Editorial
Liebe Kollegen,
das neue Heft der Mitteilungen des Hamburgischen
Richtervereins liegt vor Ihnen – wieder ist es randvoll mit Beiträgen, die Grundsätzliches
ebenso wie Ärgernisse und erfreuliche Ereignisse beschreiben und kommentieren.
Für die Artikel dankt die Redaktion den Autoren herzlich.
Mit Interesse habe ich den Beitrag unserer Vorsitzenden,
Dr. Inga Schmidt-Syaßen, zur Rolle
der Frauen in Recht und Justiz gelesen, in dem sie auch die eigenen Erfahrungen
nicht ausklammert und klar Stellung bezieht. Der jeweilige Standpunkt wird von
den eigenen Erlebnissen geprägt. Aus diesen heraus kann ich die Auffassung
nicht teilen, die
Entwicklung, dass bei Stellenausschreibungen der Zusatz enthalten ist, „Bei
gleicher Qualifikation werden Frauen bevorzugt“, sei problematisch und lasse
sich mit „Artenschutzgesetzen“ vergleichen. Die rechtliche Gleichstellung von
Frauen hat leider immer noch nicht vollen Umfangs die tatsächliche bewirken
können. Hierfür gibt es einen Strauß von Gründen, wozu die von männlichen
Lebensentwürfen geprägten Qualitätskriterien ebenso gehören wie fehlender Sinn
für Netzwerke unter den Frauen. Nicht ohne Not hat der Gesetzgeber es 1994 für
erforderlich gehalten, Artikel 3 Abs. 2 Satz 2 GG einzufügen. Wer die Betrachtung
des Themas „Frauen und Recht“ vertiefen
möchte, sei auf das Buch Ute Gerhards
„Frauen in der Geschichte des Rechts“ verwiesen (C.H. Beck, 1997), das auf
stattlichen 960 Seiten die Entwicklung von Recht und Geschichte unterhaltsam verwebt.
Während manche Menschen von Freizeitbeschäftigungen
träumen, haben überarbeitete Hamburger Richter, von denen nach neuesten
Berichten nun auch noch 20 eingespart werden sollen, ganz andere
Wunschvorstellungen: Einmal in Ruhe an einem Fall arbeiten! So spannend die
Lösung juristischer Aufgaben ist, so wenig zielführend ist sie oft in den
heiligen Hallen des Ziviljustizgebäudes zu gestalten. Ich will nicht wieder von
der Unmöglichkeit sprechen, in unserer Bücheraufbewahrungsstelle (offiziell:
Bibliothek) einen klaren Gedanken zu fassen, wenn Laptops piepen, vor dem
Fenster unsere Zukunft fröhlich Tauziehen spielt, die Eisbahnlautsprecher ihre
bekannten Weisen dudeln (Alle ¾-Stunde „Auf Wiedersehen …“) oder das Kindertheater
Räuber Hotzenplotz mit Kanonendonner eröffnet. Nein, ich will auch nicht erwähnen,
dass auf dem Heiligengeistfeld schon morgens die abendliche Band probt oder die
Domeröffnung freudig mit Böllerschüssen begangen wird und die Achterbahn
kreischt, es auf der Kreuzung mal wieder kracht, Polizei und Feuerwehr im
Einsatz vorüber rasen, Menschen in ebenso angeregter wie lauter Unterhaltung
zur Kantine streben, die Handwerker bohren und hämmern, dass man sich beim
Zahnarzt wähnt, im schallenden Innenhof die Kreissäge Bäumen die finale Pflege
angedeihen lässt (wegen der Termiten, die sich allerdings glücklicherweise nur
leise bemerkbar machen), Motorrasenmäher und Motorsense in Aktion treten, –
nein es gibt etwas Neues: Den Laubsauger/-puster! Mit ohrenbetäubendem Lärm,
der es unmöglich macht, ein Telefonat zu führen, umkreist ein Mann mit dieser
dröhnenden Maschine die tristen Rasenstücke des Innenhofes des Ziviljustizgebäudeanbaus
– immerhin aus der Zeichenfeder Fritz
Schumachers stammend. Nun wird sich der Leser fragen, was macht man im Juni
in einem baum- und strauchlosen Innenhof mit einem Laubsauger? Die landgerichtliche
Verwaltung, nie um eine Antwort verlegen, weiß – wenn nicht Rat, so doch –
Auskunft: Grasreste vom Rasenmähen aufsaugen. Das verblüfft: Auch Sie werden schon
manches Rasenstück gemäht haben. Wie konnten Sie nur glauben, man könne das
Restgras ohne Laubsauger bewältigen? Sozusagen fast lautlos. Und man kann offenbar
daran nichts ändern, sagt die Verwaltung. Ich bin sehr gespannt, welche kreativen
Einfälle zur Vermehrung nicht der Gedanken, sondern der Lärmquellen uns künftig
noch die Arbeit versüßen werden ……………..
Wenn Sie zu Hause die rechte
Muße haben, nicht nur in Ruhe ihre Urteile zu diktieren, sondern auch das neue
MHR-Heft zu lesen, freut sich die Redaktion und wünscht Ihnen laubsaugerfreie
stille Sommerabende mit anregenden Gesprächen an Stelle des immer penetranter
werdenden Hörmülls unserer Zeit.
Ihre
Karin Wiedemann