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Die digitale Strafakte
Nachdem in den Bundesländern Brandenburg, Bremen und Hessen seit dem Jahr 2005 erste Erfahrungen bei der Digitalisierung von Strafakten in Großverfahren (Aktenumfang von 10.000 - 20.000 Seiten) gesammelt worden waren1, hat auch die Staatsanwaltschaft Hamburg im Jahr 2010 damit begonnen, im Rahmen des Pilotprojektes „Elektronische Hilfsakte“ in geeigneten Umfangverfahren den zuständigen Großen Strafkammern mit der Anklageerhebung Ermittlungsakten in digitalisierter Form zur Verfügung zu stellen (sog. elektronische Hilfsakte – eAkte). In einem IT-Leitfaden zur eAkte im Bereich der Staatsanwaltschaft und des Landgerichts Hamburg wurden für die Führung der Papierakte Standards festgelegt, die von Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht eingehalten werden sollten, um eine einheitliche Aktenführung auch in der eAkte zu ermöglichen. Soweit möglich sollen dabei u.a. folgende Regeln beachtet werden2:
· Ein Aktenband sollte maximal 250 Seiten (§ 3 Abs. 3 S. 2 AktO), ein breiter Stehordner maximal 350 Blatt umfassen.
· Ordnungsgemäße, chronologische Heftung.
· Entfernung von Büro- und Heftklammern (Ausnahme bei gesiegelten Heftungen).
· Entfernung von Notizzetteln und mechanischen Markierungen.
· Verwendung ausschließlich von Papier im DIN A4-Format.
· Die Foliierung erfolgt in der rechten oberen Ecke.
· Ein Beschreiben/Bedrucken von Rückseiten ist zu vermeiden.
Aber auch für solche Verfahrensakten, die seitens der Staatsanwaltschaft nicht in das Pilotprojekt einbezogen werden, besteht für die Strafkammern des Landgerichts die Möglichkeit, die Digitalisierung von Verfahrensakten für die eigene Arbeit zu nutzen. Die IUK-Abteilung des Landgerichts Hamburg hat im Strafjustizgebäude einen der vorhandenen scannfähigen Kopierer so eingerichtet, dass Dokumente eingescannt und als E-Mail an die eigene E-Mail-Adresse am Arbeitsplatz übermittelt werden können (nach Auskunft der IUK gibt es auch im Ziviljustizgebäude mehrere Kopierer, die von der IUK bei Bedarf zum Scannen freigeschaltet werden können). Eine einfache und leicht verständliche Arbeitsanleitung am Kopierer beschreibt, welche Arbeitsschritte hierbei vollzogen werden müssen. Da beim Scannen der Dokumente der Einzelblatteinzug genauso wie beim Kopieren genutzt wird, benötigt der Scannvorgang nicht allzu viel Zeit. Allerdings ist zu beachten, dass ein Einzeldokument max. 5 MB Datenspeicher belegen darf, um per E-Mail noch sendefähig zu sein. Je nach Auflösungsgenauigkeit, die zwischen 200 und 400 dpi vorgewählt werden kann, können daher nur zwischen 25 und 50 Seiten in einem Arbeitsschritt gescannt werden. Pro Stehordner von 350 Blatt werden gleichwohl nur ca. 10 bis 15 Minuten benötigt. Ein deutlich höherer Zeitaufwand ist allerdings – wie beim Anfertigen einer Kopieakte auch – erforderlich, wenn sich in den Vorlagen Büro- und Heftklammern oder Notizzettel und mechanische Markierungen befinden, da diese zuvor entfernt werden müssen. Auch beschriftete Rückseiten müssen zuvor kopiert und in das Scanngut einsortiert werden.
In einem zweiten Arbeitsschritt, der am PC erfolgt, sind dann je nach Bedarf die eingescannten und übersandten Aktenabschnitte zu bearbeiten. Die Rohfassung der gescannten Dokumente, die als pdf-Datei im Posteingangskorb von Outlook erscheinen und dann in den vorgesehenen Arbeitsordner kopiert werden müssen, sind nämlich ohne Aufarbeitung lediglich am Bildschirm als Leseversion vorhanden. Die Aktenabschnitte müssen daher mit einer OCR-Software bearbeitet werden, so dass die Datei suchfähig wird. Dies bedeutet, dass der gesamte in Druckbuchstaben vorhandene Text nach Stichworten, Zahlenfolgen und dergleichen durchsucht werden kann, wie ein Word-Dokument. Nach meinen Erfahrungen wird diese Suchfunktion nur dort beeinträchtigt, wo durch Unterstreichungen oder aber Überschneidungen mit handschriftlichen Eintragungen in der Akte ein eindeutiges Erkennen von Druckschrift durch die OCR-Software nicht möglich ist. Die Umwandlung erfolgt mit dem Programm Adobe Acrobat Professional in der aktuellen Version (z.Zt. Version 9). In Strafakten liefert diese Software erstaunlich gute Ergebnisse und verändert das optische Erscheinungsbild der Strafakte überhaupt nicht.
Um eine 1:1-Kopie der Papierakte in elektronischer Form zu erzeugen – auch dies ist mit Adobe Acrobat Professional möglich – werden die Einzeldokumente dann in größere Einheiten zusammengefasst. Zweckmäßig ist dabei, die Ordnernamen für die Dateiablage identisch zu den Bezeichnungen in der Papierakte zu verwenden (z.B. Leitakte_Band 1_Bl. 001 – 346). Dies ermöglicht ein rasches Auffinden gesuchter Dokumente. Neben der Möglichkeit, die eAkte zu durchsuchen, kann der Text markiert, kopiert und in jede andere Textanwendung eingefügt werden, was insbesondere bei der Terminsvorbereitung eine enorme Erleichterung darstellt. Ein weiterer Vorteil der digitalisierten Akte besteht darin, dass ein Transport an jeden gewünschten PC-Arbeitsplatz möglich ist. Dieses Verfahren kann problemlos auch für die den Verteidigern zu gewährende Akteneinsicht genutzt werden. Um Belangen des Datenschutzes Rechnung zu tragen, wird hierbei allerdings eine Verschlüsselungssoftware (z.B. „TrueCrypt“) eingesetzt. Der Verteidiger erhält auf einem Datenträger (CD oder DVD) die verschlüsselten Daten und muss per Post oder E-Mail bei der Geschäftsstelle gesondert ein Passwort für diese Daten anfordern.
Detlef Grigoleit
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[1] Vgl. dazu im Einzelnen im Gutachten der Großen Strafrechtskommission des Deutschen Richterbundes zum Thema „Die elektronische Akte im Strafverfahren“, S. 89 ff. und 97
[2] Vgl. „IT-Leitfaden zur eAkte im Bereich der Staatsanwaltschaft und des Landgerichts Hamburg“, Stand: 07.09. 2010, S. 3