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Presseerklärung
Keine parteipolitische Einflussnahme
auf die Einstellung in den höheren Justizdienst!
Mit großer Sorge nimmt der Hamburgische Richterverein zur Kenntnis, dass die Justizbehörde kurzfristig, überfallartig und überstürzt, ohne vorherige Anhörung der Betroffenen zum 1. Dezember 2005 grundlegende Änderungen des bisherigen Auswahlverfahrens von Bewerbern für den höheren Justizdienst einführen will. Nach der jetzigen Gesetzeslage haben die Präsidenten des Hanseatischen Oberlandesgerichts, des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts und die Generalstaatsanwältin das Recht, für ihren Geschäftsbereich Bewerber für den höheren Justizdienst vorzuschlagen. Dementsprechend bearbeiten sie auch die jeweils eingehenden Bewerbungen. Diese Praxis besteht entsprechende seit Jahrzehnten auch in der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit. Ab dem 1. Dezember 2005 sollen alle Bewerbungen bei der Justizbehörde eingehen und dort „ausgewertet“ und sodann nur die Unterlagen „geeigneter“ Bewerber an die Vorschlagsberechtigten weitergeleitet werden.
Dies ist ein rechtswidriger Eingriff in die bestehenden Vorschlagsrechte, gegen den der Hamburgische Richterverein auf das Schärfste protestiert.
Die von der Justizbehörde für die Änderung des bisherigen Verfahrens vorgeschobene Begründung ist fadenscheinig und steht in krassem Widerspruch zur Realität:
Das bisherige Einstellungsverfahren hat sich in der Praxis glänzend bewährt. Es ist schnell und unbürokratisch und sichert Hamburg in der Konkurrenz um besonders qualifizierten Nachwuchs Vorteile gegenüber anderen Bundesländern.
Die von der Justizbehörde beschlossene Neuregelung wird dagegen mit Sicherheit zu einem bürokratischen Mehraufwand und zu Zeitverzögerungen und damit zum Verlust der bisherigen Vorteile Hamburgs gegenüber anderen Bundesländern führen.
Die bestehende gesetzliche Regelung der Vorschlagsrechte, die einer bereits seit Jahrzehnten vorher geübten Praxis entspricht, ist 1985 vornehmlich auf Betreiben der damaligen Oppositionspartei CDU mit dem Ziel eingeführt worden, das Verfahren der Anwerbung und Einstellung in den höheren Justizdienst von parteipolitischen Einflussnahmen freizuhalten.
Die angekündigte Zentralisierung dieses Verfahrens und die Vorauswahl von Bewerbern durch die Justizbehörde und die „gefilterte“ Weitergabe von Bewerbungen an die Vorschlagsberechtigten verstößt gegen den Kern dieser Gesetzesregelung, weil sie den Vorschlagsberechtigten den Überblick über die Bewerberlage entzieht.
Damit setzt die Justizbehörde sich nicht nur dem Verdacht aus, parteipolitischen Einfluss auf die Bewerberauswahl nehmen zu wollen, sondern sie untergräbt zugleich die durch das bisherige Verfahren gewährleistete Unabhängigkeit der Justiz.
Wir fordern nachdrücklich die Rücknahme der beschlossenen Änderungen und die Rückkehr zu der bewährten, von Vertrauen getragenen Zusammenarbeit zwischen Justizbehörde, Gerichten und Staatsanwaltschaften!
Hamburg, den 25. November 2005
Der Hamburgische Richterverein
Gerhard Schaberg
(stellv. Vors.)
Anmerkung des Webmasters: vgl. zu diesem Thema auch
- den Veranstaltungsbericht vom 9.12.05
- das Editorial in MHR 4/05, 2