Unter dem 5. Juli d.J. ist der Deutsche Richterbund mit folgender Presseerklärung an die Öffentlichkeit getreten:
"Deutscher Richterbund warnt: Keine Änderung des Jugendstrafrechts. Wegen des hohen Anteils jugendlicher Täter an rechtsextremen und fremdenfeindlichen Straftaten wird in der öffentlichen Diskussion die Wirksamkeit des Jugendstrafrechts in Frage gestellt. Dabei wird vielfach übersehen, daß im Jugendstrafrecht nicht die Vergeltung, sondern die Erziehung mit dem Ziel im Vordergrund steht, jugendliche Straftäter von der Begehung weiterer Straftaten abzubringen und sie weiter in die Gesellschaft einzugliedern. Die geforderte Anhebung der Strafandrohung für jugendliche Täter hat keine zusätzliche abschreckende Wirkung, so abscheulich diese Taten auch sind. Der hier in Betracht kommende Täterkreis läßt sich allein von der Höhe der Strafandrohung nicht beeindrucken. Dies kann besser durch eine rasche und gründliche Aufklärung sowie eine zügige Aburteilung erreicht werden.
Auch von der Herabsetzung der Altersgrenze für die Anwendung des Jugendstrafrechts geht keine abschreckende Wirkung aus. Das geltende Recht läßt bei Tätern, die älter als 18 Jahre sind, eine Beurteilung nach der individuellen Entwicklung zu und eröffnet bereits heute in geeigneten Fällen die Möglichkeit, Erwachsenenstrafrecht anzuwenden.
Öffentliche Aufklärung und sozialpädagogische Maßnahmen können solche Taten eher verhindern. Sie werden deshalb vom Deutschen Richterbund und von allen wichtigen politischen Gruppierungen gefordert."
Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen - vielleicht nur die Frage: warum eine weithallende Erklärung? Selbstverständliches braucht man nicht auf Plakatwände zu schreiben. Aber nach allem, was in Deutschland (und auch im Ausland über Deutschland) geredet, geschrieben und im Bild gezeigt worden ist, war ein solches Wort wohl doch am Platze.
Ist es Rechthaberei, daran zu erinnern, daß der DRiB in früheren
Presseerklärungen und Appellen auf der Woge schäumender Empörung
eher mitgeritten ist (vgl. "Lichterketten" MHR Heft 2/93), während
die jetzt erst gefundenen Worte vielleicht damals nötiger gewesen
wären als jetzt?
Günter Bertram