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Teil 1 ist veröffentlicht in MHR 3/2004, S. 4

Besoldungs- und

Versorgungsrecht[1]

 

- Fortsetzung des 2. Teils -

Zulagengeförderte private Altersversorgung

Durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 wurden nunmehr auch die Beamten, Richter und Berufssoldaten in die zulagengeförderte private Altersversorgung einbezogen. Die Grundzüge der Förderungsmaßnahmen werden kurz wie folgt skizziert:

 

Im Grundsatz erfolgt die Förderung durch eine Altersvorsorgezulage und durch einen zusätzlichen Sonderausgabenabzug, wobei im Einzelfall die jeweils günstigste Förderung zum Zuge kommt (Günstigerprüfung).

Zunächst handelt es sich für die Beamten und Richter – wie für alle übrigen Personenkreise – nicht um eine Verpflichtung, sondern um die Einbeziehung in ein zusätzliches staatliches Angebot nach § 10a Abs. 1 EStG i.d.F. des Altersvermögensgesetzes. Zum förderungsfähigen Personenkreis gehören nunmehr auch die Empfänger von Besoldung, also die Beamten und Richter. Als Förderinstrument ist im XI. Abschnitt des EStG eine so genannte Altersvorsorgezulage eingeführt worden.

 

Die Altersvorsorgezulage besteht aus einer Grundzulage und ggf. einer Kinderzulage je Kindergeld berechtigtem Kind. Die höchstmögli­che Grundzulage ist unterschiedlich und steigt in den Jahren 2002 bis 2008 jährlich an. In den Jahren 2002 und 2003 beträgt die Grundzulage 38,– € (verheiratet, Ehegatte nicht versicherungspflichtig: 76,– €) und die Kinderzulage 46,– €. Diese Beträge steigen kontinuierlich an und erreichen im Jahre 2008 eine Grundzulage von 154,– € (verheiratet, sonst wie oben: 308,– €) und eine Kinderzulage von 185,– €.

Um die volle Zulage zu erhalten, muss der Anleger einen Mindesteigenbeitrag erbringen, der ebenfalls in den Jahren 2002 bis 2008 ansteigend ausgestaltet ist. So beträgt der Mindesteigenbeitrag in den Jahren 2002 und 2003 1 % und steigt bis zum Jahre 2008 auf 4 % der im vorausgegangenen Kalenderjahr erzielten beitragspflichtigen Einnahmen im Sinne des SGB VI abzüglich individuell zustehender Zulagen. Die Vollförderung setzt demnach ab dem Jahre 2008 ein. Wer geringere Sparleistungen aufwendet als nach den oben dargestellten Sätzen als Mindesteigenbeitrag erforderlich, erhält entsprechend weniger Zulagen.

 

Besonderheiten bei Ehegatten:

Gehören beide Ehegatten zum förderfähigen Personenkreis (z.B. als Beamte/in, Richter/in oder als Pflichtversicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung), haben beiden einen eigenen Zulageanspruch auf die Grundzulage.

Gehört der Ehegatte zum nichtförderfähigen Personenkreis (z.B. weil er Hausfrau/-mann oder Selbstständiger ohne Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung ist), so kann er eine abgeleitete Zulagenberechtigung erhalten. Voraussetzung dafür ist, dass der Ehegatte einen eigenen Altersvorsorgevertrag, einen sog. Zulagenvertrag abgeschlossen hat.

Dies alles gilt allerdings nur dann, wenn die Ehegatten die Voraussetzungen der steuerrechtlichen Zusammenveranlagung erfüllen.

Der Zulagenvertrag wird ausschließlich mit der staatlichen Grundzulage für den nicht förderfähigen Ehegatten und ggf. mit den Kinderzulagen bespart. Eine weitere eigene Beitragsleistung des Ehegatten ist nicht erforderlich. Allein der zum förderfähigen Kreis gehörende Ehemann muss selbst einen eigenen Beitrag nach Maßgabe der oben dargestellten Grenzen einzahlen.

 

 

Zusätzlicher Sonderausgabenabzug

Daneben ist auch noch ein zusätzlicher Sonderausgabenabzug nach § 10 a Abs. 1 EStG zulässig, und zwar unabhängig von der bisherigen Höchstbetragsberechnung der Sonderausgaben. Der Betrag des Sonderausgabenabzugs ist als Höchstgrenze ausgestaltet, und macht folgende Beträge in den Veranlagungszeiträumen aus:

2002 und 2003:           525 €,

2004 und 2005:        1.050 €,

2008:                         2.100 €.

Der Sonderausgabenabzug nach § 10 a EStG wird nur dann gewährt wird, wenn dieser günstiger ist als die Zulage nach dem XI. Abschnitt des EStG.

 

Es erfolgt also von Amts wegen eine Günstigerprüfung, wenn der Steuerpflichtige im Rahmen seiner ESt-Erklärung die notwendigen Angaben macht. Das Verfahren entspricht damit der bereits bekannten Günstigerprüfung beim Familienleistungsausgleich nach § 31 EStG. Ein Sonderausgabenabzug scheidet deshalb dann aus, wenn das Finanzamt im Rahmen der Günstigerprüfung feststellt, dass der Anspruch auf Zulage höher ist als der sich aus dem Sonderausgabenabzug ergebende Steuervorteil. Bei Bezügen eines Richters ab Besoldungsgruppe R 2 und bei höherem Lebensalter ist regelmäßig der Sonderausgabenabzug günstiger.

 

Die Zulage erhält allerdings nur, wer bestimmte zulagenberechtigte Altersvorsorgeverträge abgeschlossen hat. Der abgeschlossene oder noch abzuschließende private Vorsorgevertrag muss den Maßstäben des neu geschaffenen Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsge­setz (AltZertG) genügen.

Wesentlich ist, dass die Abtretung oder Übertragung von Forderungen oder Eigentumsrechten aus dem Vertrag an Dritte ausgeschlossen ist.

Die Zertifizierung eines Altersvorsorgevertrages besagt im Wesentlichen nur, dass der Vertrag im Rahmen des § 10a sowie des Abschnittes XI des EStG steuerlich förderungsfähig ist. Die Zertifizierungsstelle prüft nicht, ob ein Altersvorsorgevertrag wirtschaftlich tragfähig und die Zusage des Anbieters erfüllbar ist und ob die Vertragsbedingungen zivilrechtlich wirksam sind; die Zertifizierung sagt also nichts über die Güte des Anlageproduktes aus.

 

Praktische Hinweise:

Nach den bisherigen Angeboten der Versicherungsträger erscheinen die Verwaltungs- und Absicherungskosten als relativ hoch, sodass es fraglich ist, ob es sich bei einem Beamten bzw. Richter im Alter von etwa 45 Jahren lohnt, die Förderung überhaupt in Anspruch zu nehmen. Die Kosten der Angebote sind vielfach nicht transparent, die erwartete Rendite ist nicht erkennbar

Der DRB hat erreicht, dass auch für Richter eine Teilnahme an dem vom Deutschen Beamtenbund inzwischen gegründeten dbb-Vorsorgewerks möglich ist. Das Vorsorgewerk stellt nach den Informationen des Beamtenbundes eine eigene Einrichtung dar, über die in Zusammenarbeit mit Versicherungen für Beamte ein Modell der Vorsorgeleistung zu geringen Verwaltungskosten geschaffen worden sein soll. Es werden hierbei sowohl die staatlich geförderten Vorsorgeprodukte („Riester-Rente“) als auch die herkömmlichen Produkte wie Lebens-, Renten- und fondsgebundene Versicherungen angeboten.

 

Welcher Vorsorgebedarf?

Das wirtschaftliche Ausmaß der Versorgungskürzungen und der daraus sich ergebende Bedarf für eine ergänzende private Vorsorge wird erst dann ausreichend sichtbar, wenn die Überlegung einbezogen wird, welches Kapital erforderlich ist, um die durch Versorgungsrücklage und Absenkung des Versorgungshöchstsatzes auf 71,75% auftretende Versorgungslücke durch eigene Vorsorge zu schließen.

Ein heute 45jähriger, verheirateter Richter (Bes.gr. R 2) muss zur Schließung der sog. Versorgungslücke bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (65 Jahre), also in 20 Jahren, ein Kapital von ca. 60.000,– € ansparen. Aus diesem Kapital flössen bei Annahme eines Kapitalverzehrs, einer Laufzeit von 17 Jahren (durchschnittliche mittlere Lebenserwartung des gleichaltrigen Ehepaares) und einer angenommenen Verzinsung von 4 % eine monatliche Versorgung von ca. 400 €, womit er die Versorgungslücke von derzeit etwa 300 € geschlossen hätte.

Zur Bildung des erforderlichen Kapitals ist eine monatliche Sparrate von 165 € erforderlich (bei einer angenommenen Kapitalrendite von 4 %). Hierfür kann der Modellsparer (verh., 1 Kind, Ehefrau mit eigenem Altersvorsorgevertrag) eine Zulage von 38 € + 46 € = 84 € jährlich erhalten zuzüglich einer Steuerersparnis von ca. 80 €, insgesamt also 164 € im Jahr 2002. Seine eigene Sparleistung beträgt somit 165 € – 13,66 € = 151,34 €. Die eigene Leistung sinkt in den Jahren 2004 und 2005 wegen der höheren Altersvorsorgezulagen auf etwa 134 €.

Ob die staatlich geförderte private Altersvorsorge sich lohnt, lässt sich nur im Einzelfall beurteilen. Jeder, der in einen förderungsfähigen Altersvorsorgevertrag einzahlt, erhält zwar Zuschüsse bzw. einen Steuervorteil, je nach der persönlichen und familiären Situation. Da die Versorgungsbezüge der Beamten/Richter ohnehin der Besteuerung unterliegen, muss im Einzelfall ermittelt werden, ob sich unter Einbeziehung aller voraussichtlichen individuellen Alterseinkünfte mit der privaten geförderten Altersvorsorge eine angemessene Rendite erzielen lässt.

 

 

Teil 3: Besoldung und Versorgung

 

Vorsorge und Besteuerung

1.

Nach der Konzeption der Systemumstellung in der gesetzlichen Rentenversicherung wird die private Vorsorge in der Ansparphase steuerlich durch die bereits in Teil 2 genannten Maßnahmen begünstigt bzw. steuerlich frei gestellt. Das bedingt andererseits eine steuerliche Erfassung der Leistungen aus der privaten Altersvorsorge im Auszahlungsfall (Prinzip der nachgelagerten Besteuerung).

Die Leistungen aus der privaten Altersvorsorge sind anders als die übrigen Leibrenten (z.B. normale Altersrenten) nicht nur mit dem bloßen Ertragsanteil steuerpflichtig, sondern unterliegen in voller Höhe der Steuerpflicht.

Ausnahme: Es findet dann eine Besteuerung mit dem Ertragsanteil statt, wenn die Vorsorgeaufwendungen über die geförderten Höchstbeiträge hinausgehen, also eine echte Eigenvorsorge betrieben wird.

 

2.

Die Steuerfreistellung für Kapitallebensversicherungen (Sonderausgabenabzug, Steuerfreiheit der Erträge bei längerer Laufzeit als 12 Jahre) ist für Neuverträge durch das Alterseinkünftegesetz vom 29.4.2004 abgeschafft worden. Die Erträge von Kapitallebensversicherungen, die nach dem 1.1.2005 abgeschlossen werden, werden zur Hälfte besteuert, wenn der Vertrag eine Laufzeit von mindestens 12 Jahren hat und die Auszahlung ist nach Vollendung des 60. Lebensjahres erfolgt.

Die neue Regelung gilt nur für neu abgeschlossenen Lebensversicherungen. Eine Rückwirkung für bereits bestehende Verträge gibt es nicht.

 

Mit dem Alterseinkünftegesetz hat die Bundesregierung auf das BVerfG-Urteil vom 6.3.2002 (BVerfGE 105, 73) reagiert. Vorgesehen ist für eine Übergangszeit von 35 Jahren der schrittweise Übergang zur nachgelagerten Besteuerung aller Alterseinkünfte. Daraus folgt, dass Altersvorsorgebeiträge nach und nach stärker steuerlich entlastet werden und die darauf beruhenden Renten nach und nach stärker besteuert werden.

Konkret heisst das, dass ab dem Jahr 2005 alle Bestandsrenten zu 50 % der Besteuerung unterliegen. Bisher galt für einen 65-jährigen Rentner demgegenüber ein Ertragsanteil von 27 % des Rentenzahlbetrages. Bei den neu eintretenden Rentenfällen wird ab dem Jahr 2006 der Besteuerungssatz um jeweils 2 Prozentpunkte angehoben.

3.

Neben den Beiträgen an die gesetzlichen Rentenversicherungen und andere gesetzliche Kassen sind solche Beiträge steuerlich als Sonderausgaben begünstigt, die an die neu zu entwickelnde kapitalgedeckte private Leibrentenversicherung gezahlt werden. Beiträge zu Gunsten einer privaten Leibrentenversicherung sind allerdings nur insoweit begünstigt, als die Versicherung nur die Zahlung einer monatlichen auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen lebenslangen Leibrente vorsieht und die Leistungen nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres des Berechtigten erbracht werden.

Es muss sich hierbei also um ein echtes Vorsorgeprodukt handeln - wie bei der Anwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Deshalb sind die sich hieraus ergebenden Versorgungsanwartschaften nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitalisierbar. Hierzu zählt also nicht die bisher bekannte Kapitallebensversicherung.

Die Höchstbeträge der neuen Altersvorsorgeaufwendungen betragen im Jahre 2005 12.000 (verheiratet: 24.000 €). Die abzugsfähigen Höchstbeträge steigen jährlich um 2 % -Punkte bis im Jahre 2025 der Höchstbetrag von 20.000 €/40.000 € (verheiratet) erreicht ist.

Weitere Änderungen sind durch das Alter­s­einkünftegesetz bei der sog. Riester-Rente erfolgt:

·   Vereinfachung des Antragsverfahrens durch Einführung eines Dauerzulagenantrags, d. h. der Berechtigte muss nicht jedes Jahr einen neuen Zulagenantrag ausfüllen und seinem Anbieter übersenden.

·   Einführung eines einheitlichen Unisex-Tarifs (einheitliche Tarife für Männer und Frauen). Auf bereits bestehende Verträge, die vor dem 1.1.2006 abgeschlossen werden, hat diese Änderung keine Auswirkung. Nach den Berechnungen des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft kosten Unisex-Tarife für Männer eine Beitragserhöhung von ca. 15 %.

4.

Das Alterseinkünftegesetz bringt auch Veränderungen in der Besteuerung in der Beamtenpensionen mit sich:

Die Besteuerung der Beamtenpensionen ist von der Änderung der Besteuerung der Renten mittelbar betroffen. Der Versorgungsfreibetrag, der zum Ausgleich der Ungleichbehandlung zwischen Renten und Pensionen eingeführt und mehrfach erhöht worden ist, wird für jeden neu hinzukommenden Jahrgang bis zum Jahr 2040 abgeschmolzen. Für den einzelnen Pensionär bleibt der bei Eintritt in den Ruhestand geltende Versorgungsfreibetrag für die gesamte Dauer des Versorgungsbezugs gleich.

Der Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrags entfällt ab 2005. Stattdessen wird – wie auch bei den Renten der Werbungskosten-Pauschbetrag von 102 € abgezogen.

Um in der Übergangsphase eine übermäßige Belastung durch den Wegfall des Arbeitnehmer-Pauschbetrags zu vermeiden, wird ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag eingeführt, der ebenfalls bis 2040 abgeschmolzen wird.

Ausblick

1.

Bei den geschilderten Maßnahmen im Beamtenversorgungsrecht wird es zukünftig nicht sein Bewenden haben. Allgemein kann gesagt werden, dass die umlagefinanzierten Alterseinkommen – demografisch bedingt – künftig absinken werden. Die kapitalgedeckte Altersvorsorge wird einen höheren Stellenwert erhalten müssen, um das ausgleichen zu können, was durch die umlagefinanzierte Altersvorsorge nicht mehr in dem bisherigen Umfang geleistet werden kann. Die Beamtenversorgung wird nach den Erfahrungen in der Vergangenheit hiervon nicht unberührt bleiben.

Nach den Vorstellungen der Bundesregierung soll das gesetzliche Rentenniveau künftig um einen Nachhaltigkeitsfaktor sinken (ein solcher Korrekturfaktor berücksichtigt die Relation von Beitragszahlern zu Leistungsempfängern).

Das Bundesinnenministerium prüft z.Zt., ob und in welcher Form diese Änderung in der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Beamtenversorgung übertragen werden kann.

 

2.

In demselben Gesetz, dass sich z.Zt. im Vermittlungsausschuss befindet, ist vorgesehen, dass in der gesetzlichen Rentenversicherung die Anrechnung der Ausbildungszeiten schrittweise bis zum Jahre 2009 abgeschafft wird. Anrechnungsfähige Ausbildungszeiten gelten als versicherungsfremde Leistungen, die in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vom Beitragszahler bezahlt werden, sondern in vollem Umfang aus dem allgemeinen Steueraufkommen bedient werden (Bundeszuschuss = 1/3 des Budgets der ges. Rentenversicherung).

Das Bundesinnenministerium prüft z.Zt., ob die Anrechnung der Ausbildungszeiten im Beamtenversorgungsrecht zukünftig ebenfalls entfallen soll.

Der Wegfall der Anrechnung von Ausbildungszeiten im Beamtenversorgungsrecht würde – wenn der Höchstruhegehaltssatz nicht schon aufgrund anderer anzuerkennender Zeiten erreicht wird – den Ruhegehaltssatz um mindestens 5,4 Prozentpunkte vermindern (= 3 x 1,79375 = 5,38 %, d.h. 3 Jahre eines Studiums oder einer Ausbildung, die nach § 12 BeamtVG seit dem Versorgungsreformgesetz 1997 als Ausbildungszeiten noch berücksichtigt werden; für die am 31.12.1991 vorhandenen Beamten / Richter gelten noch die alten Vorschriften der Anrechnung der Mindestzeit eines Studiums zuzüglich eines Prüfungssemesters übergangsweise weiter).

Im höheren Dienst beliefe sich der Minderungsbetrag der Versorgungsbezüge nach den Berechnungen des BMI auf mindestens 150 €.

Bei Versorgungsbezügen, denen ein Amt nach der Bes.gr. R 2 zugrunde liegt, beliefe sich die Minderung der Versorgungsbezüge im ungünstigten Fall sogar auf 302 € monatlich, das sind 7,5 % der Versorgungsbezüge.

Die hiervon betroffenen Beamten/Richter müssten also – ausgehend von dem obigen Berechnungsbeispiel – ein weiteres Kapital von etwa 60.000 € ansparen, um hierdurch den geplanten Fortfall der Anrechnung von Ausbildungszeiten einigermaßen aufzufangen.

 

3.

Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Versorgungsänderungsgesetze sind im Schrifttum teilweise starke Bedenken vorgebracht worden. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die BVerfG-Rechtsprechung dem Besoldungs- und Versorgungsgesetzgeber keine engen Schranken vorgegeben hat. Der Beamte/Richter hat keinen Anspruch darauf, dass der bisherige Versorgungshöchstsatz (75 v. H.) erhalten bleibt. Ebensowenig kann er auf die betragsmäßige Beibehaltung des ursprünglichen Versorgungsniveaus vertrauen.

Verfassungsrechtlich garantiert ist andererseits eine amtsangemessene Alimentation der Beamten/Richter und der Versorgungsempfänger. Für die Bemessung des Amtsangemessenen wird dem Gesetzgeber aber in der BVerfG-Rechtsprechung ein weiter Spielraum zugestanden.

Das Alimentationsprinzip verlangt nicht eine allgemeine, stets prozentual vollkommen gleiche und gleichzeitig wirksam werdende Besoldung- und Versorgungsanpassung; ein vorübergehender Aufschub der linearen Erhöhung der Bezüge in bestimmten Besoldungsgruppen verletzt nicht das Alimentationsprinzip (BVerfG, ZBR 2004, 47/48). Ob allerdings die in den letzten zehn Jahren festzustellende Regel der zeitversetzten Besoldungs- und Versorgunganpassungen diesen vom BVerfG aufgezeigten Maßstäben immer genügt, bleibt zweifelhaft.

Ein wesentlicher Gesichtspunkt für die Alimentation ist aber auch die Leistungsfähigkeit des Staates.

Bei der Bemessung der amtsangemessenen Versorgung der Ruhestandsbeamten dürfen weiter auch Entwicklungen des Versorgungsniveaus aller Versorgungssysteme und damit auch des Niveaus der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt werden (BVerfG a.a.O.).

Vergleicht man allerdings die Wirkungen der Absenkung des gesetzlichen Rentenniveaus einerseits und der kumulierten Absenkung des Versorgungshöchstsatzes zusammen mit der Versorgungsrücklage andererseits, so ergibt sich eine deutlich überschießende Wirkung der Absenkung der Beamtenversorgung. Einer Absenkung des Nettorentenniveaus von 5 bis 6 %- Punkten erst im Jahre 2030 steht eine auf die letzte ruhegehaltsfähige Aktivenbesoldung bezogene Gesamtabsenkung der Beamtenversorgung von 6,25 % – ohne Berücksichtigung der anderen versorgungswirksamen Vorleistungen – gegenüber, die aber bereits wesentlich früher einsetzt. Das bedeutet im Ergebnis eine deutlich überschießende Regelung, die deshalb nach den eigenen Maßstäben des Gesetzgebers einen sachlichen Grund im Sinne

einer wirkungsgleichen Übertragung der Rentenreform nicht mehr darstellt, zumal wenn die Vorleistungsmaßnahmen in die Betrachtung einbezogen werden.

Bei der Beamten-/Richterversorgung sind die Änderungsmaßnahmen außerdem bei einer Orientierung am Vorliegen eines sachlichen Grundes an dem Gesichtspunkt zu messen, dass die Versorgung bifunktional i.S. einer Vollversorgung ausgestaltet ist, während die gesetzliche Rente lediglich eine Art Grundversorgung darstellt, zu der regelmäßig noch eine Zusatzversorgung oder Betriebsrente hinzutritt. Denn 64% der Beschäftigten in der Industrie besitzen z.Zt. einen Anspruch auf eine Betriebsrente.

Auch die Tarifbediensteten des Öffentlichen Dienstes erhalten eine ergänzende Zusatz­versorgung, die nach den Berechnungen der Rheinischen Zusatzversorgungskasse unter Einbeziehung der nahezu ausschließlich Arbeitgeber finanzierten (neuen) Betriebsrente im Jahre 2033 immer noch etwa 84 % ihres letzten Nettoeinkommens (bei einer Versicherungszeit von 32 Jahren) beträgt.

Für die rentennahen Jahrgänge (Personen, die am 1.1.2002 55 Jahre alt oder älter waren) ist – im Gegensatz zur Beamtenversorgung – eine besitzstandswahrende Übergangsregelung geschaffen worden. Hiernach orientiert sich ihr Anspruch auf Zusatzrente weitgehend an der Versorgung, die im bisherigen Zusatzversorgungsrecht (Gesamtversorgungssystem) als Altersrente bei Hochrechnung auf das 63. Lebensjahr erreicht worden wäre.

Für die Frage der Verfassungsmäßigkeit des gesamten Versorgungsänderungskonzeptes seit dem Jahre 1998 begegnet die Einbeziehung der Bestandspensionäre und der versorgungsnahen Jahrgänge in die volle Absenkung des Versorgungsniveaus erheblichen verfassungsrechlichen Bedenken. Diesen bleibt nämlich für die Möglichkeit einer eigenen Vorsorge zur Sicherung des als unerlässlich angesehenen Lebensstandards weder genügend Zeit, noch verfügen sie in gleichem Umfang wie die aktiven Bediensteten über die entsprechenden Mittel hierzu.

Hans Wilhelm Hahn, Düsseldorf


 

[1] Die vorliegende Darstellung ist die redaktionell gekürzte Fassung mit Stand 20.06.04 eines dreiteiligen Vortrages von RiFG Hans Wilhelm Hahn, Düsseldorf. Sie ist erschienen in RiStA 4/04, S. 6 ff. (Teil 1), 5/04, 17 (Teil 2). Für die Genehmigung zum Nachdruck sei der Redaktion der RiStA (DRB-NRW) gedankt.