber ausgeglichen werden.
Bremen: Mäurer DRiZ
1996, 47
Niedersachsen:
Schneidewind NdsRPfl 1997, 273
Nordrhein-Westfalen:
(Aus der Pressemitteilung Nr. 13
vom 12.09.1997 des NRW-Justizministerium:)
"Unter dem Projektnamen 'KICK',
was für 'Konzeptionierung und Implementierung einer controllingorientierten
Kosten- und Leistungsrechnung' steht, wird die nordrheinwestfälische
Justiz in den nächsten Monaten gemeinsam mit dem renommierten Softwareunternehmen
ORACLE Deutschland GmbH eine entsprechende Verfahrenslösung entwickeln,
die Teil eines umfassenden Informations- und Steuerungssystems in der nordrhein-westfälischen
Justiz ist. Bereits zum 1. Januar 1998 soll die Kosten- und Leistungsrechnung
bei 18 ausgewählten Gerichten und Justizbehörden eingesetzt werden,
nachdem die erforderlichen Vorarbeiten Mitte diesen Jahres gemeinsam mit
der Universität Düsseldorf erfolgreich abgeschlossen werden konnten."
Zusammengestellt von Wolfgang Hirth