(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 3/03, 3) < home RiV >

Treffen mit dem

Justizsenator

Gespräche fördern die Verständigung und das Verständnis. – Getreu dieser Einsicht bat der Vorstand des Hamburgischen Richtervereins den Justizsenator um einen Gesprächstermin. Der Senator kam diesem Wunsch sehr bereitwillig nach, und wir erhielten schneller als erhofft die Möglichkeit zu einer Gesprächsrunde, an der außer dem Senator auch Amtsleiter Siewert und Staatsrat Horstmann teilnahmen. Den Richterverein vertraten Herr Dr. Augner, Herr Brezinsky, Herr Hirth, Herr Dr. Kauffmann, Herr Schaberg, Herr Dr. Maatsch als „Assessorenvertreter“ sowie ich selbst.

Unsere Themenwünsche für dieses Gespräch hatten wir dem Senator zuvor mitgeteilt, und so versuchten wir, im Rahmen der knapp zwei Stunden, die uns wegen des dicht gedrängten Terminkalenders des Senators nur zur Verfügung standen, auch alle Punkte zu behandeln.

Es sollte um folgende Probleme gehen:

·        Beteiligung des Richtervereins als Spitzenorganisation im Sinne des Richtergesetzes,

·        Planungen des Bundesgesetzgebers, Rechtsanwälte als Beisitzer bei Richterdienstgerichten zu beteiligen,

·        Staatsvertrag mit Schleswig-Holstein zur Verwaltung der Kommunikationstechnik,

·        Selbstverwaltung der Justiz / Verlässlichkeit der Kriterien für die Bemessung des Justizhaushalts,

·        Öffnungsklausel für die Besoldung und

·        Öffnungsklausel betreffend das Handelsregister.

Um es gleich vorweg zu nehmen:

Es gab einen regen Austausch von Argumenten in freundlicher Atmosphäre, aber der Gesamteindruck war:

Unsere Anliegen wurden zwar angehört, wir konnten aber zu keinem Punkte die konkrete Unterstützung des Senators vermerken.

Schon unserer Bitte um Unterstützung der Bemühungen des Hamburgischen Richtervereins, als Spitzenorganisation anerkannt zu werden, um so die Interessen der Mitglieder im Rahmen von Mitwirkungsrechten besser vertreten zu können, erteilte der Senator gleich im ersten Satz eine klare Absage, indem er meinte, es ginge ihm eher darum, weniger Formalien und Förmlichkeiten zu schaffen, vielmehr bevorzuge er Gespräche auf nicht formalisierter Ebene. Gleichwohl sicherte der Senator uns im Rahmen der weiteren Erörterungen die Überprüfung der Beteiligungsmöglichkeiten bei solchen Fragen zu, die für die Belange der Richterschaft von Interesse seien.

Eine ähnlich dezidierte „Abfuhr“ holten wir uns beim zweiten Thema:

Der Senator schilderte die Entwicklung der Pläne für eine gesetzliche Neuregelung in der Besetzung der Richterdienstgerichte. Er meinte, dieses gesetzliche Vorhaben, das auf einer Initiative des Bundeslandes Baden-Württemberg beruht, stehe nicht im Zentrum der Rechtspolitik, so dass Hamburg in dieser Sache kein besonderes Engagement an den Tag legen werde angesichts der bestehenden Abstimmungslage (es gebe eine eindeutige Mehrheit für die Beteiligung von Rechtsanwälten als Beisitzer in den Richterdienstgerichten; im Bundesratsausschuss habe Hamburg vergeblich gegen das Vorhaben gestimmt).

Die von unserer Seite geäußerten Argumente, in denen wir uns mit den Begründungen für die Gesetzesinitiative auseinander setzten (durch die Beteiligung von Rechtsanwälten werde das Verfahren transparenter und könne dem eventuell entstehenden Eindruck der Kameraderie vorgebeugt werden) und diese Argumentation der Gesetzesbegründung als bösen Verdacht zurückwiesen, überzeugten den Senator anscheinend nicht, gleichwohl baten wir ihn mit Nachdruck darum, trotz der vorherrschenden Stimmung in den Abstimmungsgremien dagegen noch Einwände im Bundesrat geltend zu machen.

Vollends auf Unverständnis stießen unsere Bedenken gegen den Staatsvertrag zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Land Schleswig-Holstein, durch den mittels der Errichtung einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts („dataport“) die Kommunikationstechnik beider Bundesländer „verwaltet“ werden soll, indem dataport, wie es in § 3 des Vertrages heißt, die öffentlichen Verwaltungen in den Ländern durch Informations- und Kommunikationstechniken, insbesondere als zentrale IuK-Dienstleisterin des Landes Schleswig-Hol­stein und der Freien und Hansestadt Hamburg unterstützt.

Unsere Bedenken wegen der damit erweiterten Zugriffsmöglichkeiten Dritter auf sensible Daten der Gerichte wischte der Senator mit dem Bemerken vom Tisch, man könne ja schließlich nicht in das Postkutschenzeitalter zurückkehren. Jeder benutze die Kommunikationsmöglichkeiten wie Telefon, e-mail und Internet in der Kenntnis der technischen Möglichkeiten, derartige Kommunikationswege „abzuhören“; dies sei das Risiko des technischen Fortschritts. Auch er nehme mit der Benutzung seines Notebooks in Kauf, dass Dritte Zugriff auf die Daten nehmen könnten: „Ohne eine große Portion Grundvertrauen geht es nicht.“

Das Thema „Selbstverwaltung der Justiz“ war für den Senator ein weiteres Thema mit erheblichem Widerspruchspotential. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit entschlossen wir uns, diesen Komplex zu Gunsten der noch anstehenden Themen auf einen späteren Gesprächstermin zu vertagen.

Die Frage einer Planungssicherheit für den Justizhaushalt wurde vom Senator spontan und eindeutig dahin beantwortet, dass eine derartige Sicherheit nicht gegeben sei und angesichts der finanziellen Probleme auch in nächster Zukunft nicht gegeben werden könne.

Damit war zugleich schon die Antwort vorgezeichnet für das nächste Thema, nämlich die Besoldungsproblematik:

Alle Vertreter des Vorstandes, insbesondere auch der Vertreter der jungen Richterinnen und Richter, führten dem Senator eindringlich vor Augen, dass eine Kürzung der Besoldung angesichts der steigenden Arbeitsbelastung und der Preisentwicklung auf großes Unverständnis in der Richterschaft und auf drastische Kritik stoßen werde. Die Richter fühlten sich im Hinblick auf das ihnen auferlegte Streikverbot und ihre damit eingeschränkten Möglichkeiten der Kritik von der „Politik“ in diesem Punkte verraten und im Stich gelassen.

Der Senator vermochte jedoch trotz Anerkennung der wichtigen Aufgaben der dritten Gewalt in diesem Punkte keinerlei Zusagen über mögliche Änderungen der gesetzlichen Planungen zu machen, vielmehr stellte er klar, dass nur die Masse das Sparpotential bringe und als Alternative nur Stellenstreichungen in Frage gekommen wären. Dies bedeutet, dass in jedem Falle die vorgesehenen Einschränkungen die Richterschaft insgesamt treffen werden.

Angesichts dieses Gesprächsverlaufs stellte das Thema „Öffnungsklausel betreffend das Handelsregister“ nur noch einen kleinen Nachklang im Gesprächsablauf dar. Wie zu erwarten, hielt der Senator trotz der von uns vorgebrachten Argumente gegen die Auslagerung des Handelsregisters an die Industrie- und Handelskammern (vgl. dazu den Aufsatz des Kollegen Wiedemann MHR 2/2003, 20) die von Hamburg eingebrachten Gesetzesinitiative für richtig.

Dass das Gespräch, für das der Hamburgische Richterverein sich bei dem Senator auch an dieser Stelle nochmals sehr herzlich bedankt, gleichwohl in freundlicher und entspannter Atmosphäre stattfand, mag das abgedruckte Foto, das der Kollege Hirth aufgenommen hat, verdeutlichen.

Wir wünschen uns, dass es in nicht zu großem zeitlichen Abstand zu einem weiteren Zusammentreffen kommt, bei dem wir dann hoffentlich auf etwas mehr Akzeptanz hinsichtlich unserer Argumente beim Senator treffen.

Inga Schmidt-Syaßen