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Rechtsschutz bei überlanger Verfahrensdauer

 

Am 18. August 2010 hat die Bundesregierung den Kabinettsentwurf über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren verabschiedet. Die vom Deutschen Richterbund in seiner Stellungnahme Nr. 23/10 zum Referentenentwurf geäußerten Bedenken sind in wesentlichen Punkten berücksichtigt worden (vgl. dazu auch den Beitrag von Dr. Bernhard Joachim Scholz, Mitglied des Präsidiums, in der Deutschen Richterzeitung, Heft 06/2010, Seite 182 ff.; ebenso Aktuell 05/10).

So ist unter anderem die ursprünglich geplante Veröffentlichung bestimmter Gerichte oder gar Spruchkörper im Bundesanzeiger zurückgenommen worden. Der Deutsche Richterbund hatte die Veröffentlichung als höchst problematische Prangerwirkung beanstandet, die den Prozessparteien keinerlei Nutzen bringen würde. Ebenso wurde der Gedanke der Allzuständigkeit des Oberlandesgerichts für die Entschädigungsverfahren aufgegeben. Nunmehr ist die Zuständigkeit der jeweiligen Fachgerichtsbarkeit auch für das Entschädigungsverfahren vorgesehen. Ferner ist die Einbeziehung verwaltungsrechtlicher Vorverfahren in das Entschädigungsverfahren aufgegeben worden.

Der Deutsche Richterbund hat das durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 08.06.2006 - 75529/01 - notwendig gewordene Gesetzesvorhaben von Beginn an konstruktiv begleitet. Er hat in diesem Zusammenhang immer wieder darauf hingewiesen, dass der Referenten- bzw. Regierungsentwurf zu Recht dort ansetze, wo die Verantwortlichkeit für überlange Verfahren in Deutschland liegt – ganz überwiegend nicht bei den seit vielen Jahren die Überlast der Verfahren tragenden Richtern und Staatsanwälten, sondern bei den im Regelfall für die Sach- und Personalausstattung der Gerichte und Staatsanwaltschaften zuständigen Ländern.
Darüber hinaus ist festzustellen, dass die deutsche Justiz zuverlässig arbeitet und effektiven Rechtsschutz in aller Regel auch in angemessener Zeit gewährt. Dies mag das hohe Vertrauen der Deutschen in die Justiz erklären. Die zuletzt veröffentlichte Internationale GFK-Studie zum Vertrauen der Bürger in verschiedene Berufsgruppen und Organisationen belegt, dass vor allem Richter an Reputation gewonnen haben. Ihnen vertrauen 83 Prozent der Bevölkerung (im Vorjahr 79 Prozent). Damit befindet sich die Justiz in der Spitzengruppe der dort untersuchten Berufsgruppen.
 

DRB-Newsletter vom 01.09.2010