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Politischer Magerquark

Die CDU Hamburg hat sich einen Fachmann für Fragen der Rechts- und Innenpolitik zugelegt, Roger Kusch, seines Zeichens Oberstaatsanwalt. Sein Aufgalopp geriet auf unwegsamem Gelände der inneren Sicherheit zu einem Irrlauf, der deutlich machte, dass Herrn Kusch der Umstieg aus den Höhen der Politik in die Niederungen des gerichtlichen Alltags noch nicht gelungen ist. Er blässelt wegen Praxisferne. Dies alles an dem Tage des Herrn, an dem Herr Kusch überhastet Medienvertreter zu einer Pressekonferenz in das Rathaus geladen hatte. Was Herr Kusch dort absonderte, ist von einer derartig grotesken Verzerrung der Wirklichkeit, dass es eines Eingehens auf diesen fragwürdigen Auftritt eigentlich nicht bedürfte. Da aber auch substanzlose Beiträge erfahrungsgemäß irgendwelche Spuren zeichnen und hinterlassen, in Kürze dieses:

Man wird Herrn Kusch nicht vorhalten können, dass sich ihm diese Gesamtproblematik noch nicht erschlossen hat. Hier ist Nachsicht zu üben. Er ist neu im Geschäft, muss sich also einarbeiten. Vorwerfen muss ich ihm jedoch, dass er sich, bevor er seine Backen aufbläst, nicht kundig macht. Er ist schließlich Vertreter einer ernst zu nehmenden Partei. Ich hätte mir jede Zeit genommen und keine Mühe gescheut, ihn umfassend und erklärend zu informieren, gratis et privatissime.

Zu befürchten steht indessen, dass Herrn Kusch nicht Sorge um die Sache umtrieb und an die Öffentlichkeit zwang, dass vielmehr nach dem gängigen und immer weiter um sich greifenden Muster der Politik verfahren wurde, nach dem Politik sich in Symbolen erschöpft und Parolen und Schlagworte an die Stelle politischer Sachfragen und -aussagen treten. Mit Sorge ist zu beobachten, dass gerade auf dem sensiblen Gebiet der inneren Sicherheit unter den Parteien ein Wettkampf zu entbrennen droht, der durch markige Sprüche und grobes Raster geprägt wird. Da kommen dann Gerichte und Staatsanwaltschaften als "Watschenmänner" gerade recht. Und wenn es um die Macht geht, wen schert es da schon, dass die dritte Staatsgewalt Schaden nimmt. Dies alles wird man - da bin ich ganz sicher - noch bitter bereuen - und dann fließen die Krokodilstränen, und ein Wehklagen hebt darüber an, dass staatliche Institutionen nicht mehr das Vertrauen und die Akzeptanz der Bevölkerung genießen. Ich sage dies als jemand, der in verschiedenen Funktionen immer wieder die kritische Auseinandersetzung innerhalb der Gerichte und Staatsanwaltschaften, die Auseinandersetzung mit der Kritik an der Justiz eingefordert und sich gegen eine Justiz unter einer Käseglocke ausgesprochen hat.

Der Wettkampf wird uns noch manche Früchte einbescheren. Wir können dies alles gar nicht abwarten. Die Jagdzeiten, genannt Wahlkampf, sind eröffnet.

Heiko Raabe (Präsident des AG Hamburg)


Anm. zu diesem Artikel von G. Bertram, MHR 4/2000, 24