(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 2/07, 12) < home RiV >

Selbstverwaltung der Justiz

 

Europaweit ist die Selbstverwaltung der Justiz weit fortgeschritten. Es ist hier nicht der Platz, die Ausprägungen der Selbstverwaltung in den einzelnen Ländern darzustellen. Mit Ausnahme von Österreich, der Tschechei und Deutschlands gewähren aber alle übrigen Staaten ihrer Justiz Eigenständigkeit und Autonomie, wenn auch in unterschiedlichem Maße.

 

Auch in Deutschland ist die Selbstverwaltung der Justiz kein Fremdwort. Dem Bundesverfassungsgericht steht, abgeleitet aus § 1 Abs. 1 BVerfGG, als Verfassungsorgan unter anderem das Recht zu, einen eigenen Haushalt aufzustellen und über das nichtrichterliche Personal zu befinden. Davon abgesehen sind aber die übrigen Gerichte und die Staatsanwaltschaften den Justizministerien unterstellt, nicht autonom und unterliegen vielfältigen Abhängigkeiten. Personal- wie Haushaltsentscheidungen können nicht eigenverantwortlich allein nach den Bedürfnissen der Justizorgane getroffen werden. Selbst guter Wille bei den Justizministern unterstellt, spielen aus Sicht der Justiz sachfremde Erwägungen oftmals bei den zu treffenden Entscheidungen eine vorrangige Rolle. Ob parteipolitische oder fiskalische Gründe genannt werden, die Politik betrachtet die Justiz und ihre Angehörigen überwiegend als das, was der in der Freien und Hansestadt Bremen zuständige Staatsrat einmal in die Worte fasste: „… meine leitenden Angestellten ...“ Um derartigen Auswüchsen endgültig zu begegnen, bedarf es dringend der Einführung einer Selbstverwaltung der Justiz auch in Deutschland. Nur dann kann es der Justiz gelingen, die ihr nach dem Grundgesetz zukommende Stellung im aus der Gewaltenteilung folgenden Rechtsstaat zu erlangen.

Der Deutsche Richterbund hat deshalb nach langer Diskussion beschlossen, einen Gesetzesentwurf für eine Selbstverwaltung der Justiz zu erarbeiten, weil ausgehend von einer demokratischen Legitimation der Selbstverwaltung nur so die Gewaltenteilung und die Trennung der Gewalten in der Demokratie optimal zu gestalten sind.

Ausgangspunkt der Arbeit an dem Gesetzesentwurf ist das so genannte „Zwei-Säulen-Modell“.

 

Justizwahlausschuss

 

Dieser im Bund und den einzelnen Ländern zu bildende Ausschuss gewährleistet die verfassungsrechtliche Legitimation des Modells der Selbstverwaltung. Er setzt sich zur Hälfte zusammen aus direkt gewählten Richtern und Staatsanwälten und zur anderen Hälfte aus vom Parlament gewählten Abgeordneten, wobei sich die Sitzverteilung der Parteien im Justizwahlausschuss widerspiegeln wird. Vorsitzender des Justizwahlausschusses soll der jeweilige Parlamentspräsident sein, der bei einer angesichts der Zusammensetzung des Ausschusses kaum denkbaren Stimmengleichheit die ausschlaggebende Stimme hat.

 

Aufgaben des Justizwahlausschusses

·      Dieser Ausschuss wählt die Mitglieder des Justizverwaltungsrates, die damit ebenfalls demokratisch legitimiert sind.

·      Er ist bei Einstellungen, Lebenszeiternennungen und „Beförderungen“ das entscheidende Organ.

Damit kann bei diesen Entscheidungen politische Einflussnahme wirksam werden. Dies ist aber hinzunehmen, weil einerseits der Einfluss offen gelegt ist und andererseits deutlich wird, dass die drei Säulen der Demokratie nicht unabhängig von einander agieren, sondern in wechselseitiger Abhängigkeit nebeneinander bestehen.

Justizverwaltungsrat

 

Dem Justizverwaltungsrat als administrative Spitze der Justiz gehört mindestens jeweils ein Mitglied der einzelnen Gerichtsbarkeiten und der Staatsanwaltschaft an. Diese Mitglieder werden vom Justizwahlausschuss gewählt. An der Spitze des Justizverwaltungsrates steht der Justizpräsident als Leiter der Justizverwaltung. Er wird aus den Mitgliedern des Justizverwaltungsrates vom Parlament mit 2/3 Mehrheit gewählt. Der Justizpräsident vertritt den Justizverwaltungsrat nach außen, wohin gehend ein Generalsekretär die Behörde nach innen leitet.

 

Aufgaben des Justizverwaltungsrates

 

Im Wesentlichen werden auf den Justizverwaltungsrat diejenigen Aufgaben zu übertragen sein, die bisher im Justizministerium erledigt werden:

·      Der Finanzbedarf wird zu errechnen, beim Finanzminister anzumelden und mit ihm zu verhandeln sein. Dem Justizpräsidenten wird im Haushaltsausschuss und im Parlament Rederecht zuzubilligen sein.

·      Die Dienstaufsicht liegt nicht mehr beim Ministerium, sondern geht auf den Justizverwaltungsrat über.

·      Der Justizverwaltungsrat ist vor Erlass von justizrelevanten Gesetzen und Verordnungen anzuhören.

 

Aufgaben des Justizministeriums

 

Dem Justizministerium wird die Bearbeitung von Gesetzen ebenso obliegen, wie die Juristenausbildung, in welcher Form sie auch immer in Zukunft stattfinden wird. Darüber hinaus wird das Ministerium zuständig bleiben für die Notaraufsicht, Gnadensachen und den Strafvollzug.

 

Ausgehend von diesem Entwurf wird in den nächsten Monaten eine Arbeitsgruppe des Deutschen Richterbundes einen Gesetzesentwurf vorstellen, um auf Bundes- wie Landesebene die Einführung der Selbstverwaltung in der Justiz voranzutreiben.

 

Gerhard Schaberg

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