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Hamburger Justiztage 1992
- Vom 19. bis zum 22. Mai 1992 -

Im Mai des kommenden Jahres sollen nach langer Pause wieder Hamburger Justiztage stattfinden. Die Hamburger Rechtspflege bietet dabei Einblick in ihre Arbeit und deren Umfeld. Hierzu gehören nicht nur die Fragen des Justizalltages, dessen Ablauf es den Bürgern, in deren Namen Recht gesprochen wird, nahe zu bringen gilt. Ein weites Feld historischer, kultureller und soziologischer Aspekte soll betrachtet werden. Die Liste der Veranstalter ist lang: Der Hamburgische Richterverein, die Vereinigung hamburgischer Verwaltungsrichter, die Gesellschaft zur Kommunikation und Fortbildung Hamburgischer Juristen, die ÖTV, die Neue Richtervereinigung, die Rechtsanwalts- und Notarkammer, der Hamburgische Anwaltverein, der Hamburgische Notarverein, die Gerichte und Staatsanwaltschaften, die Justizbehörde und die Sozialbehörde. Viele andere Organisationen, deren Aufgaben Berührung mit der Rechtspflege haben, werden an der Gestaltung der Tage der offenen Tür beteiligt sein.

Die ersten Hamburger Justiztage im Jahre 1983 hatten zum Ziel, "Justiz aus dem Elfenbeinturm" zu holen. Dies war im Hamburg der beginnenden achtziger Jahre notwendig und längst überfällig. Die Justiz sollte bürgernäher, die Distanz zu den Rechtssuchenden aufgebrochen werden. Einerseits spürten die Juristen selbst ein Bedürfnis nach tieferem Einblick in die Sorgen und Nöte des "rechtsuchenden Publikums", den die neu gewonnen Kontakte ermöglichen sollten. Andererseits sollten die Bürger genauer erfahren, was vor Ort geschieht, wenn ein Prozeß droht oder beginnt. Bürger sollten mit dem "Dienstleistungsunternehmen Justiz", wie man damals zu formulieren begann, vertrauter gemacht werden. Die Strafjustiz sollte ein menschlicheres Gesicht gewinnen.

Auch die - zweiten - Hamburger Justiztage 1992 haben diese Aufgaben, wenngleich sich heute häufiger der Gedanke einschleicht, die Bürger hätten den Dienstleistungsbetrieb nunmehr vollends in ihr Leben integriert. Vieles von dem, was damals nur wünschenswert, aber kaum erreichbar schien, dürfte inzwischen Realität geworden sein. Aber die Akzeptanz, die der Justiz zuweilen bescheinigt wird, bleibt ein kostbares, pfleglich zu hütendes Gut.

Heute haben Justiztage in Hamburg zusätzliche Ziele. Es geht auch darum aufzuarbeiten, welcher Weg zurückgelegt worden ist und welche zukünftigen Aufgaben sich zeigen. Den Standort der Justiz heute zu umreißen, ist für den Status der Dritten Gewalt eine Notwendigkeit.

Zu fragen ist nach dem Umgang des Richters und des Staatsanwaltes mit der anvertrauten Macht. Dies ist naturgemäß von brennender Aktualität in Zeiten und unter Regimen, die "ihre" Justiz nur als Handlanger ihres politischen Willens betrachten. Wir erfahren heute über das bereits Bekannte hinaus mit Bestürzung, was immer schon gemutmaßt wurde: daß nämlich in der DDR-Justiz die Staatssicherheit unmittelbare Anweisungen erteilte, wie der Prozeß auszugehen habe. Wassermann schildert solche "Drehbücher" über bevorstehende Verfahren anschaulich (DRiZ 1991, 438, 443). Handhabungen der Macht, wie wir sie in Ausstellungen zur nationalsozialistischen Justiz der Vergangenheit zuzuordnen gewohnt waren, betreffen uns plötzlich fast noch als Gegenwart, stellen uns vor die Frage, wie denn umzugehen ist mit denen, die daran mitgewirkt haben. Wir müssen auch uns selbst fragen, wie es denn bei uns bestellt ist mit der Zivilcourage, die oft unterzugehen droht im Bedürfnis nach Harmonie oder Schlimmerem.

Zentrales Thema der Justiztage ist aus aktuellem Anlaß deshalb die "Justiz im Übergang von der Diktatur zum demokratischen Rechtsstaat". Hierüber werden Gäste aus Russland, Ungarn, Polen, Griechenland, Spanien und aus den neuen Bundesländern berichten und diskutieren. Einige von ihnen haben beides erlebt. Es werden Teilnehmer zu den Diskussionsgruppen erwartet, die sowohl selbst Opfer totalitärer Justiz waren als auch zu denen gehörten, die danach mit dem Aufbau neuer Strukturen betraut waren.

Das Thema des Unrechtsstaates wird noch in einem anderen Zusammenhang betrachtet: "Neuere Hamburgische Justizgeschichte (ab 1933)" ist der zurückhaltende Titel einer Ausstellung, die in der Justizbehörde erarbeitet und während der Justiztage zu sehen sein wird. Eine weitere Ausstellung zur Justiz im totalitären Staat betrifft Carl von Ossietzkys Leben, das in Dokumenten dargestellt wird.

Die Arbeitsgerichtsbarkeit plant einen Tag der offenen Tür. Die Sozialgerichte öffnen ihre Pforten für Interessierte. Das Verwaltungsgericht wird sich vor allem des Themas Asyl annehmen.

Am zweiten Tage der Justiztage stehen zahlreiche Themen aus der Alltagsarbeit der Gerichte und der an den Justiztagen beteiligten Organisationen und Verbände auf dem Programm. Der sportliche Höhepunkt der Justiztage ist ohne Zweifel das sensationelle Fußball-Match der Strafverteidiger gegen Staatsanwälte und Richter.

Am letzten Tag findet am Sievekingplatz ein Tag der offen Tür statt. Er soll vor allem Schulklassen aber auch interessierten Erwachsenen Gelegenheit geben, an Sitzungen teilzunehmen, die eingehend erläutert werden. Organisationen und Verbände werden sich mit eigenen Informationsständen präsentieren. Bürgerberatung soll stattfinden. Aber es gibt auch eine Versteigerung gespendeter Sachen durch den Kollegen Wille (RiLG), der hierfür bereits 1983 große Begabung gezeigt hat. Schon an dieser Stelle soll dazu aufgerufen werden, Bücher, Kleinmöbel, Bilder und anderes zu Wohltätigkeitszwecken Versteigerbares in Böden und Schränken aufzustöbern und für diese Versteigerung zu stiften. Ein "Spendenaufruf" wird noch gesondert folgen.

Den kulturellen Rahmen bilden ein Justizkabarett aus Bremen, das Hamburger Richtertheater ("Ein Held der westlichen Welt") und das Hamburger Juristenorchester mit dem Amtsgerichtspräsidenten am Cello.

Ein halbes Jahr vor Beginn steht das Programm noch nicht in Einzelheiten fest. Das bisher vorliegende Konzept sieht wie folgt aus:

 
DIENSTAG, den 19.5.1992:
Nachmittags 17 Uhr:

Eröffnung der Veranstaltung durch die Senatorin - zugleich Einweihung der renovierten Grundbuchhalle. Festrednerin: Lea Rosh.

Anschließend: Gelegenheit, die Ausstellungen anzusehen. Es gibt eine Imbißmöglichkeit in der Grundbuchhalle zum Überbrücken der Zeit bis zur Abendveranstaltung.

Abends 19.30 Uhr:

Kabarett-Abend mit dem Bremer Justizkabarett "Libretto fatale" in der Grundbuchhalle.

Mittwoch, den 20.5.1992:
A. Am Sievekingplatz ab 10 Uhr:

"Justiz im Übergang von der Diktatur zum Rechtsstaat" unter Beteiligung von Mitarbeitern aus Mecklenburg-Vorpommern

Weitere Gäste aus Polen, Ungarn, Russland, Griechenland und Spanien.
Bericht der auswärtigen Gäste über ihre Erfahrungen. Diskussion.

Erörtert werden soll die Situation der Justiz und ihres Personals im Umbruch zwischen Diktatur und rechtsstaatlicher Demokratie.Die Ausgestaltung der Arbeit innerhalb der Gruppe steht noch nicht fest. Jeder Gast sollte aber ausreichende Gelegenheit erhalten, die Entwicklung seines Landes darzustellen. Einladungen sind für die Fachöffentlichkeit und die Presse geplant.

Abends:

Hamburger Richtertheater: "Ein Held der westlichen Welt" - Ort und Zeit stehen noch nicht fest.

 
B. Arbeitsgerichtsbarkeit: Tag der offenen Tür
Donnerstag, den 21.5.1992
Seminare und Arbeitsgruppen zu folgenden Themen:

Die Schöffen in der Strafjustiz

Strafvollzug (Zelte im Innenhof des Ziviljustizgebäudes - Programm für 2 Tage)

Familienrecht: IBTUS, Gesellschaft zur Kommunikation und Fortbildung Hamburger Juristen und Familienrichter

Die Rechtsanwaltschaft, mit Ausstellung von Mittwoch bis Freitag

Der moderne Arbeitsplatz beim Notar

Der moderne Arbeitsplatz beim Gericht

Recht und Psychiatrie (Podiumsdiskussion)

Recht und Schule

Neue Hamburgische Justizgeschichte (ab 1933)

Mieter und Vermieter

Verkehrsunfälle und ihre Abwicklung

Gefährdete junge Menschen in Hamburg

Verbraucherschutz

Gewalt gegen Frauen

Nachmittags:
Fußballspiel Strafverteidiger gegen Staatsanwälte und Richter
Sportplatz Sternschanze, 16 Uhr
 
Abends 20 Uhr:
Hamburg Juristenorchester im Mozartsaal der Loge an der Moorweide
Freitag, den 22.5.1992
A. Am Sievekingplatz - Tag der offenen Tür -

Mittelpunkt der Veranstaltung: Ziviljustizgebäude, Anbau, Grundbuchhalle einschließlich einiger Sitzungssäle im Altbau, 1. Stock, Plenarsaal und Mittelflur.

1) Äußere Darstellung

Informationsstand am Eingang des Ziviljustizgebäudes - Hinweise von Veranstaltungen in den Gebäuden - Verteilung von Informationsmaterial - Begleiter für Gruppen.

Der Weg von Haupteingang zur Grundbuchhalle ist zu gestalten im Altbau, Mittelgang Erdgeschoß und Mittelgang 1. Stock durch Informationsstände, Pflanzen und Bildwerke.

2) Inhaltliches Angebot:

Organisation der Teilnahme an Sitzungen zu unterschiedlichen Verfahrensarten insbesondere Miete, Verkehr, Strafverfahren - Rollenspiele, insbesondere für Schüler mit Richtern, Staatsanwälten und Anwälten. Die Staatsanwaltschaft wird in Zusammenarbeit mit den Gerichten besonders ausgewählte und von den Prozeßbeteiligten auch aufbereitete Sitzungen anbieten, in denen die Besucher Erläuterungen erhalten und Fragen stellen können. Bürgerberatung durch Anwälte und Notare, evtl. auch Steuerberater.

Bürgersprechstunde der Staatsanwaltschaft

Besuche im OLG-Gebäude - Bücherei, Plenarsaal usw.

In der Grundbuchhalle Versteigerungen, Informationsstände der eingeladenen Verbände.

Abends zum Ausklang:
Justizfest mit Musik und Freibier in der Grundbuchhalle
mit Einlagen
B. Tag der offenen Tür am Sozialgericht

In allen Bereichen dieses Programms bedarf es Ihrer tätigen Mithilfe, damit die Justiztage ein rundherum gelungenes unalltägliches Spektakel werden, bei dem das Publikum sich ebenso wohl fühlt wie wir selbst. Nicht nur geeignete Sitzungen, die für Schulklassen und interessierte Bürger erläutert werden, sind zu finden. Informationen müssen erteilt, Kinder beaufsichtigt und Freibier soll angeboten werden. Dies hat 1983 allen Beteiligten und auch den 6000 Besuchern großen Spaß gemacht. Jeder Freiwillige ist für 1992 erwünscht und sollte die Bereitschaft ohne Zaudern auch bekunden - und zwar unter der Telefonnummer 2727 bei

Karin Wiedemann