(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 4/09, 11) < home RiV >

 

Zum Thema „Richterassistenz“ passt auch der folgende Beitrag einer japanischen Kollegin, die für ein Jahr vom Obersten Gerichtshof Japans nach Deutschland abgeordnet wurde. Frau Tokuda ist dem Titel nach Rechtspflegerin und war zuletzt beim Landgericht Takamatsu tätig. Den folgenden Beitrag, der sprachlich nur geringfügig geglättet wurde, hat sie nach nur vier Monaten Deutsch-Intensivkurs verfasst. Im Rahmen der erforderlichen Genehmigung des Beitrags durch den Obersten Gerichtshof Japans sind noch einige – wichtige - Änderungen vorgenommen worden. Die ursprüngliche Fassung, wonach der Richter „im Prinzip“ das Urteil schreibt, zahlreiche Entscheidungen (u.a. auch über die Fortdauer der Untersuchungshaft) aber vom Rechtspfleger vorbereitet werden, ist nicht genehmigt worden. Auch die Bemerkung, dass Rechtspfleger alle drei Jahre versetzt werden, fand nicht die Billigung des Gerichtshofs.

 

Niels Focken

 

 

Die Rechtspflegerin als Richterassistentin in Japan

 

    1.   1.  Ausbildung für Rechtspfleger

Nachdem man zum Gerichtsbeamten ernannt wurde, muss man eine schriftliche und mündliche Prüfung machen, um am Ausbildungs- und Fortbildungsinstitut zu lernen. Wenn man an der Uni schon Jura studiert hat oder promoviert hat, lernt man etwa ein Jahr. Die anderen lernen etwa zwei Jahre. Alle diejenigen, die das Rechtspflegerstudium absolviert haben, werden zum Rechtspfleger ernannt.

 

    2. Die Arbeit des Rechtspflegers

Der Rechtspfleger spielt eine Rolle als der Urkundsbeamte und der Court Manager. Das heißt, nicht nur schreiben wir Protokoll, sondern wir bereiten initiativ die Verhandlung vor. Zum Beispiel sammeln wir einige wichtige Informationen von den Parteien und managen die Verhandlung, um eine angemessene und zügige Verhandlung führen zu können. Von uns wird gefordert, mit dem Richter als eine Mannschaft zusammenzuarbeiten.

 

    3. Zivilkammer

Wenn eine Klageschrift dem Gericht eingereicht wurde, überprüfen wir nicht nur die Zuständigkeit und den Streitwert, sondern auch den Inhalt der Klageschrift. Je nach den Umständen fordern wir von dem Kläger oder seinem Bevollmächtigten eine Korrektur. Danach vereinbaren wir den Termin, bereiten die Terminsverfügung des Richters vor und schicken dem Beklagten die Klageschrift, die Ladung und so weiter. In der Zivilprozessordnung ist vorgeschrieben, dass der Rechtspfleger bei der Verhandlung anwesend sein muss.

Nach jeder Verhandlung schreiben wir Protokoll und ordnen die Akten, um zu beweisen, was während der Verhandlung geschehen ist. Das bedeutet der Urkundsbeamte. Zwischen den Terminen schicken wir den Parteien die vorbereitenden Schriftsätze, die Urkunden und die Ladung. Außerdem nehmen wir mit den Parteien Kontakt auf, wenn es nötig ist.

In der Beweisaufnahme schreiben wir den Inhalt der Zeugenvernehmung und der Parteivernehmung als Vernehmungsprotokoll. Zwar schreibt der Richter das Urteil. Aber nachdem der Richter das Urteil entworfen hat, überprüfen wir es sowohl auf Schreibfehler als auch anhand der Akten, ob die wichtigen Behauptungen der Parteien überprüft wurden und ob die Beweise bei der Anerkennung des Tatbestandes richtig benutzt wurden.

Wir schreiben selbst das Anerkenntnisurteil, das Verzichtsurteil und das vollstreckbare Vergleichsprotokoll usw. Diese Urteile werden namens des Rechtspflegers, der zuständig ist, geschrieben.

 

4.     4. Strafkammer

Wenn die Anklageschrift dem Gericht eingereicht wurde, schicken wir sie dem Angeklagten. Danach bereiten wir das Verfahren vor, z.B. durch Terminierung und Ernennung eines Rechtsanwalts zum Pflichtverteidiger. In der Strafprozessordnung ist auch vorgeschrieben, dass der Rechtspfleger beim Verfahren anwesend sein muss. Nach jedem Verfahren schreiben wir Protokoll und ordnen die Akten. Zwischen den Terminen nehmen wir mit dem Verteidiger und dem Staatsanwalt Kontakt auf, wenn es nötig ist. In der Beweisaufnahme schreiben wir den Inhalt der Zeugenvernehmung und der Angeklagtenvernehmung als Vernehmungsprotokoll.

 

Nachdem der Richter das Urteil entworfen hat, überprüfen wir es nicht nur auf Schreibfehler, sondern auch anhand der Akte, ob es bei der Anwendung des Gesetzes und der Paragraphen keinen Fehler gibt und so weiter. Wenn der Angeklagte nicht Berufung eingelegt hat und in 14 Tagen nach der Urteilsverkündung die Zustellung der Urteilsabschrift nicht beantragt hat, schreiben wir ein summarisches Urteil, in dem der Urteilstenor, die Zusammenfassung des Tatbestands, den der Angeklagte begangen hat, und die angewendeten Gesetze und Paragraphen genannt werden. Obwohl wir dieses Urteil schreiben, wird es unterschrieben im Namen des Rechtspflegers und des Richters.

 

  5. Zum Abschluss

Wie oben gesagt, hat der Rechtspfleger eine große Zuständigkeit und er spielt eine große Rolle. Deshalb werden wir gefordert, nicht nur ein gutes Vertrauensverhältnis mit dem Richter zu bilden, sondern auch umfassende Kenntnisse zu haben.

 

徳田聡美 (Satomi Tokuda)