(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 1/96) < home RiV >
Erinnerungen an einen
Vorsitzenden

Ich lernte Herrn Dr. Makowka kennen, als er im März 1993 den Vorsitz in einem drei Monate dauernden Jugendstrafverfahren übernahm, in dem ich Beisitzerin war. Es handelte sich um ein Betäubungsmittelverfahren gegen vier Angeklagte, in dem es um Heroin im Kilobereich ging. Wir erwarteten, daß in diesem Verfahren hart gekämpft werden und die Stimmung entsprechend sein würde. Weit gefehlt! Herrn Makowka gelang es gleich am ersten Tag, für eine entspannte Atmosphäre zu sorgen. Auf seine Frage an den jüngsten Angeklagten, wie es ihm in der Untersuchungshaft ginge, antwortete dieser: "Schlecht, besonders mit den Augen habe ich Probleme." Herr Makowka beugte sich über den Richtertisch, sah dem Angeklagten tief in die Augen und sagte väterlich und mitleidsvoll: "Stimmt, Ihre Augen sind auch ganz gerötet."

Schwierigkeiten gab es nach diesem verständnisvollen Auftakt während des ganzen Verfahrens nicht. Diese traten hingegen regelmäßig mit der Bekleidung von Herrn Makowka auf. Da waren zunächst die Knöpfe seiner Robe. Fasziniert konnten Herr Krieten und ich beobachten, wie diese in verblüffender Geschwindigkeit verschwanden, bis schließlich alle weg waren. Kurzerhand lieh sich Herr Makowka eine neue Robe, die aber ganz offensichtlich einem wesentlich kleineren und zierlicheren Richter gehört haben muß und entsprechend seltsam an ihm aussah. Ein Teil der Knöpfe hielt aber bis zum Ende des Verfahrens durch. So gut erging es Herrn Makowkas Hemdknöpfen nicht. Allmorgendlich das gleiche Drama: Um die Fliege anzulegen, mußte der Hemdkragen geschlossen werden. Leichter gesagt als getan, irgendwie paßten Hals und Kragen nie so recht zusammen: Herrn Krietens Hilfe war gefordert! Dieser zog und zerrte, Hals und Kopf des armen Opfers wurden rot und immer röter, bis es schließlich geschafft war - der Knopf war ab! Ja - und dann gehört zu meinen Erinnerungen noch die Sache mit den Feuerzeugen. Nie verschwanden im Umkreis der GS 4 so viele Feuerzeuge wie in jener Zeit. Die Lösung: Herr Makowka ging selbstverständlich davon aus, daß jedes für ihn greifbare Feuerzeug seins sein müsse. ...

In jedem anderen Betäubungsmittelverfahren wäre ich über ein rasches Ende froh gewesen, dieses Verfahren hingegen hätte ruhig noch viel länger dauern können. ...

Sabine Agge