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2,9% MEHR UND KEINE LEISTUNGSBESOLDUNG

Nach Verabschiedung der Föderalismusreform haben der Bund und die einzelnen Bundesländer es in der Hand, wie sie die Beamtenbesoldung, insbesondere aber auch die R-Besoldung ausgestalten. Damit liegt es nicht mehr beim Deutschen Richterbund, um Besoldungsfragen zentral zu kämpfen. Es ist vielmehr Aufgabe der einzelnen Landesverbände, sich für eine gerechte Besoldung einzusetzen. Die daraus dem Hamburgischen Richterverein zugewachsene Verantwortung versucht der Vorstand möglichst optimal und im Sinne unserer Mitglieder zu nutzen.

Was plant Hamburg zurzeit?

·        2007 soll eine Einmalzahlung von 560 € erfolgen.

·        Ausgehend vom Tarifabschluss im öffentlichen Dienst sollen die Bezüge für Beamte in Hamburg ab 01.01.08 linear um 1,9 % erhöht werden. Da dieser Abschluss um 1 % unter dem für Nichtbeamte läge, soll der um 1 % soll der um 1% verminderte Betrag nach Leistungskriterien an besonders auszuwählende Beamte ausgekehrt werden.

·        Das Gesetz selbst legt Leistungskriterien,
die als Bemessungsgrundlagen heranzuziehen wären, nicht fest. Diese Kriterien sollen in einem gesonderten Gesetz festgelegt werden. Ein derartiges Gesetz ist derzeit noch nicht einmal auf Referentenebene in seinen Grundzügen entwickelt worden.

·        Das Landespersonalamt, dem die Besoldung der Beamten als Aufgabe zugeordnet ist, hat in einer Anhörung der Landespersonalräte, zu denen auch Richter gehören, zu verstehen gegeben, auch für Richter sei eine Besoldungserhöhung lediglich um 1,9% vorgesehen zuzüglich 1% für besondere Leistungsträger.

 

Die übrigen Bundesländer und der Bund planen völlig unterschiedliche Besoldungserhöhungen. Teils sind keine Einmalzahlungen für das Jahr 2007 vorgesehen (z.B. Bremen). Der Spitzensatz von 860 € wird in Niedersachsen gezahlt. Teils ist eine lineare Erhöhung nicht vorgesehen (z.B. Bund, Bremen), maximal wird ab 01.01.08 eine Erhöhung von 3,0% gezahlt (Niedersachsen).

Kein Bundesland plant allerdings die Einführung einer leistungsbezogenen Besoldung für Richter und Staatsanwälte. Damit steht Hamburg allein auf weiter Flur. Derartige Überlegungen in Baden-Württemberg und Bayern wurden aufgegeben.

Der Hamburgische Richterverein hat in einer ausführlichen Stellungnahme im Rahmen der Anhörung durch das Landespersonalamt darauf verwiesen, dass die beabsichtigte Regelung gegen die Verfassung verstößt. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, es stehe nicht im Ermessen der Exekutive, Richtern ein höheres Gehalt zu zahlen, wenn dies nicht einher gehe mit der Wahrnehmung eines Amtes mit höherer Verantwortlichkeit (BVerfGE 12, 81 ff). Die richterliche Unabhängigkeit fordere den Ausschluss jeder Einflussnahme der Justizverwaltung auf die besoldungsrechtliche Einstufung der Richter. Eine gleiche Amtstätigkeit sei gleich zu besolden. Dies habe unabhängig von dienstlichen Beurteilungen oder sonstigen Umständen zu erfolgen (BVerfGE 26, 79 ff). Aus der grundgesetzlich garantierten richterlichen Unabhängigkeit folge unmittelbar die Aufforderung an die Justizverwaltung, vermeidbare Einflussnahme auf die Rechtsstellung der Richter zu unterlassen. Vermeidbar wiederum sei alles, was nicht dazu diene, die Funktionsfähigkeit der Justiz zu fördern oder zu erhalten (BVerwG ZBR 2006, 349 f). Schon der Anreiz, als Richter in den Genuss einer Leistungsprämie zu kommen, verstößt offenkundig gegen diese Prinzipien. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass zumindest unbewusst die Amtsführung auch danach ausgerichtet wird, ob sie Leistungskriterien entspricht oder nicht.

Dies gilt unabhängig davon, dass es der Hansestadt bisher offenbar nicht einmal für die Beamtenschaft gelungen ist, derartige Leistungsparameter zu erarbeiten. Für Richter wäre das schlechterdings unmöglich. Zusatzaufgaben, die Richter und Staatsanwälte zu übernehmen haben, sind in der Regel gesetzlich vorgeschrieben und entziehen sich damit der Bewertung, weil sie vom jeweilig Betroffenen übernommen werden müssen, z.B. geschäftsplanmäßige Vertretungen und die Referendarausbildung. Erledigung schwierigster Fälle, die dem Richter oder Staatsanwalt nach dem Geschäftsverteilungsplan zufallen, hat er von Gesetzes wegen zu erledigen. Überobligatorisches muss er dann zwar leisten, diese Leistung ist aber weder steuerbar noch kann sie als Bewertungskriterium herangezogen werden. Quantität ist kein Maßstab für eine dienstliche Beurteilung. Zudem: Wer sollte diese Bewertung der besonderen Leistung vornehmen? Die Justizbehörde scheidet ganz sicher aus. Derartige Eingriffe in die richterliche Unabhängigkeit wären von vornherein offenkundig verfassungswidrig. Die Gerichtspräsidenten? Die Dezernatsleiter oder Kammer- beziehungsweise Senatsvorsitzenden? Kaum vorstellbar! Völlig offen ist auch, in welcher Höhe dem Einzelnen eine Leistungszulage gewährt werden und ob sie Jahr für Jahr einem anderen zustehen soll.

 

Diesen Umständen trägt die R-Besoldung Rechnung. Angesichts der besonderen Stellung der Richter, denen die Rechtsprechung anvertraut ist, wird zwischen der allgemeinen Beamtenbesoldung und der für Richter und Staatsanwälte deutlich unterschieden. Das Gehalt der Richter und Staatsanwälte hat sich nach ihren besonderen Aufgaben zu bemessen und ist deshalb anders konzipiert als die allgemeine Beamtenbesoldung (BVerfGE 32, 199 ff). Die Einbeziehung der Staatsanwaltschaft in die R-Besoldung hat der Gesetzgeber aus wohl überlegten Gründen vorgenommen, weil die Staatsanwaltschaft als selbständiges Organ der Strafrechtspflege aufgrund des Anklagemonopols den Richtern gleich steht (BGH NJW 1971, 2082 f). Eine Abkehr von diesem Prinzip widerspräche dem nicht nur vom Deutschen Richtergesetz (§ 122 DRiG), sondern gerade auch von der Justizbehörde geforderten Wechsel zwischen den beiden Ämtern.

 

Der Hamburgische Richterverein hat seinen Standpunkt dem Ersten Bürgermeister und den rechtspolitischen Sprechern der in der Bürgerschaft vertretenen Parteien dargelegt. Der Erste Bürgermeister hat den Richterverein aufgefordert, gemeinsam mit dem Landespersonalamt Leistungskriterien zu erarbeiten. Dies wird der Hamburgische Richterverein ganz sicher nicht tun, weil er sich an aus seiner Sicht verfassungswidrigen Aktivitäten nicht beteiligen wird. Auch in einem Gespräch mit dem Präses der Justizbehörde hat der Vorstand deutlich gemacht, dass die Einführung einer leistungsbezogenen Komponente in die R-Besoldung nicht in Betracht kommen kann.

 

Da die justizpolitischen Sprecher der Fraktionen nicht geantwortet hatten, hat der Vorsitzende der Sprecherin der CDU–Fraktion, Frau Viviane Spethmann, in einem persönlichen Gespräch die Auffassung des Richtervereins deutlich gemacht, um insbesondere innerhalb der Regierungspartei für unsere Auffassung zu werben. Letztlich wird auf Antrag des Richtervereins der Vorsitzende als Sachverständiger vom Haushaltsausschuss der Bürgerschaft angehört, um die Gründe umfassend darzulegen, die gegen die Einführung einer leistungsbezogenen Komponente in die R-Besoldung sprechen.

 

Es wird darum gehen, den an der zu treffenden Entscheidung Beteiligten über die Verfassungswidrigkeit hinaus klar zu machen, dass eine Gehaltserhöhung um 2,9% für Richter und Staatsanwälte nicht bedeutet, der Dritten Gewalt mehr zukommen zu lassen als den Beamten. Wenn der ersparte Prozentpunkt tatsächlich vollen Umfangs an besondere Leistungsträger ausgekehrt werden soll, wären für die Beamten in der Summe ebenfalls 2,9% Gehaltserhöhung zu zahlen. Für alle Richter und Staatsanwälte würde neben den 1,9 Prozentpunkten der zusätzliche Prozentpunkt lediglich mit einem gleichen Betrag für alle ausgekehrt. Eine Mehrbelastung für den Staatshaushalt bedeutet dies nicht. Gerade vor diesem Hintergrund sollte Hamburg einen Verfassungsbruch nicht riskieren.

Gerhard Schaberg

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