Senatorin Dr. Peschel-Gutzeit:
Sehr geehrter Herr Präsident,
lieber Herr Metzinger,
sehr geehrte Frau Metzinger,
sehr geehrte Kolleginnen und
Kollegen,
meine sehr geehrten Damen und
Herren,
die Hamburger Justiz ist im Umbruch! Es ist erst wenige Monate her, da wurde in dieser Stadt der ehemalige Leitende Oberstaatsanwalt Herr Dr. Grosse von uns verabschiedet. In zwei Tagen stehen die Amtsausführung von Herrn Dr. Weinert, sowie die Amtseinführungen von Frau Uhlig-van Buren als Generalstaatsanwältin und Herrn Köhnke als Leitender Oberstaatsanwalt ins Haus. Damit neigt sich eine erfolgreiche Ära ihrem Ende entgegen und eine neue, spannende Zeit beginnt.
Mit Ihnen, Herr Metzinger, geht ein großer Mann der Hamburger Justiz in den verdienten Ruhestand. Sie blicken auf ein bewegtes und sehr erfolgreiches Berufsleben zurück.
Im Jahre 1934 in Mannheim geboren, zog Ihre Familie zunächst nach Karlsruhe und dann in die Nähe von Bromberg an der Weichsel, wo Sie ab 1944 das Gymnasium besuchten. Ihr Vater war als Regierungsrat im Strafvollzug tätig. Man darf daher vermuten, daß Ihnen die Nähe zur Justiz quasi in die Wiege gelegt wurde.
Es war der Krieg, der Sie, Ihre Mutter und Ihre drei Geschwister im Jahre 1945 nach Hamburg brachte. Auch Ihr Vater kehrte hierher, schwer verwundet, aus dem Kriege zurück und starb bereits 2 Jahre später, als Sie gerade 13 Jahre alt waren. In Hamburg besuchten Sie die Oberschule für Jungen in Eppendorf, - die sog. "Hege-Penne" oder auch OEp. Ihr besonderes Interesse galt damals - so ist es einem Lebenslauf aus dem Jahre 1957 zu entnehmen - der Literatur und den Sprachen. Aber auch die Musik hatte es Ihnen angetan. Sie spielten und spielen Cello und Klavier, aber darauf kommen wir später noch zurück.
Fast scheint es so, als hätten Sie schon sehr früh genau gewußt, was Sie wollten. Im Februar 1953 legten Sie Ihre Reifeprüfung ab und im darauffolgenden Sommersemester begannen Sie das Studium der Rechtswissenschaften, zunächst in Freiburg, später in Hamburg. Trotz des Studienortwechsels schlossen Sie Ihr Studium bereits nach 7 Semestern ab, noch dazu mit einem hervorragenden Ergebnis ("gut").
Ihre Referendarzeit verbrachten Sie in Hamburg. Im Jahre 1960 beendeten Sie Ihre Referendarausbildung. Schon zu diesem Zeitpunkt stand fest: Sie hatten das Zeug für eine glänzende juristische Karriere.
Im Januar 1961 traten Sie in die Justiz ein. Ihre außerordentlichen Fähigkeiten, lieber Herr Metzinger, wurden schon sehr früh erkannt. Ich verweise auf ein Zeugnis des ehemaligen Amtsgerichtspräsidenten, Herrn Wienbeck, aus dem Jahre 1966, der darauf hinwies, daß der junge Richter Metzinger aufgrund seiner Fähigkeiten und seiner charakterlichen Eigenschaften "besondere Aufmerksamkeit" verdiene.
Besonders freundliche Worte fand auch der ehemalige Landgerichtsdirektor Kitzing, ehemals Vorsitzender der Zivilkammer 16. In seinem Zeugnis aus dem Jahre 1967 schreibt er:
"Herr Metzinger war mir schon als Referendar ganz besonders ans Herz gewachsen. Um so angenehmer war es für mich, ihn jetzt als Richter in meiner Kammer zu erleben und zu sehen, wie er sich in der damals erhofften Weise weiterentwickelt hat. Herr Metzinger gehört nach meiner Ansicht zu den besonders förderungswürdigen jüngeren Richtern, die ohne Frage ihren Weg im richterlichen Dienst machen werden."
Herr Kitzing sollte Recht behalten. Sie, lieber Herr Metzinger, haben Ihren Weg gemacht.
Im Laufe Ihres beruflichen Werdegangs wanderten Sie durch viele unterschiedliche Instanzen, zunächst bei der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Hamburg, später beim Amtsgericht, beim Landgericht und schließlich beim Hanseatischen Oberlandesgericht.
Ich darf aus einer Beurteilung des früheren Oberlandesgerichtspräsidenten, Dr. Stiebeler, aus jener Zeit zitieren:
"Wegen seiner hervorragenden Leistungen habe ich Herrn Metzinger alsbald zur Beförderung zum Oberlandesgerichtsrat vorgeschlagen. Er wurde am 22. November 1971 im Alter von erst 37 Jahren zum Oberlandesgerichtsrat ernannt. Er schied damit leider aus der Verwaltung des Hanseatischen Oberlandesgerichtes und dem 13. Zivilsenat aus und war von diesem Zeitpunkt an 4 Jahre lang Mitglied des für Fiskussachen zuständigen 1. Zivilsenats. ... In dieser neuen richterlichen Tätigkeit bewährte er sich wieder in gewohnt hervorragender Weise. Er blieb... mein engster persönlicher Mitarbeiter im Hamburgischen Verfassungsgericht... Als im Herbst 1975 mein damaliger erster Präsidialrichter, Herr Dr. Makowka, zum Vizepräsidenten des Amtsgerichtes ernannt wurde, bat ich Herrn Metzinger, dessen Nachfolge anzutreten. Herr Metzinger hat mich in den vergangenen 5 Jahren unserer Zusammenarbeit niemals enttäuscht. Mit unbestechlichem Verstand, hervorragendem praktischen Geschick, großer Loyalität und einer ausgereiften Kontaktfähigkeit hat er die Interessen der drei Gerichte im Gebäude des Oberlandesgerichtes und diejenigen der Richterschaft am Sievekingplatz erfolgreich vertreten... Herr Metzinger war mein engster Berater in allen Fragen der Juristenausbildung, er kam zu mir, als zahlreiche Reformimpulse von der Hamburgischen Reformkommission für Juristenausbildung, die ich leitete, ausgingen. Er hat sich mit seinem großen Sachverstand den Problemen der Universitätsausbildung und Referendarausbildung ebenso intensiv gewidmet, wie der einstufigen Juristenausbildung, deren Rechtsgrundlagen und Konzeptionen er wesentlich mitgestaltet hat."
In dieser Zeit lernte ich Sie, Herr Metzinger, auch persönlich etwas näher kennen. Bis heute ist mir unvergessen, wie Sie eines Tages im Oberlandesgericht in mein Dienstzimmer kamen mit dem Ziel, mich für den neu zu bildenden Familiensenat zu "shanghaien". Niemand hatte Lust, in diesen Senat einzutreten, alle fürchteten das neue materielle Familienrecht und das ebenso neue Verfahrensrecht, Wörter wie "Versorgungsausgleich" und "Zwangs-verbund", um nur einige zu nennen, trieben vielen Kolleginnen und Kollegen die Schweißperlen auf die Stirn. Ich machte davon keine Ausnahme. Sie, Herr Metzinger, saßen mit gewinnendem Lächeln vor mir und begründeten schlagend, warum ich unbedingt in den Familiensenat gehen müßte. Dabei war ich beruflich mit ganz anderen Dingen, vornehmlich mit Handelssachen, beschäftigt. Aber Sie hatten gelesen, daß ich 2 Jahre vorher mich vom Staudinger hatte anheuern lassen zur Kommentierung eines Teils des Familienrechts und Sie schlossen daraus messerscharf auf mein fachliches Interesse und meinten, nun müsse ich dies auch beruflich umsetzen. Sie wissen, wie es ausgegangen ist: Ihrer Argumentation konnte sich eigentlich niemand entziehen und so landete ich richtig ab 1978 im Familiensenat.
Sie selbst aber zogen weiter. Im Oktober 1980 bewarben Sie sich um die Stelle des Leiters des Amtes A / Allgemeine Verwaltung in der Justizbehörde und ich darf noch einmal aus der Beurteilung von Herrn Dr. Stiebeler aus dem Oktober 1980 zitieren:
"Ich trenne mich ungern von diesem loyalen Mitarbeiter, dessen sachkundigen Rat, dessen Fröhlichkeit und feinsinnigen Humor ich vermissen werde. Aber er verdient jede Förderung. Richter am Oberlandesgericht Metzinger genießt großes Ansehen nicht nur im Hause des Hanseatischen Oberlandesgerichtes, sondern am ganzen Sievekingplatz und in der Hamburgischen Verwaltung. Er hat sich als Richter und in Verwaltungsfunktionen gleichermaßen ausgezeichnet bewährt. Gerade wegen dieser vielfältigen und langjährigen Erfahrungen im Bereich der Gerichtsverwaltung halte ich ihn für den Posten des Leiters der Allgemeinen Verwaltung in der Justizbehörde für besonders geeignet."
So wurden Sie also Leiter dieses wichtigen Amtes bis Anfang des Jahres 1985. Dann machten Sie den Sprung zurück in den Richterberuf und wurden Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht, was als Vorstufe der von Ihnen angestrebten Funktion Vizepräsident am Oberverwaltungsgericht anzusehen war. Dem war vorausgegangen, daß durch Gesetzesänderung der Gerichtsorganisation von Januar 1985 das Hamburgische Oberverwaltungsgericht zu einem eigenständigen Gericht geworden war. Für die Leitung des neuen Gerichts mußte nun die Selbständigkeit verwirklicht werden. Damit war eine erhebliche Verwaltungsarbeit verbunden, die Sie, Herr Metzinger, aufgrund Ihrer vielfältigen Erfahrungen und Kenntnisse besonders gut leisten konnten. So waren Sie auch der einzige Bewerber. Bevor jedoch dieser Plan zu Ende geführt werden konnte, bewarben Sie sich Ende desselben Jahres um das Amt des Präsidenten des Amtsgerichtes Hamburg. In dieses Amt wurden Sie im Januar 1986 eingeführt und bekleiden es bis auf den heutigen Tag.
Kein Zweifel! Sie haben Ihre Tätigkeit von der Pike auf erlernt. Ihre profunden Kenntnisse aus den unterschiedlichen Bereichen der Hamburger Justiz haben gewiß wesentlich zu Ihrem Erfolg insgesamt, aber insbesondere auch beim Amtsgericht, beigetragen.
Hier am Amtsgericht haben Sie aber viel mehr getan, als lediglich "beizutragen". Als Präsident haben Sie entscheidende Modernisierungsverfahren, z.B. die Vollautomation des Mahnverfahrens und die Einführung des papierlosen Grundbuchs initiiert, leitend begleitet und gestaltet. In beiden Verfahren sind Sie persönlich Vorsitzender der Lenkungsgruppen gewesen und haben somit die Entwicklung dieser "Kinder" in keiner Phase, bis zu ihrer "Volljährigkeit" aus den Augen verloren.
Auch andere Kinder sind Ihnen, wie ich weiß, besonders ans Herz gewachsen: Ich meine die kleinen Besucher des Justizkindergartens. Hierüber freue ich mich sehr, da auch mir dieser Kindergarten, der ja während meiner ersten Amtszeit gegründet worden ist, ganz besonders wichtig ist. Abgesehen, davon, daß ich vermute, daß Ihnen dieser Umgang mit den Kindern viel Spaß gemacht hat, hat ja der direkte Bezug zu den Menschen, von denen man in einer Institution umgeben ist, immer besondere Bedeutung. Immer wieder wird es deutlich: Jedes Konzept, jede Idee und jede Neuerung ist nichts, wenn sie nicht durch persönliches Engagement der Menschen und den Austausch der engagierten Menschen untereinander mit Leben gefüllt wird. Das gilt natürlich für die Kinder eines Kindergartens ganz besonders, für die nichts zählt außer Bezugspersonen, die mit ihnen spielen, sprechen, singen, lachen, essen und trinken.
Der persönliche Einsatz hat auch noch bei einem anderen Modernisierungsprojekt erheblichen Einfluß, was sich gerade auf der in der vorletzten Woche in Ratzeburg veranstalteten Tagung wieder einmal gezeigt hat. Sie haben sich für das Amtsgericht Hamburg mutig zur Pilotierung bereit erklärt, soweit es die Entwicklung des IuK-gestützten Verfahrens ProBudget angeht. Dadurch wird eine moderne Form des Budgetmanagements ermöglicht, und zugleich eine entscheidende Grundlage für die zukünftigen Segmente des Amtsgerichts gelegt. Zu diesen Segmenten gehört natürlich auch das erst kürzlich eingeweihte Insolvenzgericht, die jüngste organisatorische Leistung des Amtsgerichtes und fast ein Symbol für die Zukunft dieses Gerichtszweiges. Die moderne Ausstattung dieses Gerichtes mit einer beispiellos modernen Technik, nämlich dem Verfahren IT-InsO, ist in Bezug auf das Amtsgericht insgesamt so etwas wie "begehbare Zukunft".
M.E. steht schon heute fest, daß das etwas "verstaubte Ansehen" des Amtsgerichtes - Sie wissen, meine Damen und Herren, daß die Außensicht der Realität immer etwas hinterherhinkt - in Bälde dem Ruf einer modernen Institution, die auf der Höhe der Zeit mit den justitiellen Aufgaben der Gesellschaft umzugehen weiß, weichen wird. Und den Löwenanteil, Herr Metzinger, haben wir Ihnen, Ihrer weisen Führung, Ihrem Engagement und Einsatz zu verdanken.
Apropos Einsatz: Dieses Wort hat für Sie nicht nur Bedeutung in Ihrer Funktion als Präsident des Amtsgerichtes, sondern auch als Cellist im Hamburger Juristenorchester, dessen Mitbegründer Sie gewesen sind. Wie ich dem Programm entnehme, werden wir gleich noch eine musikalische Kostprobe von dem Können dieses Orchesters, das seit 1990 besteht, hören dürfen. Auch dieses, sehr geehrter Herr Metzinger, ist ein Engagement, welches nicht genug hervorgehoben und gewürdigt werden kann. Es sind eben die kleinen Dinge, die über die Pflicht hinausgehen, die oft die eigentliche Substanz ausmachen. Die Zwischentöne, die der Atmosphäre ihren Charakter geben. Daß, wenn es sich bei Zwischentönen um Musik handelt, die Atmosphäre nur gewinnen kann, liegt auf der Hand!
Herr Metzinger: Sie haben viel bewegt, Sie haben sich Anerkennung verschafft und menschliche Zuneigung erworben. Sie haben es verstanden, Ihre fachliche Kompetenz in Ihren unterschiedlichen Tätigkeiten optimal umzusetzen. Kurzum, Sie waren in jeder Hinsicht eine Bereicherung für die Justiz. Dafür gebührt Ihnen mein Dank, welchen ich hier auch stellvertretend für den Hamburger Senat aussprechen darf.
Dieser Dank schlägt sich in der Urkunde nieder, die ich Ihnen nunmehr aushändigen darf. Von Herzen wünsche ich Ihnen alles erdenklich Gute für Ihren wohlverdienten Ruhestand!
Und zum Schluß noch eine Bemerkung zur Nachfolge:
Leider haben wir es nicht schaffen können, die Nachfolge gänzlich nahtlos zu regeln. Der Grund liegt in einer unvorhersehbaren und recht ernsten Erkrankung in meinem Hause. Aber wir haben die verloren gegangene Zeit weitgehend aufgeholt: Bereits in wenigen Tagen wird der Richterwahlausschuß im Rahmen einer zusätzlich angesetzten Sitzung über die Nachfolge zu befinden haben. So wird es uns gelingen, Ihre Nachfolgerin oder Ihren Nachfolger bereits im April, also nur mit einem Monat Verspätung, in das Amt des Amtsgerichtspräsidenten einzuführen.
Noch einmal lieber Herr Metzinger: Herzlichen Dank für alles, was Sie für die Hamburger Justiz geleistet haben und noch viele gute Jahre im wohlverdienten Ruhestand!