Wer die Verhältnisse in einigen anderen Bundesländern - besonders in Bayern - kennt, weiß um die Vorteile eines organisierten Austausches für jüngere Kollegen zwischen den Gerichten und den Staatsanwaltschaften. Und so verwundert es nicht, dass auch in Hamburg immer wieder über dieses Thema nachgedacht wird. Leider ist es aber bisher dabei geblieben.
Nun ist ein neuer Prozess des Nachdenkens eingeleitet worden und viele fragen sich, ob vielleicht jetzt etwas in die Tat umgesetzt wird. Denn es gibt nichts Gutes, es sei denn, man tut es!
Weshalb aber ist diese Idee in Hamburg nie richtig zum Tragen gekommen, obwohl sich ein solcher Austausch doch ganz offensichtlich in anderen Bundesländern gut bewährt hat? Zum einen wird es daran liegen, dass bisher in den Präsidien der Gerichte und den Behördenleitungen der Staatsanwaltschaften niemand ausdrücklich die Verantwortung dafür übernommen hat. Dies ist aber primär erforderlich, um die theoretischen Überlegungen in die Praxis umsetzen zu können. Hinzu kommt, dass jüngere Kollegen, die generell bereit wären, an einem solchen Projekt aktiv teilzunehmen und diese Idee grundsätzlich befürworten, sich doch schwer tun bei einer konkreten Festlegung. Die Richterkollegen befürchten, dass sie möglicherweise zu lange oder vielleicht sogar auf Dauer bei der Staatsanwaltschaft bleiben müssten. Auch die Versicherung, dass gerade dies bei dem vorgesehenen Austauschmodell vermieden werden soll, fördert das Vertrauen der Kollegen nicht sonderlich. Hier müssten konkrete Vorgaben erarbeitet werden, die ein solches Projekt erst überschaubar und abschätzbar machen.
Man könnte meinen, dass der Zuspruch bei den Kollegen der Staatsanwaltschaft etwas größer wäre als bei den Gerichten. Teilweise ist das richtig; aber vielfach steht man auch dort der Sache skeptisch gegenüber. Ältere Kollegen befürchten Mehrarbeit wegen der notwendigen Einweisung der richterlichen Kollegen in die Arbeit bei der Staatsanwaltschaft.
Nur, ist diese Sache nicht auch zusätzliche Arbeit wert?
Viel ist darüber diskutiert worden, ob man dieses Thema nur dann voranbringen kann, wenn für den Austausch ganz bestimmte, die einzelnen Kollegen auch bindende Festlegungen getroffen werden. Dies ist auf Kritik gestoßen, weil nach Ansicht der meisten Kollegen ein solcher Austausch nur dann die erforderliche Akzeptanz finden kann, wenn er auf Freiwilligkeit beruht.
Das ist zum Teil sicherlich richtig, und deshalb sollten grundsätzlich auch nur Kollegen ausgetauscht werden, die dazu freiwillig bereit sind. Was soll aber dann geschehen, wenn erkennbar wird, dass allein mit Freiwilligkeit ein solcher Austausch nicht ins Leben gerufen werden kann? Soll dann ein solcher generell für gut befundener Weg gar nicht mehr beschritten werden?
Diese Fragen sind sicherlich nicht leicht zu beantworten, aber sie müssen geklärt werden, bevor man mit einem solchen Projekt ernsthaft beginnt.
Viele Kollegen erwarten zudem eine Aussage auch darüber, ob ihre Teilnahme an diesem mit zusätzlichen Belastungen verbundenen Austausch einen Vorteil für ihren weiteren beruflichen Werdegang bringen würde.
Da die Bereitschaft, sich zu beteiligen, ein hohes Maß an Flexibilität zeigt, wird dies bei der Beurteilung der Qualifizierung von Kollegen für bestimmte weiterführende Aufgaben keinen geringen Stellenwert haben. Dabei sollte aber genau und verbindlich zugesagt werden, welchen Einfluss die erfolgreiche Teilnahme an dem Austausch auf die Beurteilung der Kollegen hat.
Leider findet man immer mehr Kollegen, die ihr gewohntes Arbeitsumfeld möglichst lange für sich erhalten wollen. Gerade deshalb ist es wichtig, denjenigen, die ein höheres Maß an Flexibilität zeigen und damit zu erkennen geben, dass sie nicht immer auf den eingefahren Gleisen bleiben wollen, eine bessere berufliche Perspektive zu bieten. Zumindest sollte es bei Beförderungen verstärkt auch eine Rolle spielen, ob der zu beurteilende Kollege in der Lage ist, sich ganz unterschiedlichen Aufgaben zu stellen, zu denen auch die Teilnahme an einem solchen Austauschprogramm gehört.
Wir vom Hamburgischen Richterverein sollten verstärkt die Bereitschaft von jüngeren Kollegen wecken, sich hieran zu beteiligen, um damit einem solchen Projekt überhaupt eine Chance zu geben. Ansonsten ist leider zu befürchten, dass dieses Thema wieder - und dann endgültig - in einen Dauerschlaf versetzt wird.
Johann Meyer