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Stolpersteine vor dem Hamburger Ziviljustizgebäude

 Aktion Stolpersteine

Wer mit offenen Augen durch Hamburg geht, kann sie nicht übersehen. Die Stolpersteine des Kölner Künstlers Günter Demnig sind nicht nur im Grindelviertel unübersehbar. Nach dem Motto „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist!“ erinnern die schlichten Steine mit dem Namen, dem Geburtstag und dem Tag der Ermordung durch die NS-Täter, daran, dass der Namensträger in dem Haus wohnte, vor dem der Stein verlegt worden ist. Günter Demnig hat bisher etwa 13.000 Steine in über 300 Orten verlegt. Mit diesen Steinen wird tagtäglich an die Opfer der NS-Herrschaft erinnert.

Dem Kampf gegen das Vergessen fühlt sich der Hamburgische Richterverein seit Jahren verpflichtet. 50 Jahre nach der Machtergreifung stellte sich der Richterverein seiner eigenen Verantwortung. Am 14.09.1983 fand in der Evangelischen Akademie Hamburg eine Podiumsdiskussion statt zum Thema: „Schicksaale jüdischer Juristen in Hamburg im Dritten Reich“, nachdem im Rahmen der ersten „Hamburger Justiztage“ im Juni 1983 bereits  eine Dokumentation auf die „Justiz als Instrument staatlicher Macht“ aufmerksam gemacht hatte.

Es folgten Lesungen zum Thema: Am 25.01.1995 las Rolf Hochhuth aus dem Buch „Juristen“. 1989 trugen Ralph Giordano aus dem Text „Zweite Schuld“ vor. 2002 las Eva Menasse aus dem Buch „Der Holocaust vor Gericht“ und 2003 Ingeborg Hecht „Als unsichtbare Mauern wuchsen“, ein Buch zum Leiden einer deutschen Familie unter den Nürnberger Rassegesetzen. Im selben Jahr stellte Heiko Morisse sein Buch „Jüdische Rechtsanwälte in Hamburg“ vor. Begleitet wurden diese Lesungen durch Podiumsveranstaltungen und Vorträgen. Am 18.1.1988 sprach Prof. Ingo Müller zum Thema „Furchtbare Juristen“ und 1999 stellte Egon Monk „Versuch über Ossietzky und seine Zeit“ vor.

Mit Filmvorführungen und anderen Veranstaltungen wies der Hamburgische Richterverein, teils in Zusammenarbeit mit anderen Veranstaltern, auf die Verantwortung für die Handlungen im Dritten Reich hin. 1985 wurden der Film „Der Prozess“ zum Majdanek-Verfahren in Düsseldorf und der Film „Von Richtern und anderen Sympathisanten“ gezeigt. Im Rahmen der Zweiten Hamburger Justiztage wurde 1992 auf den „Strafvollzug in Hamburg 1933 -1945“ ebenso eingegangen wie auf die Taten Curt Rosenbergers, des „Justizchefs“ in Hamburg während der NS-Zeit.

Im März 1989 wurde auf Initiative des Hamburgischen Richtervereins die Arbeitsgruppe „Mahnmal für die Opfer der Nazi-Justiz am Sievekingplatz“ gegründet. Am 01.10.1997 wurde das Mahnmal für die Opfer nationalsozialistischer Justiz vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht durch Senator Hoffmann-Riem übergeben. Das Mahnmal mag umstritten sein. Seine Existenz ist aber auf die Initiative der Richter und Staatsanwälte zurückzuführen.

Es war nur konsequent, im Dezember 2005 zu Spenden für die Verlegung von Stolpersteinen aufzurufen. Die Hamburger Richter und Staatsanwälte können auf das Ergebnis stolz sein. Es wurden ca. 4.000 € gespendet. Am 02.08.2006 wurden vor dem Ziviljustizgebäude zehn Steine zum Gedenken an ermordete Richter und Staatsanwälte verlegt. Da der Hamburgische Anwaltverein sich der Spendenaktion mit 2.000 € angeschlossen hat, war es möglich, auch Stolpersteine für Rechtsanwälte sowie für Familienangehörige der Juristen vor den ehemaligen Wohnhäusern in Hamburg zu verlegen.

Der letzte Gedenkstein dieser Aktion wird am 29.5.2008 verlegt. Am

29.5.2008 um 18.00 Uhr

wird in der Grundbuchhalle eine Abschlussveranstaltung „Stolpersteine“ stattfinden. In Verbindung mit einer Fotoausstellung werden Günter Demnig sowie voraussichtlich Dr. Morisse und Rechtsanwalt Ajzensztejn über das Projekt und das Leben jüdischer Juristen damals und heute einen Vortrag halten. Merken Sie den Termin vor!

Gerhard Schaberg