(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 3/94) < home RiV >
Sparmaßnahmen! Besetzungssperre!
 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg hat zum Haushalt 1995 am 12. Juli 1994 mit sofortiger Wirkung eine Stellenbesetzungssperre verhängt, die auch für die Gerichte und Staatsanwaltschaften gilt. Stellen, die am 12. Juli 1994 frei waren oder frei werden, dürfen nicht mehr besetzt werden. Ausnahmen sind nur im eng begrenzten Umfang möglich. Im übrigen entscheidet über Ausnahmen nur der für das Senatsamt für den Verwaltungsdienst - Organisationsamt - zuständige Senator oder Staatsrat.

Die Besetzungssperre trifft die Gerichte und Staatsanwaltschaften hart. Freiwerdende Richter- oder Staatsanwaltsstellen werden nicht besetzt. Schon jetzt herrscht Personalmangel insbesondere in den Geschäftsstellen. Beim Amtsgericht sieht es in Teilbereichen schlimm aus. Das Mahnverfahren ist versackt, in den Zivilabteilungen werden Klagen und anderes Schriftwerk den Richtern nicht bzw. mit erheblicher Verspätung vorgelegt, um nur einige Beispiele zu nennen. Der Bericht von Herrn Schultze-Kirketerp in diesem Heft gibt ein anschauliches Bild der unhaltbaren Zustände. In dieser schwierigen Lage besteht für das Amtsgericht zusätzlich die Gefahr, daß ca. 90 auslaufende Zeitverträge angesichts der Besetzungssperre nicht verlängert werden. Nicht viel anders ist die Lage beim Landgericht. Geschäftsstellen und Kanzleien sind unbesetzt. Die Protokollführung im Strafverfahren ist in Gefahr, wenn die Verträge der Rechtskandidaten auslaufen und neue Rechtskandidaten nicht eingestellt werden dürfen. Zu behaupten, daß es bei den Staatsanwaltschaften in den Geschäftsstellen und Kanzleien besser aussieht, wäre angesichts der dort seit langem bestehenden schwierigen Lage absurd!

Natürlich sollten wir nicht allzu früh und laut wehklagen. Die Haushaltsnöte sind bekannt. Aber die Gerichte und Staatsanwaltschaften haben einen gesetzlichen Auftrag, den sie erfüllen müssen. Wenn unsere Organisationen zusammenbrechen, ist der grundgesetzliche Anspruch auf Justizgewährung unerfüllbar. Dann kämen die Klagen wiederum zu spät.

Mit freundlichen Grüßen

Roland Makowka