(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 4/06, 5) < home RiV >
Zum Jahreswechsel
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
während ich diesen Text verfasse, weht über den Sievekingplatz ein frühlingshaftes Lüftchen, und die Natur zeigt Zeichen frühlingshaften Wachstums. Ähnlich angenehme Temperaturen herrschen seit dem Wechsel im Senatorenamt auch zwischen der Drehbahn und dem Sievekingplatz. Die sachlichen Probleme, die uns alle bewegen, sind sicherlich nicht weniger zahlreich und nicht weniger gewichtig geworden, aber es gab doch spürbare Erleichterung in dem für uns wichtigen Kontakt zur Justizbehörde. Anfragen, Bitten um Gesprächstermine wurden höchst bereitwillig, äußerst zuvorkommend und vor allen Dingen umgehend beantwortet!
Ferner ist als erfreulich festzuhalten, dass sich die Justiz und die Staatsanwaltschaft – bei den einzelnen Gerichten und den Fachgerichtsbarkeiten natürlich in unterschiedlichem Umfang – über zahlreiche Neueinstellungen im Laufe des Jahres 2006 freuen konnten. Ich hoffe, dass die jungen Kolleginnen und Kollegen in einem harmonischen, hilfsbereiten Arbeitsumfeld trotz der sicherlich hohen Arbeitsbelastung mit viel Freude und Engagement positive Eindrücke im Berufsalltag gesammelt haben und sich über eine abwechslungsreiche Tätigkeit freuen. Nun wünsche ich mir nur noch, dass möglichst viele der jungen Kolleginnen und Kollegen auch den Weg in den Hamburgischen Richterverein finden!
Allerdings will ich nicht verschweigen, dass ansonsten die Probleme eigentlich unverändert fortbestehen, so dass ich versucht bin, auf die Jahresrückblicke für 2004 oder 2005 zu verweisen. Die Arbeitsbelastung ist in vielen Bereichen gestiegen, und es wird schon als großer Erfolg gewertet, wenn der Justizhaushalt nicht in erheblichem Umfang mit dem Rotstift bearbeitet wird. Die Besoldungseinschnitte (z.B. Festschreibung des reduzierten Weihnachtsgeldes) und Beschränkungen in der Beihilfe werden uns ebenso "erhalten" bleiben wie die unablässige Tätigkeit des Gesetzgebers mit immer neuen Vorschriften, die leider meistens nicht zu einer Entlastung der Gerichte und Staatsanwaltschaften führen (Haben Sie etwa schon die letzte Schönfelder – Ergänzungslieferung einsortiert?). So bleiben zum Beispiel die ersten Erfahrungsberichte über die Auswirkungen des Antidiskriminierungsgesetzes abzuwarten. Welche Änderungen wird die Reform der Freiwilligen Gerichtsbarkeit haben? Werden wir uns ganz konkret mit Gesetzesentwürfen für eine einheitliche Verfahrensordnung befassen müssen? Gibt es Hilfe durch gerichtsinterne oder gerichtsnahe Mediation? Welche Auswirkungen kann der sog. Bologna-Prozess für Richter und Staatsanwälte haben? Fragen über Fragen.
Der nächste Richter- und Staatsanwaltstag, der vom 17. bis 19. September 2007 in Würzburg stattfindet, mag auf viele Ihrer Fragen eine Antwort bereithalten. Er bietet in jedem Fall ein interessantes Forum für aktuelle justizpolitische Anliegen und Debatten. Nutzen Sie diesen von Richtern und Staatsanwälten für Richter und Staatsanwälte organisierten Treffpunkt zur Erweiterung Ihrer beruflichen Erfahrungen und zum Meinungsaustausch und merken Sie den Termin schon einmal in Ihrem Kalender vor!
Wenn Sie diese Zeilen lesen, hat möglicherweise der Winter jahreszeitengemäß Einzug gehalten und für manche Beschwernisse im Arbeitsalltag gesorgt. Versuchen Sie bei aller Belastung, der Vorweihnachtszeit Momente der Besinnlichkeit und der inneren Ruhe oder auch Zeit für einen Bummel mit den Kindern über die Weihnachtsmärkte oder für den Besuch einer weihnachtlichen Theateraufführung abzutrotzen. Denjenigen, die sich mit solchen Wünschen nicht über winterliche Kälte hinwegtrösten mögen, wünsche ich, dass sie eine dauerhafte Vorfreude auf den nächsten Frühling durch die kalte Jahreszeit tragen möge.
Allen Kolleginnen und Kollegen wünsche ich ein gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Start ins neue Jahr.
Inga Schmidt-Syaßen