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Treffen des
Vorstands
mit Justizsenator Dr. Steffen
Am 27.08.2008 empfing der nach inzwischen mehr als 100 Tagen Amtsführung nicht mehr ganz so neue, aber immer noch junge Justizsenator der Freien und Hansestadt Hamburg, Herr Dr. Till Steffen, den Vorstand des Hamburgischen Richtervereins zu einem Gespräch in der Justizbehörde. Neben dem Präses der Justizbehörde und dem mit 14 Personen vertretenen Vorstand nahmen auch Herr Senatsdirektor Siewert, Leiter des Justizverwaltungsamtes, und Herr Fürter, der Pressesprecher der Justizbehörde, teil.
Nach einigen einführenden Worten wurden in freundlicher und konstruktiver Atmosphäre die Themen angesprochen, die dem Vorstand – nicht zuletzt aufgrund von Rückmeldungen aus der Mitgliedschaft und aus dem Kollegenkreis – am dringendsten am Herzen lagen.
Besoldung
Vorrangig wurde natürlich die Besoldung erwähnt und auch der Unmut, der sich in den letzten Jahren über dieses Thema angesammelt hat. Dies kann den Senator auch nicht überrascht haben, da bereits auf der zurückliegenden Podiumsdiskussion zur Rechtspolitik der Parteien unter anderem deutlich zur Sprache kam, dass sich die Richterschaft und die Staatsanwälte von der Politik und dem damaligen Senat im Stich gelassen fühlten – um nicht stärkere Worte zu gebrauchen.
Herr Schaberg stellte hier nochmals die wesentlichen Positionen des Hamburgischen Richtervereins dar:
- Die Besoldung der Richter und Staatsanwälte muss von der Beamtenbesoldung getrennt bleiben.
- Bei der Übertragung von Tarifabschlüssen des öffentlichen Dienstes auf die Besoldung der Richter und Staatsanwälte soll der Hamburgische Richterverein – ebenso wie der Beamtenbund und ver.di im Bereich der Tarifabschlüsse – als Spitzenorganisation an den Verhandlungen beteiligt werden.
- Schließlich muss das Auseinanderdriften der Gehälter der Richter und Staatsanwälte auf der einen Seite, der Juristen in vergleichbaren Positionen in Anwaltschaft und Privatwirtschaft auf der anderen Seite beendet werden; nunmehr liegt mit der Studie der Kienbaum Unternehmensberatung (vgl. Teetzmann, DRiZ 2008, 190 ff.) auch ein objektiver Beleg für diese Schere in der Einkommensentwicklung vor. Für die Gehaltsentwicklung der nächsten zwei Jahre stellt sich nach Äußerungen aus der Mitgliederschaft der Richterverein eine Gehaltssteigerung von 6 bis 7% vor. Dies entspricht in etwa der Entwicklung im Bund.
Der Senator machte deutlich, dass ihm die Unzufriedenheit über die Besoldung bewusst sei. Er sehe auch, dass die Justiz bei der Entscheidung qualifizierter junger Juristen zwischen einer Tätigkeit für die Justiz und für eine Anwaltskanzlei konkurrenzfähig bleiben müsse.
Der Vorstand erachtet es für systemwidrig, dass das zugesagte und dann zurückgehaltene eine Prozent Gehaltssteigerung zur Finanzierung einer Leistungsbesoldung als Einmalzahlung ausgekehrt werden solle. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass dieses eine Prozent dann bei der nächsten Gehaltsrunde in Vergessenheit gerät.
Zu diesem Thema merkte der Senator an, dass er als sehr unerquicklich erachtet habe, dass dieser Betrag zunächst nicht ausgezahlt worden sei, er halte es allerdings für sehr gut vertretbar, dass es an Richter nicht ausgezahlt werde, solange auch an Beamte keine Zahlung erfolgt sei. Herr Schaberg wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Dritte Gewalt endlich in Gehaltsfragen von der Exekutive abgekoppelt werden müsse. Der Senator sieht wie der Richterverein keine große Wahrscheinlichkeit, dass 2009 die leistungsorientierte Besoldung für Beamte durchgesetzt werden könne; bei den Richtern sehe er aus verfassungsrechtlicher Sicht ohnehin keine Möglichkeit hierfür. Hamburg liege im Übrigen bei der Besoldung, bundesweit betrachtet, in der Spitzengruppe, was natürlich auch der besonderen Lage in einem Stadtstaat geschuldet sei; er sehe dies auch nicht als Missstand.
Herr Dr. Steffen hielt sich zum Thema der konkreten Besoldungssteigerung sehr bedeckt, was offensichtlich der Tatsache geschuldet ist, dass er diesen Punkt nicht alleine wird verhandeln können. Es entstand der Eindruck, dass er seine persönliche Meinung nicht preisgeben wollte, um als potentieller Verhandlungspartner nicht vorzeitig Positionen des Senats bekannt zu geben.
Dienstrechtsreform
Zur Reform des Dienstrechts wies der Senator auf den bestehenden Handlungsbedarf in Hamburg hin. Das Landesrecht müsse dem veränderten Bundesrecht angepasst werden, was im Verbund der norddeutschen Länder momentan ausgiebig diskutiert werde. Hierzu übergab Herr Dr. Steffen dem Vorstand ein Papier des Personalamtes über die „Eckpunkte einer Dienstrechtsreform in Hamburg“, das auch bereits dem DBB und DGB bekannt ist. Zum Thema der Besoldungsordnungen ist hierin recht kryptisch ausgeführt: „Umstellung auf 8 Stufen und Erfahrungszeiten (b. BesO R nur bei R 1 u. R 2)“; es sei laut Herrn Dr. Steffen nicht geplant, die R-Besoldung aufzuheben. Gemäß dem Eckpunktepapier sollen die Erfahrungsstufen weiter einen stärkeren prozentualen Gehaltsanstieg in den ersten Erfahrungsstufen und eine Erhöhung des Betrages in der Eingangsstufe beinhalten. Eine Erfahrungsstufe soll es auch nach dem 50. Lebensjahr geben.
Laut Aussage des Senators
hatte das Personalamt bei der Dienstrechtsreform die Richter zunächst nicht im
Blick; der Richterverein solle zukünftig aber an der Dienstrechtsreform
beteiligt werden. Hier wies Herr Schaberg darauf hin, dass dies in anderen
Bundesländern, etwa Schleswig-Holstein, gang und gäbe sei; zudem sei es unter
Demokratiegesichtspunkten und aus praktischen Erwägungen, nämlich wegen der
beizusteuernden Erfahrungen, unerlässlich, die Beschäftigten vorab zu
beteiligen. Der Richtverein biete jedenfalls Sachverstand und Mitarbeit an und
werde – hierum bat Herr
Dr. Steffen ausdrücklich – kurzfristig eine Stellungnahme zu den „Eckpunkten“
erarbeiten.
Beurteilungsrichtlinien
Zum Beurteilungswesen gehen auch im Vorstand des Richtervereins die Meinungen auseinander. Während teilweise auf die unbefriedigende Situation hingewiesen wird, dass es bei den bisherigen „Prosa“-Beurteilungen im Ergebnis auf die letzten zwei Zeilen ankomme, wird andererseits auch ein System von anzukreuzenden Kästchen nicht als glücklich bzw. ausreichend erachtet. Das gelte auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass nach dem jetzigen Beurteilungswesen für Staatsanwälte jedes Beurteilungskriterium neben der vorgegebenen und anzukreuzenden Bewertung auch mit einer kurzen Textbeurteilung zu begründen ist.
In den ersten zwei Jahren sei entscheidend, so Herr Schaberg, dass sich aus dem Zeugnis ergeben müsse, ob der Assessor fachlich und persönlich für das Richter- beziehungsweise Staatsanwaltsamt geeignet sei. Bisher sei dies den meisten Zeugnissen nicht hinreichend differenziert zu entnehmen.
Jedenfalls sollten bei einer Neuordnung des Beurteilungswesens frühzeitig die Richterräte beteiligt werden; u.a. hieran sei schließlich auch eine frühere Reform gescheitert.
Insbesondere die Assessorenvertreter wiesen darauf hin, dass die „Kästchenbeurteilung“ bei der Staatsanwaltschaft bei abgeordneten Richter für Irritationen sorge, weil nach der Beurteilungspraxis auch ein – untechnisch gesprochen – guter Richter bzw. Staatsanwalt dennoch nur eine „mittlere“ Note erhalte. Hier habe es Fälle gegeben, in denen überdurchschnittliche Beurteilungen von der Behördenleitung deswegen zurückgewiesen wurden, weil nur eine bestimmte Quote solch herausragende Beurteilungen erhalten dürften.
Der Senator ließ grundsätzliche Zustimmung zu dem neueren Beurteilungssystem erkennen, da die Aussagekraft höher sei. Er verkenne aber nicht, dass dies ein Systemwechsel sei.
Selbstverwaltung
Unter zunehmendem Zeitdruck wurde dann noch kurz auf die geplante Verwirklichung der Selbstverwaltung der Justiz eingegangen. Der Vorstand ließ erneut seine Unterstützung des Senators in diesem Punkt erkennen. Eine Veranstaltung des Deutschen Richterbundes hierzu findet demnächst unter Beteiligung von Dr. Steffen in Frankfurt am Main statt und soll dann auf einer Tagung im Frühjahr/Sommer 2009 in Hamburg aufgegriffen werden.
Fortbildung
Die Fortbildungsangebote der Gerichte und der Justizbehörde werden vom Richterverein positiv gesehen. Angesprochen wurde aber die – fehlende – Reisekostenerstattung, die in fast allen Bundesländern außer Hamburg gezahlt wird.
Angesichts des begrenzten finanziellen Spielraums werde nach Dr. Steffen an Stelle der Reisekostenerstattung über eine Ausweitung des Fortbildungsangebotes nachgedacht. Hierzu regte Herr Schaberg an, dass es einen Kompromiss in der Form geben könne, dass wenigstens die Assessoren die Reisekosten erstattet erhielten. Eher scherzhaft meinte der Senator, bei ihm in der Behörde heiße es, dass die Richter angesichts der finanzierten Vollverpflegung bei Fortbildungen sogar noch sparten.
Leider warteten nach einer Stunde bereits die nächsten Besucher auf Dr. Steffen, so dass das Gespräch beendet werden musste. Sicher wäre zu wünschen gewesen, ein wenig mehr Zeit für die Diskussion der Themen zur Verfügung gehabt zu haben. Andererseits spricht der Zeitdruck, unter dem das Gespräch beendet wurde auch dafür, dass sich der Senator den Themen mit Interesse widmete und bereits war, nicht nur oberflächliche Statements abzugeben.
Fazit
In seinen einführenden Worten gab Herr Schaberg seiner Freude darüber Ausdruck, dass in der Justizbehörde wieder mehr Interesse an den Belangen der Justiz herrsche. Der Senator hat nach Eindruck des Verfassers dieser Zeilen tatsächlich echtes Interesse für die Belange der Justiz und ihrer Beschäftigten, was – dies dürfte allen Lesern bekannt sein, ist aber dennoch seltsam zu sagen – unter seinen Amtsvorgängern nicht immer der Fall war.
Konkrete Ergebnisse und Zusagen gab es andererseits – mit Ausnahme der Beibehaltung der R-Besoldung – nicht. Dies hatte der Vorstand allerdings auch nicht erwartet; in den wesentlichen Fragen etwa der Besoldung und der Dienstrechtsreform herrscht nämlich auf beiden Seiten noch Bedarf an interner und externer Abstimmung.
Ob und in welchem Umfange Senat und Senator auf die wesentlichen Forderungen des Richtervereins zur Gehaltsentwicklung einzugehen bereit sind, wird die nähere Zukunft zeigen. Hier wird sich auch erweisen, welchen Stellenwert der Senator, die Justizbehörde und die Justizpolitik im Senat haben.
Karsten Loos