Donnerwetter! Das hätten
die Mitarbeiter aus dem Kurt-Schumacher-Haus nicht besser gekonnt. Frau
Senatorin dürfte zufrieden sein. Endlich hat der Wahlkampf auch
in der Hamburger Richterzeitung begonnen. Oder pfeift da jemand besonders
laut, weil er im dunklen Wald steht?
Verständnis wäre angesagt.
Denn die Schließung des amtsgerichtlichen Dezernates für Wirtschaftsstrafsachen
war weder zwingend noch sachdienlich.
Natürlich sind die Kollegen
aus den Dezernaten für allgemeine Strafsachen in der Lage, auch das
Betäubungsmittelrecht rechtlich zu durchdringen und zu bearbeiten.
Doch warum wurden ohne Not die jahrelang erworbenen Szenekenntnisse der
bislang zuständigen Amtsrichter aufgegeben? Diese Kollegen wussten,
welche Drogen, wo in Hamburg, zu welchen Preisen, in welcher Weise und
in welcher Qualität gehandelt wurden. Veränderungen bei diesen
"Eckdaten" wurden schnell bekannt und konnten berücksichtigt werden,
weil wenige Richter relativ viele Verfahren bekamen.
Bei der Hamburger Polizei gibt
es selbstredend Sonderdezernate für die Rauschgiftkriminalität.
Überflüssig? Die Hamburger Staatsanwaltschaft betreibt seit vielen
Jahren erfolgreich eine spezielle Abteilung für Betäubungsmitteldelikte.
Fehlerhaft? Natürlich werden beim Hamburger Landgericht mehrere spezielle
Betäubungsmittelkammern unterhalten. Sachwidrig? Sollten alle anderen
Beteiligten an der Strafverfolgung so falsch liegen?
Der Präsident des Amtsgerichts
bekundet seine Sorge, die dritte Staatsgewalt könne Schaden nehmen.
Die Sorge ist berechtigt. Aber der Schaden ist durch den in seiner Verantwortung
liegenden, mit der Schließung des Dezernates III d verbundenen Abbau
von vier Richter-Geschäftsaufgaben im Strafbereich eingetreten. Die
Kollegen aus den Dezernaten für allgemeine Strafsachen konnten sich
schon bislang über mangelnde Arbeit wahrlich nicht beklagen. Die Ansicht
des Präsidenten, rechnerisch könnten zwei Kollegen die gesamten
Betäubungsmittelverfahren am Amtsgericht Hamburg Mitte bearbeiten,
bedarf keiner Kommentierung.
Bereits Ende November 2000 hatten
die Dezernate für allgemeine Strafsachen die Eingangszahlen des Vorjahres
erreicht. Es kamen hinzu: die Eingänge für den Monat Dezember
und die nicht bearbeiteten Betäubungsmittelverfahren. Dass die "Eingangdelle"
in der Jahreshälfte 2000 bald wettgemacht werden würde, war vorhersehbar.
Staatsanwaltschaft und Polizei waren umgezogen. Es lagen eine Vielzahl
von Fällen anklagereif "in den Kellern" der Verfolgungsbehörden.
Dem Präsidenten war dies vor der Entscheidung von den Richtern des
Dez. III d gesagt worden. Dennoch hielt er eine zusätzliche Belastung
des Dezernates für allgemeine Strafsachen wegen der zurückgegangenen
Eingangszahlen für hinnehmbar.
Woher also sollen die zusätzlichen
Kapazitäten kommen? Aber vielleicht hilft auch dort der Wahlkampf.
Vielleicht springt doch noch eine Verstärkung heraus? Denn wenn die
Strafrichter die Arbeit nicht mehr schaffen, würde dies sicher nicht
politisch opportun sein.
Doch die Frage bleibt, weshalb
wurde das Wirtschaftsstrafdezernat geschlossen? Weshalb wurde die Effizienz
der Rechtspflege in den betroffenen Bereichen auf längere Sicht eingeschränkt?
Weshalb wurden - bei den doch so chronisch leeren Kassen - keine Kosten
(Umzug, Renovierung, plötzlich möglich werdende Vernetzung, erhebliche
Fortbildungsbemühungen der neuen Wirtschaftsstrafrichter) und Mühen
gescheut? Sollte nur die Sparquote erreicht werden? Oder sollte doch ein
als kritisch bekanntes Dezernat zerschlagen werden? Der Umgang mit den
betroffenen Kollegen gibt dieser Vermutung Nahrung. Eine Beteiligung des
Richterrates unterblieb. Von einem Präsidenten der Kommunikation war
nichts zu spüren. Die beteiligten Kollegen wurden völlig unvorbereitet
mit der Schließungsabsicht konfrontiert. Bereits eine Woche später
wurde sie beschlossen. Möglichkeiten, Alternativen aufzuzeigen und
Kontakt zu Präsidiums- und Richterratsmitgliedern aufzunehmen, bestanden
nicht. Und obwohl sieben der acht Kollegen aus dem Dezernat sofort um eine
Versetzung ansuchten, wurde die Behauptung verbreitet, es habe sich aus
diesem Kreise kein Widerstand geregt.
Eines bleibt als Fazit: Bei
den bevorstehenden Umstrukturierungen des Amtsgerichts dürfen sich
die Kollegen getrost auf einiges gefasst machen.
Berling, RiAG