Weibliche Erbfolge?
zu Inga Schmidt-Syassen in MHR 2/04, 14:
Frauen im Recht
Die dort[1] ironisch zitierte Promotionsordnung (Abs. 1.: „Die Universität verleiht den Grad der Doktorin“. Abs. 2.: „Männlichen Bewerbern wird der Grad des Doktors verliehen.“) steht nicht allein auf weiter Flur; wer im Wust moderner Verwaltungsordnungen, –Satzungen und – Statuten stöbert, macht ähnliche Funde. Auch Landesgesetzgeber wollen ihr Licht nicht unter den Scheffel stellen, jedenfalls einige gelegentlich nicht:
Ein wahres Musterstück ist das - ökologisch höchst verdienstvolle! - Waldgesetz für das Land Schleswig-Holstein vom 01.09.1994 (GVBl.Schl.-H. Seite 438). Nur eine einzige Kostprobe aus einem einzigen Paragraphen (§ 30), der sich mit dem „Sperren von Waldflächen“ beschäftigt:
„ ...
(4) Die Forstbehörde entscheidet ... im Einvernehmen mit einem Ausschuss, der sich zusammensetzt aus
1. einer staatlichen Forstbeamtin oder einem staatlichen Forstbeamten,
2. einer Vertreterin oder einem Vertreter des Kreises ..., die oder der weder Jägerin oder Jäger noch Waldbesitzerin oder Waldbesitzer sein darf ...
3. einer Waldbesitzerin oder einem Waldbesitzer, die oder der von der Landwirtschaftskammer auf Vorschlag der Organisation der Privatwaldbesitzerinnen und Privatwaldbesitzer benannt wird,
4. einer Vertreterin oder einem Vertreter der unteren Naturschutzbehörde .... “.
So ging’s dort oben schon los, so geht es dann bis zum Schluss weiter .....!
Auch unser Bundesgesetzgeber hat schon vor Jahren erste Gehversuche auf diesem Terrain unternommen, was ich persönlich nicht wusste, bis unlängst ein Versuch, in die juristische Substanz der Zuwanderungs-kontroversen einzudringen, mich im Sartorius herumblättern ließ, in dem sich unter Nr. 565 das Ausländergesetz (AuslG) findet. Dessen achter Abschnitt ist überschrieben:
„Beauftragte für Ausländerfragen“. Aha, denkt man zunächst: gleich mehrere! Aber da Beauftragte allgemein und überall ins Kraut schießen und man täglich hört, welche Unmenge von Problemen speziell mit der Ausländerintegration verknüpft sind (dazu AuslG § 91 b: Aufgaben), lassen sich hier gegen den Plural kaum Einwendungen erheben; denn wie sollte jemand das alles allein schaffen ?
Doch nein: solcher Art Verständnis oder Toleranz wird vom Gesetzgeber überhaupt nicht beansprucht, denn der Plural wird gleich im ersten Paragraphen des achten Abschnitts (§ 91 a AuslG) energisch dementiert:
„Amt der Beauftragten. (1) Die Bundesregierung kann eine Beauftragte für Ausländerfragen bestellen“, heißt es kurz und bündig: doch nur eine Person also, die aber weiblich – offenbar ein kleines Stück auch bundesgesetzlicher Wiedergutmachung früherer Diskriminierungen. Der weibliche Sieg, so scheint es, ist hier sogar triumphal und demonstrativ, denn der Satz 2 des Abs. 1 lautet:
Wer nun mit spitzem Finger auf Rot-Grün zeigen möchte, muss sich darüber aufklären lassen, dass zur Zeit der hier vorgeführten legislatorischen Produktivität[3] nicht etwa Gerhard Schröder mit seinen politischen Freundinnen und Freunden, sondern immer noch Helmut Kohl mit seiner Mannschaft das Land regierten! Die Sprachverhunzung wird also von einer großen Koalition betrieben – schöne Aussichten![4].
Günter Bertram