Zementstaub verursacht nicht nur akute Reizungen der Atemwege und Schleimhäute, er führt zu chronischen Erkrankungen. Zementstaub in alles einhüllenden Wolken, in kleinen, lustigen Stößen, in schleichender täglicher Ausbreitung drangt seit Beginn der Arbeiten an der Südfassade des Anbaus zum Ziviljustizgebäudes in die Arbeitsräume von Protokollführerinnen, Schreibkräften, Richtern. Feinster weißer Staub legte sich über Fensterbretter, Büropflanzen, Möbel, Bücher, Akten. Er haftete an den Händen, strich man über irgendeinen Gegenstand. Er lag über Tastatur und Monitor, wurde magisch angezogen von der Zentraleinheit der Computer, breitete sich auf dem Mousepad aus, wurde durch die kleine Kugel im Inneren der Maus nach innen gezogen - "Pentel inside" wielange noch? fragte sich der Benutzer.
Die Mitarbeiter litten still, husten bescheiden, hatten das Gefühl von Sommergrippe mit Reizungen im Hals und einem unbestimmten Brennen in den Augen. Vorschläge, nach Beendigung der eigentlichen Arbeiten dem Staub durch beherztes Reinigen abzuhelfen, fielen über 14 Tage auf keinen fruchtbaren Boden. Eine Intervention des Richterrates wurde freundlich wegdiskutiert. Der Personalrat, der sonst erbitterte Kämpfe gegen gesundheitsgefährdende Computer und augenreizende Bildschirme führt, trat nicht in Erscheinung. Die Baubehörde tat sehr interessiert.
Es geschah rein nichts. Da der Wind in jenen Tagen heftig wehte, drang nach und nach die zentmeterhohe Staubschicht vor den maroden Fenstern in die Räume, den Rest wusch nach vier Wochen ein heftiger Regen aus der richtigen Richtung ab.
Soweit so gut. Unbeantwortet blieb, ob die Ausschreibung nicht vorsieht oder vorsehen sollte, bei solchen Arbeiten die Fenster abzukleben. Unbeantwortrt auch die Frage, was eine Gerichtsverwaltung zum Schutz der Mitarbeiter zu tun verpflichtet ist.
Richter haben es da leicht - bevor sie durch wiederholte Intervention gänzlich in die Querulantenschublade kommen, beschränken sie ihre Anwesenheit auf das Notwendigste, richten sich mit Anrufbeantworter und häuslichem Fax ein und bleiben zu Hause. Die nichtrichterlichen Mitarbeiter müssen in diesen unbewohnbaren Räumen ausharren.
Aber wer wird das denn so ernst nehmen - "Don’t worry, be happy", singt man in der Karibik. Es gibt vielerlei Anzeichen, daß wir beginnen, uns im Gleichklang damit bewegen.................
Karin Wiedemann