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ESARI-Antwort

des Justizsenators

 

Hamburg, 25.11.2003

 

Sehr geehrte Frau Dr. Schmidt-Syaßen,

 

mit Schreiben vom 4. November 2003 haben Sie als Vorsitzende des Hamburgischen Richtervereins Ihre Sorge geäußert, dass das vom Senat beschlossene Projekt ESARI die Unabhängigkeit der dritten Gewalt beeinträchtige, eine Fremdbestimmung - durch einen Dienstleister LIT/dataport - mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung unvereinbar sei und die Justiz von den geplanten Veränderung der luK-Strukturen ausgenommen werden müsse. Ich möchte zu einigen Aspekten Ihres Schreibens kurz Stellung nehmen, Sie über den Status von ESARI in der Justiz informieren und die strategische Ausrichtung der Justiz erläutern, die Ihren Bedenken Rechnung trägt.

 

Sie bemerken in Ihrem Schreiben zutreffend, dass die Gerichte und Staatsanwaltschaften sich in den vergangenen Jahren eine hochspezialisierte EDV-unterstützte Organisation geschaffen haben. Dazu gehören neben justizspezifischen Fachverfahren auch luK-Infrastrukturen und zentrale Dienste, die die luK-Mitarbeiter der Justiz gemeinsam mit anderen Behörden und dem Dienstleister LIT geschaffen haben. Ich denke dabei unter anderem an das leistungsfähige Datennetz, das den E-Mail-Verkehr abwickelt, Zugriffe auf Intranet und Internet eröffnet, die Nutzung komfortabler juristischer Informationssysteme - JURIS und Beck-Online - ermöglicht und beim Virenschutz die Bereitstellung sehr aktueller Versionen am Arbeitsplatz gestattet. Darüber hinaus nehmen das Amtsgericht und die Staatsanwaltschaft im Rahmen ihrer Organisationshoheit gezielt Dienstleistungen des LIT für den Betrieb von komplexen Fachanwendungen, zum Beispiel mit MESTA, sowie im Grundbuch, im Handelsregister und im Mahnverfahren in Anspruch.

Neue Herausforderungen an die luK-Infrastruktur (E-Government), die zunehmen­de Komplexität der IT-Ausstattung sowie die bekanntlich knappen finanziellen Ressourcen zwingen den Senat und die Fachbehörden laufend, die Effizienz ihrer IT-Organisa­tion zu überprüfen, um Chancen der Effizienzsteigerung auszuschöpfen, ohne das Qualitätsniveau zu gefährden. Vor diesem Hintergrund hat der Senat beschlossen, die luK-Administration der Endgeräte bis zum Ende der Legislaturperiode auf das LIT zu übertragen. Das Projekt ESARI, das unter der Federführung der Finanzbehörde für die Umsetzung dieser Maßnahme verantwortlich zeichnet, sieht zunächst einen Pilotbetrieb bei zwei Bezirksämtern und der Finanzbehörde vor. Erkenntnisse aus dem Probebetrieb werden voraussichtlich ab Mitte 2004 vorliegen.

Die Justizbehörde hat im Rahmen einer Informationsveranstaltung am 13. November 2003 die Leitungen der Gerichte und Staatsanwaltschaften über das Projekt ESARI unterrichtet und im Rahmen einer justizinternen Aufgabenkritik Überlegungen für eine Organisationsveränderung vorgestellt. Die Diskussion unter den Beteiligten lässt sich im Ergebnis wie folgt zusammenfassen:

Die Justiz wird sich einer kritischen Analyse der bestehenden luK-Organisation nicht verschließen und sorgfältig prüfen, welchen Beitrag sie im Rahmen von Einsparverpflichtungen erbringen kann, ohne die Qualität und die Funktionsfähigkeit der Justiz zu gefährden. Eine Beeinträchtigung der Unabhängigkeit der dritten Gewalt wird von den Verantwortlichen nicht hingenommen. Originäres Ziel ist es, die Organisationshoheit der Gerichte zu erhalten, eine Fremdbestimmung auszuschließen und die Steuerung der Arbeitsabläufe selbst zu gestalten. Die Dienststellen der Justiz werden sich im Rahmen ihrer Organisationshoheit die gezielte Beauftragung von Dienstleistungen vorbehalten. Dabei ist sicherzustellen, dass auch bei Veränderungen der luK-Struktur gerichtsinterne schutzwürdige Daten nicht von unberechtigten Dritten eingesehen werden können. Einer generellen Vorgabe der Exekutive wird die Justiz nicht folgen, weil dies mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung unvereinbar erscheint.

Die Justizbehörde wird den Dialog mit den Gerichten und Staatsanwaltschaften fortsetzen, kurzfristig eine gemeinsame Position zu ESARI abstimmen und die justizpolitischen Interessen weiterhin engagiert und verantwortungsbewusst vertreten. Ich hoffe, dass ich Ihnen meine Position verdeutlicht habe und stehe Ihnen gern für weitere Informationen zur Verfügung.

 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Roger Kusch