(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 3/98) < home RiV >
Am 31.07.1998 verabschiedete "die Justiz" Herrn Dr. Erwin Grosse in seinen im Zweifel wohlverdienten Ruhestand im Plenarsaal des Hanseatischen Oberlandesgerichts. Förmlich von Frau Senatorin Dr. Peschel-Gutzeit eingeladen, erschienen artig der Präsident der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer und der 1. Vorsitzende des Hamburgischen Anwaltvereins als Repräsentanten der beiden großen Anwaltsorganisationen in Hamburg.
Verläßt der Chef einer so großen Behörde sein Amt, ist es nur allzu gehörig, ihn zu belobigen und in Ehren zu baden. Die Anwaltschaft wollte durch ihre demonstrative Anwesenheit anläßlich dieser Feierstunde die Verbundenheit mit der Behörde und ihren allenthalben große Sympathien genießenden (ehemaligen) Leiter zeigen, beschäftigt doch eine Vielzahl der Anwaltskollegen der organisatorische und geistige Zustand der Behörde täglich. Zu unserem großen Erstauen und – gelinde gesagt – artigen Unmut fand sich jedoch die Anwaltschaft in der über einstündigen Feierstunde bei allen vier Rednern mit keinem Wort – geschweige denn in der Anrede – erwähnt! Nicht, daß wir nicht selbstbewußt genug wären, eine solche Situation gelassen hinzunehmen, beschäftigt mich persönlich aber doch ein solches Erlebnis schon deswegen, weil ganz offensichtlich – und dies auch in der Feierstunde am 31. Juli 1998 – die Justiz ganz allgemein, zu der die Staatsanwaltschaft von dem Präsidenten des Hanseatischen Oberlandesgerichts "eingemeindet" wurde, sich mit deutlicher Nabelschau bei Verlust des berühmten Blickes über den Tellerrand beschäftigt.
Ich selbst werde noch mehr versuchen müssen, Justiz und Advokatur zu Kommunikation und wechselseitiger Verständigungshaltung zu animieren, zumal bei nächster Gelegenheit "die Justiz" allzugern erneut auf die Organe der Rechtspflege zurückgreift.
Ich freue mich natürlich, daß wir den Herrn Leitenden Oberstaatsanwalt bei dem Landgericht in Hamburg a.D. nun künftig im Kreise der Anwaltschaft begrüßen dürfen. Der Hamburgische Anwaltverein wünscht ihm, dem künftigen Kollegen, beruflichen Erfolg und gute Erfahrungen mit der Justiz!
Jürgen Keyl
1. Vorsitzender des HAV