Seit mehr als 10 Jahren bemüht sich die Staatsanwaltschaft darum, ein technisches Unterstützungssystem zu erhalten, das die Verfahrensverwaltung erleichtert und beschleunigt. Obwohl derartige Systeme in anderen Bundesländern schon seit Jahren erfolgreich im Einsatz sind, ist man in Hamburg nur in Teilbereichen weitergekommen. Immerhin ist vor längerer Zeit die Zentralkartei (ZK) automatisiert worden. Das ist besser als gar nichts, aber es bindet weder die Geschäftsstellen noch andere Servicebereiche und schon gar nicht die Dezernenten technisch in ausreichender Weise mit ein. Inzwischen ist ein Teil der Gebäude der Staatsanwaltschaft vernetzt worden, und dies ermöglicht, daß Dezernenten benötigte Informationen unmittelbar über den Bildschirm bei der ZK abrufen können. Aber dies ist letztendlich nicht mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein.
Nun soll vieles anders werden! Nach einem erfolglosen Versuch, das gerichtliche EDV-System GEORG für die Staatsanwaltschaft nutzbar zu machen, haben wir nun einen Weg gewählt, der zwar Mut erfordert, weil Neuland betreten werden muß (und damit tut sich die Justiz bekanntlich nicht leicht!), der aber, wenn er zum Erfolg führt, uns technisch erheblich weiterbringen wird.
MESTA heißt das Zauberwort. Wer bisher gemeint hat, es handele sich bei MESTA um ein neues italienisches Nudelgericht, sollte auf jeden Fall weiterlesen!
MESTA bedeutet "Mehrländer-Staatsanwaltschafts-Automation" und beinhaltet die Gemeinschaftsproduktion einer ganzheitlichen Software für die Staatsanwaltschaft. Beteiligt sind die Bundesländer, und zwar die forschen Hessen, die cleveren Brandenburger, die erfahrenen Schleswig-Holsteiner und wir Hanseaten. Diese länderübergreifende Zusammenarbeit ist etwas völlig neues - mit allen Vor- und Nachteilen, wobei die Vorteile eindeutig überwiegen. Aus dem, was die Mitarbeiter dieser Bundesländer in langen (manchmal zu langen) Diskussionen über die staatsanwaltschaftlichen Arbeitsabläufe zusammentragen, soll die Datenzentrale Schleswig-Holstein in Kiel (kurz DZ) ein möglichst optimales Programm schneidern.
Hessen und Schleswig-Holstein haben bereits Mehrplatzanlagen, die aber mittlerweile veraltet sind. Es handelt sich um Großrechnersysteme, die von Terminals "gefüttert" werden müssen und überwiegend die Verfahrensverwaltung unterstützen. Auf den Erfahrungen mit dem Systems GAST des Landes Schleswig-Holstein, das seinerzeit auch die DZ erstellt hat, bauen wir auf, ohne es lediglich zu kopieren. MESTA ist im Ergebnis eine Neuentwicklung.
Die dazu erforderlichen mehrmonatigen Vorarbeiten haben im April dieses Jahres begonnen und sind noch nicht abgeschlossen. Es muß geklärt werden, welche Daten zu speichern sind, in welcher Beziehung sie zueinander stehen und welche Funktionen unterstützt werden sollen.
Anschließend beginnt die Programmierung, und es werden die Bildschirmmasken entworfen. Jetzt sind die Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft gefordert! Diese können mitentscheiden, welcher Maskenaufbau ihrer täglichen Arbeit am besten entspricht. Sobald diese Arbeit auf uns zukommt, bitte ich alle um rege Beteiligung, weil es eine Entwicklungsphase zu unterstützen gilt, welche die Anwenderfreundlichkeit des Produkts entscheidend prägt.
Im Unterschied zu den bisherigen Programmen für die Staatsanwaltschaft, die sich in der Verfahrensverwaltung (Erfassen und Pflegen von Verfahrens- u. Beschuldigtendaten, Fristenverwaltung u.ä.) erschöpften, ist das besondere an MESTA die Erweiterung im Bereich der Bürokommunikation. Dies beinhaltet besonders das edv-gestützte Erstellen von Schreibwerk. Standardschreiben werden automatisch gefertigt, immer wiederkehrende Ausfüllungen von Schreiben mit Personendaten u.a. werden elektronisch gesteuert. Dazu sollen ähnliche EDV-Formulare unter WinWord verwendet werden, wie sie schon jetzt probeweise im Einsatz sind. Nur ist ihre Verwendung wegen der automatischen Ausfüllungen erheblich erleichtert.
Wegen dieser erweiterten Fähigkeiten der neuen Software sollen besonders auch die Dezernentenarbeitsplätze unterstützt werden. Wir gehen davon aus, daß die bisherigen Papierformulare auch für Anklageschriften und Strafbefehlsentwürfe weitgehend ersetzt werden können. Soweit Dezernenten diese Schriftstücke selbständig erstellen, soll die Druckersteuerung des Gesamtsystems so einzustellen sein, daß Ausdrucke auch auf anderen Druckern, z.B. dem der Geschäftsstelle, erfolgen, so daß sich die weitere Bearbeitung unmittelbar dort anschließen kann. Es ist auch geplant, daß Entwürfe, die in Teilen von Dezernenten vorgefertigt worden sind, als Dateien den Service-Einheiten zugeleitet, dort vervollständigt und ausgedruckt werden.
Trotz der neuen Perspektiven, die MESTA im Bereich der Bürokommunikation bringen wird, ist nicht beabsichtigt, Dezernenten mit bloßen Schreibarbeiten zu belasten. Soweit Grunddaten in Schreiben automatisch aus dem System eingesetzt werden, die entweder von Servicemitarbeitern zuvor eingegeben oder - dies ist ein späteres Ziel - unmittelbar von der Polizei übernommen worden sind, wird der Dezernent nur noch die Teile in Schriftstücke einarbeiten, die er auch nach herkömmlicher Arbeitsweise schriftlich zu erstellen hatte. Er muß sich allerdings hierzu in Zukunft eines neuen technischen Mediums bedienen. Dies ist zunächst ungewohnt, aber von jedem zu meistern! Da auch unter MESTA Schreibwerk mit WinWord erstellt wird, ist es empfehlenswert, sich möglichst schon vor Einführung der Netzsoftware mit den Grundlagen dieses Schreibprogramms vertraut zu machen. Soweit es die Zeit erlaubt, sollen hierfür entsprechende (teilautomatisierte) Formulare zur Verfügung gestellt werden.
Wann wird es voraussichtlich Ernst mit MESTA?
Geplant ist die Vorbereitung der Erprobung (Pilotierung) ab Frühjahr 1997. Der eigentliche Pilotbetrieb soll Mitte 1997 in einigen Abteilungen der Staatsanwaltschaft beginnen. Die Erfahrung zeigt, daß in dieser Phase nicht alles so reibungslos läuft, wie es vorgeplant war. Deshalb ist mit einer umfassenden Einführung von MESTA nicht vor 1998 zu rechnen. Schließlich hängt dies auch entscheidend davon ab, ob und wie sich die räumliche Lage der Staatsanwaltschaft verändert. Denn auch eine Netzsoftware läßt sich an wenigen Standorten besser betreiben als unter den jetzigen Voraussetzungen.
Zudem müssen noch in den Servicebereichen der Staatsanwaltschaft organisatorische Veränderungen (u.a. Bildung von Service-Einheiten unter Einbeziehung der bisherigen Geschäftsstellen und Kanzleien) vorgenommen werden, um durch Einführung eines solchen EDV-Systems erwartete Rationalisierungseffekte zu erzielen.
Im Zusammenhang mit Rationalisierungserwartungen sind Befürchtungen geäußert worden, der Hauptzweck von MESTA bestehe darin, Arbeitsplätze in den unterstützenden Bereichen "wegzurationalisieren".
Dazu ist folgendes zu sagen: Hauptziel ist die Verbesserung der Arbeitsabläufe durch technische Unterstützung der Service-Einheiten. Daß dabei auch Rationalisierungseffekte eintreten werden und als solche auch geplant sind, ist selbstverständlich. Wenn dieses mit der Einführung eines solchen Produkts nicht beabsichtigt wäre, könnten die erheblichen Kosten für Hard- und Software nicht gerechtfertigt werden. Arbeitsplätze sind in ihrer jetzigen Besetzung dagegen nicht gefährdet. Im übrigen wird erst die Zukunft zeigen, wie stark die Rationalisierungseffekte einer solchen Software tatsächlich sind.
Johann Meyer