(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 3/10, 27) < home RiV >

Zentrale IT und richterliche Unabhängigkeit

 

Obiges Thema war anlässlich der Ausgliederung großer Teile der Hamburger Justiz-EDV auf das schleswig-holsteinische Unternehmen Dataport bereits vor langer Zeit Gegenstand der MHR[1]; ebenso die IT-Lage der schleswig-holsteinischen Justiz[2]. Seither hat besonders der Präsident des VerfGH NRW, Michael Bertrams, immer wieder in diese Kerbe geschlagen[3]. Nunmehr gibt es auch ein Urteil des Hessischen DienstGH Frankfurt vom 22.04.2010[4] hierzu:

Die antragstellenden Richter hatten sich mit ihrem Feststellungsantrag dagegen gewandt, dass der Hessische Justizminister die Administration des EDV-Netzes der Hessischen Justiz, welches vom EDV-Netz der allgemeinen Landesverwaltung technisch getrennt war, der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung, einem dem Finanzministerium unterstehenden Landesbetrieb, überließ. Der DienstGH gab den Anträgen zum Teil statt und führte in den Gründen aus, was die Datenzentrale alles nicht darf:

„(1) Auf richterliche Dokumente (Protokolle. Ladungen, Voten, Hinweise, Entwürfe usw.) dürfen Mitarbeiter der HZD inhaltlich nur Zugriff nehmen, wenn dies für das EDV-Netz betriebsnotwendig ist (sog. ‚unerlässliche Zugriffe‘, etwa Reparaturen, Neuinstallationen usw.). Ein deswegen erfolgter Zugriff ist dem Ministerium der Justiz und von diesem dem betroffenen Richter mitzuteilen.

(2) Richterliche Dokumente dürfen von der HZD weder an das Ministerium der Justiz oder an das Finanzministerium als Dienstaufsichtsbehörde noch an sonstige Dritte weitergegeben werden (vgl. …).

(3) In gleicher Weise ist eine Speicherung oder Weitergabe von Metadaten über richterliche Dokumente (Zeit ihrer Erstellung, Autor usw.) nicht zulässig. Die Weitergabe von äußeren Daten über die Internetnutzung nach §§ 3, 4 Dienstanweisung Internet-Zugang bleibt davon unberührt.

(4) Ausnahmen von (2) und (3) können bei einem konkreten Verdacht des Missbrauchs des Netzes zu dienstfremden Zwecken zugelassen werden.

(5) Es sind berechtigte Inhaber des Masterpassworts zu bestimmen und die Bedingungen einer etwaigen Weitergabe festzulegen. Im Fall einer unbefugten Weitergabe ist eine Information der Richterschaft oder der örtlichen Administratoren sowie ein Verfahren zur Änderung des Masterpassworts vorzusehen.

(6) Die Einhaltung der vorstehenden Regelungen durch die Administratoren des EDV-Netzes ist durch eine regelmäßige Geschäftsprüfung durch den Minister der Justiz unter gleichberechtigter Mitwirkung von gewählten Vertretern der Richterschaft zu überwachen. Dieser Kommission ist uneingeschränktes Auskunfts- und Einsichtsrecht zu gewähren.“

Wolfgang Hirth


 

---------------

nachträgliche Anm.: vgl. auch Ronellenfitsch, DuD 2005, 354