Wir entnehmen den Mitteilungen des DRB Berlin 3/92 S. 10 folgende Notiz, die auch hier auf das Interesse der Kollegenschaft stoßen wird:
Vorläufigkeitserklärung von Steuererklärungen
Im Steuerrecht werden gegen eine ganze Anzahl von Regelungen verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht. Das Bundesverfassungsgericht ist mit einer Reihe von Klagen befaßt, die für fast alle Arbeitnehmer, zu denen auch Richter und Staatsanwälte steuerrechtlich gehören, von Bedeutung sind.
Von dem Erfolg einer Klage in Karlsruhe haben aber nur diejenigen steuerrechtlich Vorteile, deren steuerliche Veranlagung noch nicht bestandskräftig abgeschlossen ist. Es ist daher allen Steuerpflichtigen zu empfehlen, gegen Steuerbescheide Rechtsmittel einzulegen, wenn eine am Bundesverfassungsgericht anhängige Rechtsfrage auch in ihrem persönlichen Fall von Bedeutung ist.
Die Finanzämter können in solchen Fällen den Steuerbescheid in diesem Punkt für vorläufig erklären. Das bedeutet, daß der Bescheid nach Änderung der Rechtslage automatisch geändert wird. Weist das Bundesverfassungsgericht die Klage jedoch ab, wird der Bescheid von Amts wegen endgültig.
Das Bundesfinanzministerium hat im Juni eine Liste der Fälle zusammengestellt, bei deren Vorliegen das Finanzamt den Bescheid insoweit für vorläufig erklären soll. Es handelt sich um folgende Regelungen:
Grundfreibeträge, Kinderfreibeträge, Sonderausgabenhöchstbetrag, Arbeitnehmerpauschbetrag, Verbot des Schuldzinsenabzuges für Private, Unterhaltshöchstbetrag, Ausbildungsfreibetrag, die Höhe der zumutbaren Eigenbelastung bei außergewöhnlichen Belastungen, den Höchstbetrag für außergewöhnliche Belastungen durch eine Haushaltshilfe und bei Heimunterbringung, Progressionsvorbehalt bei Lohnersatzleistungen, Solidaritätszuschlag und die Besteuerung der Versorgungsbezüge.
Sofern eines dieser Gebiete vom Steuerbescheid betroffen ist, sollen die Finanzämter zur Vermeidung von Einsprüchen den Steuerbescheid für vorläufig erklären. Es ist aber darauf hinzuweisen, daß die Vorläufigkeit sich nur auf den ausdrücklich erwähnten Bereich des Bescheides bezieht. Wenn der Steuerpflichtige aus anderen Gründen den Bescheid für unrichtig hält, muß er Rechtsmittel einlegen, um seine Rechte zu wahren.
Es ist daher allen Steuerpflichtigen zu raten, ihre Steuerbescheide daraufhin zu prüfen, ob sie wirklich für vorläufig erklärt worden sind, wenn eine der vor dem Bundesverfassungsgericht anhängigen Rechtsfragen berührt ist. Fehlt es an der Vorläufigkeitserklärung, ist vorsorglich ein Rechtsmittel zu empfehlen.
In diesem Zusammenhang gilt es auf zwei Entscheidungen des Bundesfinanzhofs hinzuweisen, über die Seite XIII der NJW 1992, Heft 29, berichtet.
Einspruch zum Versorgungsfreibetrag
Versorgungsempfänger sollten ihre Steuerbescheide bezüglich der Steuerfestsetzung nach § 19 Abs. 2 EStG (Versorgungsfreibetrag) angreifen. Das Bundesverfassungsgericht hatte am 26. März 1980 (BVerfGE 54, 11 ff.) den Bundesgesetzgeber für verpflichtet erklärt, wegen der schon damals bestehenden zu großen Diskrepanz zwischen Pensions- und Rentenbesteuerung eine Neuregelung der Besteuerung der Altersfreibeträge in Angriff zu nehmen. Die Frist für die Verabschiedung einer entsprechenden Neuregelung ist nicht nur nach Meinung des DRB, sondern auch nach mehreren Entscheidungen der Finanzgerichte (z.B. Rheinland-Pfalz 1 K 235/88) inzwischen längst abgelaufen. Bislang hat der zuständige BMF jedoch noch keinen Gesetzentwurf zur Neuregelung der Besteuerung der Alterseinkünfte vorgelegt.
Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen sollten Versorgungsempfänger gegen die Versorgungs-Festsetzungsbescheide Einspruch einlegen unter Hinweis auf das laufende Musterprozeßverfahren beim BVerfG zur Pensionsbesteuerung (Aktenzeichen: I BvR 959/85, I BvR 459/76).
Es ist nämlich zu beachten, daß erst ab 1. Januar 1993 steuerliche Besserstellungen für alle Steuerpflichtigen gelten, und zwar:
· Anhebung des Grundhöchstbetrages für Vorsorgeaufwendungen von Arbeitnehmern und Selbständigen von 2340/4680 DM (Ledige/Verheiratete) auf 2610/5220 DM sowie eine entsprechende Verbesserung beim hälftigen Höchstbetrag (§ 10 EStG).
· Anhebung des Versorgungs-Freibetrages von 4800 DM auf 6000 DM (§ 19 Abs. 2 EStG),
· Anhebung des Altersfreibetrages von 3720 DM auf 6000 DM (§ 24 a EStG).