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Weggeschnitten:
Der arbeitsfreie Tag a.D.

Die Mitteilung kam überraschend und barsch am 3. Juli: Kein arbeitsfreier Tag für das zweite Halbjahr! Im O-Ton klang die Mitteilung unter dem Briefpapier der Präsidentin des Landgerichts so:
An alle
Damen und Herren
Richterinnen und Richter
des Landgerichts Hamburg
Die Justizbehörde, Amt für Allgemeine Verwaltung, hat mit Schreiben vom 28. Juni 1996 mitgeteilt, daß der arbeitsfreie Tag für das zweite Halbjahr wegfällt. Anstelle des wegfallenden arbeitsfreien Tages sind zukünftig der 24. und 31. Dezember eines Jahres arbeitsfrei.
Wurde eine Arbeitsfreistellung für einen bestimmten Tag bewilligt, wird die Bewilligung aufgehoben und anstelle des arbeitsfreien Tages Urlaub eingetragen.
Auf Anordnung
Wer sich
Wer sich der fernen Zeiten erinnert, in denen Justiz- und Gerichtsverwaltung in Hamburg vorsichtig mit den Vertretern der Dritten Gewalt umgingen und ihnen Hiobsbotschaften im Vorfeld behutsam nahebrachten, Einwendungen abwogen, Verständnis wenigstens vorgaben und dann unter zartfühlender Formulierung das Schreckliche durch den jeweiligen Präsidialrichter/in in freundlichen Kaffeerunden mitteilten, wird sich über den Ton des Rundschreiben in dieser Sache wundern. Wir wollen die Sache nicht all zu hoch ansiedeln: Die Justizbehörde teilt mit. Die Landgerichtsverwaltung leitet weiter. Alles ohne Brimborium. Na, und?
In der Sache selbst ist die Streichung für die Richterschaft keine fühlbare Last. Die Form der Mitteilung verführt jedoch zu einer Anmerkung:
? Die Empfänger des Schreibens werden nicht einmal einer Information über Grund und Anlaß der Maßnahme für wert befunden. Selbst schuld, wer nicht die Zeitung liest und sich seinen/ihren Reim macht.
? Ohne vorherige Ankündigung - noch dazu zu einem Zeitpunkt, der bereits im zweiten Halbjahr liegt - werden sogar schon genehmigte und in die Jahresplanung einbezogene arbeitsfreie Tage kurzerhand gestrichen. Der Kollege, der seinen Urlaub am 3. Juli bereits geplant und angetreten hatte, bevor der Ukas kam, muß nach dem Urlaub unter Mühen sehen, wie er das Problem des fehlenden freien Tages im zweiten Halbjahr löst. Seine Sache!
? Nur marginal, eine leichte Verstimmung soll aber nicht verschwiegen werden: Das Schreiben kommt ohne Anrede daher und kleidet sich als behördeninterne Mitteilung. Man verzichtet auf jede grüßende Schlußformel - "auf Anordnung" reicht aus. Dies war im Verkehr mit Richtern bislang unüblich. Sollte unbemerkt das Grundgesetz geändert worden und die Dritte Gewalt der Exekutive handstreichartig angeschlossen worden sein? Nebenbei bemerkt wäre auch im behördeninternen Beamtenverkehr Höflichkeit durchaus angebracht.
Schlägt der Zeitgeist auch hier zu: Die Sparsamkeit im menschlichen Umgang? Hoffen wir, daß es der effektiven und verständigen Verwaltung unseres Landgerichts gelingt, in den passenden PC ein mit netten Formeln aus dem Repertoire der die Gesellschaft doch so gut kittenden guten Umgangsformen ausgestattetes Muster für ein Rundschreiben an Richter und Richterinnen - und vielleicht ja auch an die weiteren Mitarbeiter - zu entwerfen, etwa unter dem Kürzel "Mitt.doc". Möglicherweise aber braucht ein solcher Brief ein bißchen mehr Farbe beim Drucken. Dann wäre es angesichts der enger zu schnallenden Gürtel nichts mit dem betrieblichen Verbesserungsvorschlag..............
Karin Wiedemann