(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 3/98) < home RiV >
Am 18. August 1998 ist der frühere Vorsitzende Richter am Finanzgericht Herbert Dreßler verstorben. Es ist erst ein knappes Jahr her, daß wir ihn - schon damals von seiner schweren Krankheit gezeichnet - in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden konnten.
Herbert Dreßler hat dem Finanzgericht seit 1967 angehört. Das Handwerk des Steuerrechts hat er von der Pike an gelernt. Vor dem Studium absolvierte er die Ausbildung zum Steuerinspektor. Danach war er im höheren Dienst der Steuerverwaltung tätig, bevor er Richter wurde.
Dem Finanzgericht diente er mit großer Hingabe. Über die richterliche Tätigkeit hinaus nahm er die Interessen der Kolleginnen und Kollegen und unseres Berufsstandes wahr. Er engagierte sich im Richterrat, war Mitglied des Präsidiums und viele Jahre Landesvorsitzender des Bundes der Finanzrichter im Deutschen Richterbund. Seit 1987 war er Senatsvorsitzender.
Sein langjähriges Wirken im Vorstand des Hamburgischen Richtervereins (seine humorvollen, heiteren Beiträge eingeschlossen!) bleiben unvergessen.
Seinem ganzen Wesen nach war er ein Mann des Ausgleichs. Er verstand es, die Enden zusammenzubinden. Daraus wuchs ihm spürbare Autorität zu. In schwierigen Situationen war sein Rat gefragt. Er gab ihn mit Weisheit, Humor und Bescheidenheit.
Im Finanzgericht baute er Brücken. Er sah das Gericht stets als Ganzes. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gerichtsverwaltung waren ihm nicht weniger wichtig als das richterliche Kollegium. Der "Seiteneinsteiger" in die zunächst etwas fremde Welt des Steuerrechts nahm es sich besonders an mit Kollegialität und menschlicher Wärme. Er war ein Senatsvorsitzender, wie man ihn sich nur wünschen konnte, stets hilfsbereit, niemals dominierend, ohne freilich seinen eigenen Kurs zu verleugnen. Divergenzen vermochte er trefflich auszugleichen. Auch wenn man in der Diskussion unterlag, tat es niemals weh. Seine Fröhlichkeit und sein Optimismus stärkten seine Umgebung. Und schließlich, er war unser Chronist, der auf jeder Weihnachtsfeier des Gerichts das Jahr humorvoll in Versen Revue passieren ließ.
Neben seiner richterlichen Tätigkeit war Herbert Dreßler ein Mann der Kirche, in der er über Jahrzehnte hohe Ämter bekleidete. Er wurzelte in der Botschaft der Bergpredigt und verband kirchliches und soziales Engagement. Denen, die im Schatten der Wohlstandsgesellschaft leben, fühlte er sich nahe. Den rechtsschutzsuchenden Bürgern war er zugetan. In der Anwaltschaft, unter Steuerberatern und in der Steuerverwaltung genoß er hohes Ansehen.
Dankbar dürfen wir ihm sein, daß er von seinen Gaben abgegeben hat. Die letzte Strecke seines Berufsweges war vom Schicksal der Krankheit gezeichnet. Klaglos ertrug er sie mit Würde und Demut. Er bleibt uns in Erinnerung als hochgeachteter Kollege, liebenswerter Mensch und manchem als großer Freund.
Werner Kuhr und Corina Kögel