(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 4/92) < home RiV >
125jähriges Jubiläum des
Amtsgerichts Wandsbek

Schon bei meinem Amtsantritt Anfang Juni stand es mir bevor:

Es galt ein Fest auszurichten, von dem die Nachwelt sprechen würde! Gemeinsam mit den Schwestergerichten Altona und Blankenese wurde das ehemals preußische Amtsgericht Wandsbek, damals noch Wandsbeck, am 1. September 1992 125 Jahre alt. Ganz praktische Probleme: Wie sollten es die Justizsenatorin und der Amtsgerichtspräsident schaffen, auf 3 Hochzeiten bzw. Geburtstagen zugleich zu tanzen bzw. zu reden, vor allem aber: unser Hausmeister war am 1. September schon auf der Reise nach Australien - veranlaßten uns, das Fest auf den 27. August vorzuverlegen. So hatten wir die Senatorin und den Präsidenten ganz für uns, und vor allem natürlich unseren Hausmeister. Abergläubischen Bedenken - wenn man vorzeitig feiert, brennt das Haus (also das Gericht) ab - begegneten wir durch die Einladung der Feuerwehr - na ja, die Polizei tat's auch.

Nun wurde gekocht und gebacken, gesotten und gebraten (gegrillt, aber das erst später). Wir luden ein, und alle, alle kamen! Uns wurde angst und bange; denn unser Gemeinschaftsraum hätte die Massen nicht entfernt fassen können, und so baten wir die Kirche um Raum, den sie uns zum Glück noch gewähren konnte. An die 300 Aktive, Ehemalige, Partner aus Hagenow und Ludwigslust, Kollegen aus Groß-Hamburg, Rechtsanwälte, Notare und hochgestellte Persönlichkeiten bevölkerten den Saal, wo uns das Orchester der Charlotte-Paulsen-Schule mit einer Suite von J.S.Bach ein- und ausstimmte. Unser Geschäftsleiter begrüßte die Gäste und flocht fast unmerklich ein paar klitzekleine Personalsorgen ein, war aber in erster Linie des Lobes voll für die Mitarbeiter, die in solidarischer Aktion die Versorgung der Festversammlung mit Kaffee und Kuchen und die Entsorgung des geschmückten Saales gewährleisteten. Frau Senatorin sprach von den Zeiten, da sie selbst als kleines Mädchen im Bezirk Wandsbek lebte und "nach Karstadt" ging. Der Amtsgerichtspräsident stellte die Frage in den Raum, ob die Wandsbeker nicht besser bei den (wohl als liberaler geltenden) Dänen geblieben wären, statt sich unter das preußische Joch zu begeben, und ich holte etwa auf hohem Roß Sitzende herunter, indem ich den Satz "dat gelt' to Wandsbeck!" als Beschreibung eines relativ rechtsfreien Raums zugunsten von Gaunern und Ganoven - und zugunsten der gutsherrlichen Klasse - entlarvte. Später gab der Kollege Dr. van den Boom noch einige amtsgerichtliche Interna in dichterischer Form preis.

Auf dem Parkplatz-Innenhof des Amtsgerichts ging das Fest dann mit Pfeilwerfen, Tennisball-Rennen (wertvolle Buchpreise lockten), Grillwürsten, Salatbar, Wein und Sekt, Schifferklavier-Musik und Tanz weiter und verlagerte sich schließlich doch noch in den kerzenerleuchteten Gemeinschaftsraum. Sehr spät soll's geworden sein. Schön war's. Der Nachwelt sei's zur Nachahmung empfohlen.

Ingrid Horstkotte