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R.M.
- das unbekannte
Wesen -

Es ist von einem vergeblichen Versuch zu berichten: Den Menschen, Präsidenten, Vorsitzenden, Richter, Freund Roland Makowka in Worte zu fassen, in Kategorien einzuordnen, in Koordinaten festzumachen, ihm sozusagen einen allgemeingültigen verbalen Überbau zu verpassen, an dessen Seiten nichts hervorschaut und dessen Decke er nicht durchbricht, der in Höhe, Breite und Tiefe paßt.

Der Versuch, an einem hohen christlichen Festtag unternommen, mußte scheitern. Wer wollte auch einen Menschen in einigen Zeilen darstellen, dessen Spanne von Königsberg über Lübeck bis Hamburg reicht, mit Ausflügen ach Pingtong oder Lund oder Bobigny.

Erschwerend kommt hinzu: Er erschließt sich nicht, er läßt nicht wirklich in sich hineinblicken - außer in ganz seltenen Momenten, über die man nicht schreibt.

In seiner Rede zur Verleihung des Emil-von-Sauer-Preises 1995 hat Roland Makowka den Versuch unternommen, die Justiz zu zeichnen aus verschiedenen - sicher ganz subjektiven - Eindrücken. Machen wir einen ähnlichen Versuch mit Eindrücken über Roland Makowka:

Der Menschenfänger

Keiner kann so wie er andere für bestimmte Ziele einnehmen, so gewinnen für gemeinsame Arbeit. Er ist geschickt: Meistens merkt man es gar nicht, daß man gerade seine Zusage für Tage oder Wochen schweißtreibender, ehrenamtlicher Arbeit gegeben hat, mehr noch, man ist begeistert. Sein bester Trick: Er gibt vor, einfach alles alleine machen zu wollen. Nur ganz selten tritt der Hilfs-und Mitleidseffekt nicht ein, und er steht dann tatsächlich alleine.

Der Konfliktscheue

Es ist ihm in einem für seine Stellung nahezu unglaublichen Umfang gelungen, direkten, personenbezogenen Konflikten aus dem Wege zu gehen. Nicht gemeint ist der Konflikt in seiner Substanz, da hat er Ruppersberg oder Quittel schon mal ein Interview gegeben oder eine Rede auf der Mitgliederversammlung gehalten. Aber Auge in Auge mit einem Kontrahenten oder einer Kontrahentin: Nein. Es ist auch nicht bekanntgeworden, daß er sich mal mit jemandem angeschrien hätte.

 
Der Kommunikator

Wer kennt sonst einen Präsidenten, mit dem jeder jederzeit reden kann? In welcher bemerkenswerten Weise hat er einerseits ein offenes Ohr für Sorgen anderer, erfragt andererseits Rat von anderen, und das meistens mit offenem Visier.

Der Verschlossene

Das auch, in seinen persönlichen Wünschen, in seinen seelischen wie körperlichen Verletzungen. Er klagt nicht über persönliche Schwierigkeiten, hier ist das Visier zu.

Der Ideenvulkan

Vulkan ist wohl das falsche Bild; eher schlangengleich, vorwärtstastend kommt er mit vielen neuen Ideen, klopft sie ab in Gesprächen auf Durchsetzbarkeit, sucht Mitstreiter. Es fing an -soweit für mich ersichtlich - mit einer Raumkommission, es ging weiter über die Gruppengeschäftsstellen und endete noch lange nicht bei den Hamburger Justiztagen. Teamarbeit und Budgetierung hat er schon durchsetzen wollen, als andere noch nicht einmal die Begriffe kannten.

Der Chaot

Viele werden ihn so einschätzen, ich nicht. Vorgeschürztes Chaotentum ist ein Trick: Es schützt ihn vor Anforderungen und bringt ihm Mitleid und Hilfe (siehe oben). Wer seine Ablage kennt, wird nicht von Chaos reden. Nur wer meint, mehr als eine Idee auf einmal sei Chaos, mag den Begriff im Zusammenhang mit ihm verwenden.

Der Redner

Ja, das kann er in der ganzen Bandbreite. Von legendären Bierabendreden mit tosendem Beifall bis zu spitzzüngigen justizpolitischen Mitgliederversammlungsansprachen. Auch eher private Reden sind bemerkenswert wegen des Ideenreichtums und der Herzenswärme. Aber am eindruckvollsten war die Rede bei Henriette Kuglers Beerdigung, der jungen, schönen, Hoffnung erweckenden Richterin, die nicht mehr leben wollte.

Dabei mag es sein Bewenden haben, obwohl: Vater, Ehemann, Richter, Politiker (oh je), vieles könnte man noch erwähnen. In der obengenannten Emil-von-Sauer-Rede sagte Roland Makowka, aus seinen Eindrücken sei wohl kein Gemälde, eher etwas Abstraktes geworden. "Ich liebe die abstrakte Kunst, auch wenn sie einen Nachteil hat - man versteht sie nicht" (Zitat Makowka). Dieses Wort läßt sich wenden und bleibt doch richtig: Wir lieben Foland Makowka, auch wenn er einen Nachteil hat - man versteht ihn nicht.

Jan Grothee