Weihnachtsgruß
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
eigentlich sollte an dieser Stelle zunächst ein Bericht über den Richter- und Staatsanwaltstag (15. bis 17. September 2003 in Dresden) stehen. Nachdem aber eine ausführliche Schilderung der wesentlichen Veranstaltungen in Heft 11 der DRiZ erschienen ist (dort Seite 353 ff.), darf ich die Interessierten auf die Lektüre der informativen Darstellung verweisen. Nur zwei Anmerkungen möchte ich in diesem Zusammenhang machen.
Erstens: Besonders hervorzuheben war die Durchführung einer Vielzahl von Workshops, die mit reizvollen Themen in großer Variationsbreite angeboten wurden. Leider ergab sich, dass etliche dieser Workshops, deren Vorbereitung arbeits- und kostenintensiv war, nicht so gut besucht wurden wie die Anmeldungen hatten erwarten lassen. Im Übrigen aber fand diese Form der intensiven Diskussion in kleineren Foren mit engagierten Fachleuten auf dem Podium ausgezeichnete Akzeptanz. Diese Neuerung, deren Fortsetzung ausdrücklich zu befürworten ist, war eine hervorragende Idee des Präsidiums!
Zweitens: Dieser Richter- und Staatsanwaltstag war gut besucht, nur war leider die Beteiligung aus Hamburg sehr gering. Die wenigen jedoch, die dort waren, haben nach meinem Eindruck die Tage in Dresden sowohl unter fachlichen wie unter touristischen Aspekten als Bereicherung empfunden.
Der Deutsche Richterbund sollte diese Veranstaltung - nicht zuletzt auch im Interesse eines öffentlichkeitswirksamen Auftritts der dritten Gewalt - beibehalten. Der Hamburgische Richterverein wird für den nächsten Richter- und Staatsanwaltstag die Werbetrommel in verstärktem Maße rühren, um dann hoffentlich mehr Kolleginnen und Kollegen für einen Besuch zu motivieren!
Die Teilnahme an einer solchen Tagung ist (neben der Möglichkeit einer Teilnahme an Veranstaltungen der Richterakademie in Trier oder Wustrau) eine der wenigen Gelegenheiten, den Arbeitsalltag - unter Inanspruchnahme von Sonderurlaub! - zu unterbrechen, neue Ideen und Anregungen aufzunehmen oder vielleicht auch nur die etwas Trost spendende Erfahrung zu machen, dass es den Kolleginnen und Kollegen in anderen Bundesländern auch nicht besser geht als einem selbst.
Damit sind wir also wieder bei unserem Arbeitsalltag gelandet, der allerdings durch die unermüdliche Tätigkeit des Gesetzgebers immer wieder neue Facetten erhält, indem unablässig neue Gesetze geplant, beraten, zur Stellungnahme (mit immer kürzeren Fristen!) geschickt, beschlossen und dann oft ebenso kurzfristig in Kraft gesetzt werden.
Nachdem gerade erst umfangreiche und zum Teil folgenschwere Eingriffe in die ZPO durchgeführt worden sind, stehen uns bereits neue Änderungen ins Haus unter dem Stichwort Justizbeschleunigungs- und Justizmodernisierungsgesetz.
Diese verräterischen Begriffe machen jedenfalls eins deutlich: Die letzten Gesetzesänderungen haben offensichtlich nach Auffassung des Gesetzgebers nicht zu der erhofften (erwarteten?) Beschleunigung und Modernisierung der Justiz geführt.
Nach meiner Ansicht sind wir aber auch ohne alle diese Gesetzesänderungen auf dem Wege einer Modernisierung der Justiz und einer Steigerung ihrer Effektivität viel weiter vorangeschritten als die Kritiker wahr haben wollen.
Beigetragen hat dazu sicherlich die Verbesserung der technischen Ausstattung mit leistungsstarken PC und anwenderfreundlicher Software. Das Entscheidende scheint mir aber zu sein, dass Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sich nach wie vor in hohem Maße mit ihrem Beruf, dem Ansehen der Justiz und dem Anliegen der rechtssuchenden bzw. betroffenen Bürger verbunden fühlen und dies durch ihre Tätigkeit und ihr Verhalten auch nach außen vermitteln.
Letztlich ist es allein diese innere Einstellung, die durch ihre Außenwirkung das Ansehen unseres Berufsstandes bestimmt, und sie soll und muss unabhängig von allen Sparmaßnahmen für die Art und Weise unserer Berufsausübung bestimmend sein und bleiben.
Deshalb sollte sich jeder von uns trotz aller Arbeitsbelastung die innere Unabhängigkeit nehmen und bewahren, jeden Fall mit der gebotenen Sorgfalt zu bearbeiten, denn nur so erhalten wir uns auch nach außen die Unabhängigkeit gegenüber möglichen Einflüssen durch mehr oder weniger aufgeregte Kritik.
Und noch eins: Trotz aller Belastung sollten wir uns die Zeit für die schönen Dinge des Lebens nehmen! Das sind wir zum einen uns selbst, zum anderen aber unseren Familien und Freunden schuldig, denn nur derjenige, der sich von der alltäglichen Arbeitslast auch einmal freimacht, gewinnt neue Kräfte und neue Tatkraft zur Steigerung der eigenen Lebensfreude und zur Freude seiner Umgebung.
Genießen Sie also trotz aller Hektik der Vorweihnachtszeit die Adventszeit und die kommenden Feiertage, nehmen Sie sich Zeit für die Lektüre eines guten Buches, machen sie einen Bummel über die Weihnachtmärkte, einen Spaziergang (je nach Kondition) um die Binnen- und / oder Außenalster …
Der Vorstand des Hamburgischen Richtervereins wünscht allen Kolleginnen und Kollegen gesegnete Weihnachten und einen fröhlichen Jahreswechsel.
Inga Schmidt-Syaßen