(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 1/08, 29 ) < home RiV >

BGH-Richter in Hamburg

 

Zunächst vielleicht etwas überraschend konnte der Richterverein mit Unterstüt­zung der Justizbehörde in kurzer Abfolge eine weitere, außerordentlich hochkarätig besetzte Fortbildungsveranstaltung für Straf- und Steuerstrafrechtler organisieren. Nachdem Ende Oktober 2006 bereits der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs fast vollständig zur schon traditionellen „Richterbelehrung“ in Hamburg erschienen war (vgl. dazu den Bericht von Marc Wenske, MHR 4/2007, S. 34), referierten am 28.01.2008 Generalbundesanwältin Prof. Monika Harms und OStA beim BGH Dr. Hartmut Schneider über „aktuelle Fragen des Strafverfahrensrechts aus Sicht der Bundesanwaltschaft“.

Frau Harms stellte gleich zu Beginn klar, dass diese sehr gut besuchte Veranstaltung als Ergänzung zu den vor allem aus dem Blickwinkel revisionsrechtlicher Überprüfung erfolgten Ausführungen des 5. Strafsenats zu sehen sei.

Entsprechend beschäftigte sich der außerordentlich spannende und rechtlich wie rhetorisch beeindruckende Vortrag von Herrn Schneider vor allem mit dem Ermittlungsverfahren und dem Strafprozess aus Sicht der Staatsanwaltschaft.

Die sich anschließende, von Frau Harms souverän moderierte und muntere Diskussion gab Raum für individuelle Nachfragen und die Erörterung von aktuellen Schwierigkeiten der Praxis an der Front der Strafrechtspflege. Im Mittelpunkt standen Themen wie die Anforderungen an die Eilanordnungskompetenz der StA bei Zwangsmaßnahmen im Ermittlungsverfahren, die Behandlung der durch den Verteidiger abgegebenen schriftlichen Einlassung im Strafverfahren, das Beweisantragsrecht und die Prozessverschleppung sowie der Einsatz von V-Personen und verdeckten Ermittlern.

 

Am Folgetag ging es dann in vertraulicher Atmosphäre – im Rahmen eines steuerstrafrechtlichen Kolloquiums unter Beteiligung auch von Vertretern der Finanzverwaltung – ans materielle Steuerrecht und seiner Verzahnung mit dem Strafprozess und dem materiellen Strafrecht.

Im steten Wechsel führten RiBGH Prof. Dr. Markus Jäger und Frau Harms durch die filigranen Verästelungen des Zoll- und Steuerstrafrechts und erläuterten dabei anschaulich und spannend die Strukturen, die die Rechtsprechung des dafür allein zuständigen 5. Strafsenats des BGH dieser schwer verdaulichen, für die Strafrechtspflege aber außerordentlich wichtigen Materie verliehen hat.

Herr Jäger zeigte dabei auch perspektivisch auf, welche Bereiche zukünftig einer vertiefenden dogmatischen Unterfütterung zugeführt werden sollten.

In diesem Zusammenhang ermunterten beide Referenten das Plenum, dem Bundesgerichtshof ausreichend Fallmaterial zuzuführen und nicht alle schwierigen Steuerrechtsfragen „wegzudealen“.

Daneben appellierte Frau Harms an die Strafrechtspraxis, die Einflüsse des europäischen Rechts auch auf das Straf- und Strafverfahrensrecht stets im Blick zu behalten und demonstrierte aus der Fallpraxis des Bundesgerichtshof wie vor allem das nationale Steuer- und Zollstrafrecht als Blankettstrafrecht schon heute durch EU-Recht überwölbt und durchdrungen wird.

Es bleibt zu hoffen, dass diese außerordentlich Gewinn bringende Veranstaltung den Beginn einer regelmäßigen „Tatserie“ markiert.

 

Malte Merz