(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 1/11, 22) < home RiV >
PC-Tip
Risiko eines Handyverlusts verringern
Was Handy’s ihren Eigentümern wert sind, hängt trivialer Weise von den individuellen Verhältnissen ab. Das reicht von „gar nichts“ bis „unersetzbar“; das reicht vom nur zum Telefonieren verwendeten Uralt-Handy bis zum Hightech-Handy mit mehreren Gigabyte gespeicherten sensiblen Daten und mit teurer Zusatz-Software, die allein schon ein Vielfaches des Gerätepreises ausmachen kann und deren Konfiguration das Ergebnis langer mühseliger Arbeit ist. Dementsprechend unterschiedlich hoch ist das Interesse des Eigentümers, ein verlorenes Handy wiederzuerlangen.
Das Einfachste ist natürlich, erst einmal das verlorene Handy anzurufen und mit dem Finder zu sprechen oder schon auf dem Handy einen hohen Finderlohn unter Angabe einer Kontaktmöglichkeit auszuloben. Doch wenn der Finder sich nicht meldet, Anrufe nicht annimmt oder die SIM-Karte ausgetauscht hat, sind aufwändigere Methoden erforderlich und möglich.
Der vorliegende Beitrag richtet sich an diejenigen Leser, die ein eher hohes Interesse an ihrem Handy haben. Ihnen sei ein Programm vorgestellt, das zwar den Handy-Verlust nicht vermeiden kann, aber helfen kann, das Handy wiederzubekommen und das in der Zwischenzeit der Gefahr eines Missbrauchs des Handys und seiner Daten vorbeugt.
Das hier vorgestellte deutschsprachige freeware-Programm „Remote Tracker“ (im Folgenden: RT) läuft unter dem Betriebssystem windowsmobile. Für andere Betriebssysteme gibt es ähnliche sog. Anti-Theft-Programme, z.B. „Theft Aware" für Symbian und Android (10 €) und „mobileme" für das iphone.
1. Was kann das Programm RT?
RT wird auf dem eigenen Handy installiert, solange man das Handy noch hat. Geht dieses Handy später verloren, dann kann man ihm von einem anderen Handy aus per SMS befehlen, bestimmte Aktionen auszuführen, ohne dass dies vom neuen Besitzer des verlorenen Handy`s zu bemerken ist; und wenn er es dennoch bemerkt, so hilft es ihm wenig, weil die Deinstallation des Programms passwortgeschützt ist.
Eine SMS kann man dem Handy natürlich nur schicken, wenn man zuvor die Mobilfunknummer des verlorenen Handy’s kennt, und die ändert sich, wenn der Finder die SIM-Karte austauscht. Deshalb schickt RT bei jedem SIM-Kartenwechsel automatisch eine SMS an eine zuvor von Ihnen bei der Installation festgelegte andere Mobilfunknummer (z.B. Zweithandy oder Ehepartner); bei Bestehen einer Internetverbindung des Handy’s kann RT seine Infos auch an Ihre email-Adresse schicken.
Mit solchen SMS schickt RT automatisch neben der neuen Mobilfunknummer zugleich auch den Standort des Handy’s und zwar zumindest die Funkzellennummer[1] (Cell-ID) und – wenn das Handy einen GPS-Sensor hat und sich gerade im Freien befindet – auch die GPS-Position. Damit ist der Standort zwar nur grob bestimmt (besonders bei den Funkzellen, die selbst im städtischen Bereich noch mehrere hundert Meter groß sind). Doch wenn Sie sich dem Handy über GPS bis auf wenige Meter genähert haben, können Sie per SMS auf dem Handy einen besonders lauten Schrill-Ton auslösen.
Ist das Handy gerade im Internet und kann es deshalb emails verschicken, so kann es auf Ihren entsprechenden SMS-Befehl hin Dateien an Sie verschicken, die in Google-Earth auf einer Landkarte die Route des Handy’s bzw. seines Besitzers für eine von Ihnen zuvor festgelegte Zeitdauer anzeigen.
Unter den Befehlen, die Sie per SMS schicken können, befinden sich darüber hinaus u.a. auch folgende Befehle:
· lösche alle SIM-Kontakte
· sende die aktuelle IP Adresse
· starte das Fernsteuerungsprogramm VNC
· starte ein bestimmtes anderes Programm
· sperre das Handy
· entsperre das Handy
· zeige auf dem Display eine bestimmte Nachricht an
Gerade mit dem Befehl, ein bestimmtes (auf dem Handy bereits vorhandenes) Programm zu starten, sind die individuellen Einsatzmöglichkeiten sehr groß[2].
2. Wie installiert man RT?
Laden Sie sich die Installationsdatei (eine sog. cab-Datei) und – wenn Sie’s nicht schon haben - die .Net-version-3.5 beim Hersteller runter unter http://remotetracker.sourceforge .net/download.html und speichern Sie die Dateien auf dem Handy. Dort installieren Sie beide Dateien. Während der Installation von RT befehlen Sie die Speicherung im Hauptspeicher (nicht etwa auf der Speicherkarte, deren Entfernen durch den Finder des verlorenen Handys zugleich das Entfernen des Programms bedeuten würde). Sodann finden Sie im Programmordner des Handys drei neue Programme:
- Config (nomen est omen)
- RTRemote (insbes. zum lokalen Ausprobieren)
- TopSecret (ein Placebo, das den Handyfinder nur zum Draufklicken verleiten soll, wodurch eine Mitteilung an Sie ausgelöst wird; diese Mitteilung ist ein bloß zusätzlicher Weg und stellt nicht den wichtigsten Teil von RT dar)
Davon brauchen Sie nur Config zu bearbeiten. Unter Menü/Options können Sie die deutsche Sprache einstellen. Aktivieren Sie dort auch TopSecret (s.o.). Lassen Sie das Häkchen bei „Schalte Bildschirm aus“ stehen. Noch einen Menüpunkt darunter setzen Sie ein Passwort. Im nächsten Punkt tragen Sie Ihre email-Daten ein. Zurück im Hauptmenü wählen Sie unter „Cell-ID“ die von Ihnen gewünschte Art der Geo-Daten. Den „versteckten Modus“ sollten Sie nicht aktivieren, sonst wird es mit dem Ändern der Konfiguration schwierig; ein Passwort haben Sie ja ohnehin gesetzt.
Wie die SMS-Befehle im Einzelnen lauten, finden Sie im Hilfe-Menü des Programms[3]. Von der Struktur her lauten die SMS-Befehle beispielsweise:
rt#elt#sie@abc.de#qY123
dabei ist
· rt die zwingend vorgegebene Einleitungssequenz,
· elt der Befehl zur Erstellung einer google-earth-route per GPS,
· sie@abc.de Ihre email-Adresse, an die die Route gesendet wird, und
· qY123 Ihr Passwort.
Weil all‘ dies über die Tastatur Ihres Zweithandys nur unbequem einzugeben ist oder weil Sie das Handy Ihres Ehepartners nur ungern zum Ausprobieren in Anspruch nehmen wollen, bietet es sich an, dies über den PC/Laptop zu erledigen. Doch wie versendet man vom PC aus eine SMS? Ganz einfach: Besorgen Sie sich einen Account z.B. bei sipgate.de. Überweisen[4] Sie z.B. 5 EUR an Ihren dort eingerichteten Account. Dafür können Sie eine Menge SMS schreiben, die bei Sipgate 7,9 Cent pro Stück kosten. Dann gehen Sie entweder mit dem Browser ins SMS-Menü bei Sipgate. Oder Sie laden Sie sich einen Sipgate-SMS-Client auf Ihren PC herunter[5]. Damit können Sie die SMS-Befehle recht bequem an Ihr Handy verschicken und ausprobieren.
3. Missbrauch
Natürlich kann man RT auch für unredliche Zwecke verwenden, die hier gar nicht erst näher erwähnt werden sollen und für die das Programm auch nicht hergestellt wurde. Welche zweckwidrige Verwendung strafbar sein könnte, springt jedem, der Derartiges beabsichtigt, sofort ins Auge, weil dafür über die bloße Benutzung des Programms hinaus krimineller Aufwand erforderlich ist, der bei unseren Vereinsmitgliedern sicherlich nicht zu erwarten ist.
4. Entgelt
Zwar kostet das Programm nichts. Der Programm-Autor bittet jedoch im Config-Menü um eine Spende. Die hat der Programm-Autor wirklich verdient gegenüber denjenigen, die sein Programm nutzen.
Wolfgang Hirth
[1] Normalerweise ist es schwierig, dieser Nummer Geo-Koordinaten zuzuordnen (unvollständige Listen z.B. bei www.senderliste.de; Hamburg ist nicht dabei). Google hat zwar eine sehr umfangreiche Datenbank von CellID’s, untersagt aber deren Abfrage durch fremde Apps. RT verfügt jedoch über eine Schnittstelle zu OpenCellID, einem weltweiten Projekt zum Sammeln und Zuordnen von Funkzellen. Dessen Datenbestand ist lückenhaft. Für Ihre eigene Umgebung können Sie beim Sammeln solcher Daten mitwirken durch Verwendung eines Zusatzprogramms: http://opencellclient.sourceforge.net
[2] Ein besonderer RT-Befehl gilt dem Einsatz von Mortscript-Befehlen. Auch diese waren bereits Thema der MHR gewesen: Hirth, MHR 3/2008, 25
[3] Zur besseren Lesbarkeit des Hilfemenütextes finden Sie diesen auch unter http://home.arcor.de/maxxie/german.html; dort auch weitere Beschreibungen.
[4] Andere Geldübersendungsarten als Überweisungen funktionieren zwar schneller, sind aber nur mit höheren Beträgen möglich.
[5] http://code.google.com/p/sipgatesmsclient/wiki/Deutsch. Auch dieser Programm-Autor bittet zu Recht um eine Spende.