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Lothar Kreyßig
Richter und Christ im Widerstand

Im Rahmen der Reihe Kultur und Justiz, in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft zur Förderung und Kommunikation Hamburger Juristen e.V., der Gesellschaft Hamburger Juristen und der Vereinigung der Hamburgischen Verwaltungsrichter fand am 15. Juni 1995 in der Grundbuchhalle im Rahmen des 26. Deutschen Evangelischen Kirchtages eine Gedenkveranstaltung unter dem Titel "Lothar Kreyßig - Richter und Christ im Widerstand" statt. Es referierten Konrad Weiß (MdB 1990-1994) und Dr. Helmut Kramer (RiOLG a.D.) für die Aktion Sühnezeichen. Ein Grußwort kam von Dr. Ernst Benda, dem Präsidenten des Evangelischen Kirchentages. Die Veranstaltung stand unter der Schirmherrschaft des Präsidenten des Hamburgischen Verfassungsgerichts und des Hanseatischen Oberlandesgerichts, Wilhelm Rapp.

Einer der wenigen Kollegen, die gegen das Unrecht des Nazi-Regimes protestiert und Widerstand geleistet haben, war der mutige Vormundschaftsrichter am Amtsgericht Brandenburg, Lothar Kreyßig. Als Christ und Jurist war er eine eindrucksvolle Persönlichkeit (1898-1986). Er trat entschieden gegen die planmäßige Beseitigung in Anstalten untergebrachter Behinderter ein. Den Anstalten und den zuständigen Ärzten erteilte er die strikte Weisung, ohne sein Einverständnis keinen Insassen abtransportieren zu lassen. Das gegen ihn eingeleitete Disziplinarverfahren endete mit seiner vorzeitigen Dienstenthebung.

Kreyßig, aktiv in der bekennenden Kirche, übernahm nach dem Krieg führende Aufgaben in der evangelischen Kirche. Er war unter anderem Präsident Ost des Deutschen Evangelischen Kirchentages und Begründer der Aktion Sühnezeichen.

Zwei besondere Sachkenner konnten für die Teilnahme an der Gedenkveranstaltung gewonnen werden: Konrad Weiß und Helmut Kramer. Konrad Weiß war von 1990-1994 für Bündnis 90/Grüne Mitglied des Deutschen Bundestages. Er war zu DDR-Zeiten mit Kreyßig über die Aktion Sühnezeichen bekannt geworden und arbeitet an einer Biographie Kreyßigs. Dr. Helmut Kramer, ehemals Richter am Oberlandesgericht Braunschweig, hat sich intensiv und kritisch mit der Rolle der Justiz im Nationalsozialismus befaßt. Er war bereits einmal Gast des Hamburgischen Richtervereins.

Der Text stammt von RiLG Sievers und ist dem Flugblatt der Veranstaltung entnomme