(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 2/03, 4) < home RiV >

 

Der Bürgermeister

beim Richterverein

 

Auf der Mitgliederversammlung des Richtervereins vom 1. April 2003 hielt der Erste Bürgermeister Hamburgs, Ole von Beust, den Gastvortrag. Bevor er sich seinem Vortragsthema zuwandte, griff er die Anregung unserer Vorsitzenden auf und stellte klar, dass der Tarifabschluss aus dem öffentlichen Dienst auch für Beamte und Richter übernommen werden wird.

Ob der Bundestag der soeben vom Bundesrat beschlossenen Besoldungs-Öffnungsklausel folgen werde, sei durchaus unsicher; es sei mit einem langwierigen Entscheidungsprozess zu rechnen.

 

Das Lob für die Justiz war der Bürgermeister gern bereit auszusprechen, wobei er auf die verglichen mit anderen gesellschaftlichen Institutionen hohe Akzeptanz und den hohen Stellenwert der Justiz in der Bevölkerung hinwies.

Eine bessere finanzielle Ausstattung der Justiz wollte der Bürgermeister jedoch nicht versprechen. Die Justiz funktioniere gut. Auch wenn eine Aufstockung eigentlich erforderlich sei, so sei dies doch in anderen Aufgabenbereichen der Stadt in gleicher Weise der Fall. Zudem sei die Justiz bevorzugt worden, indem ihre Altschulden bei den Einsparverpflichtungen gestrichen und bei Amtsantritt des Justizsenators neue Stellen geschaffen worden seien.

Außerdem habe Hamburg die höchste Pro-Kopf-Verschul­dung und stünden zusätzliche Einbrüche bei den Steuereinnahmen in Höhe von 200 - 300 Mio. EUR zu befürchten.

Sodann wandte der Bürgermeister sich dem Thema seines Vortrags zu:

 

"Metropole Hamburg

- eine Standortbestimmung"

 

Eine funktionierende Justiz gehöre zur Grundversorgung der Bevölkerung neben Schulen und ähnlichen Einrichtungen. Nur solange die Grundversorgung in Ordnung sei, akzeptiere die Bevölkerung Investitionen in die Zukunft und damit einhergehende Belastungen anderer Bereiche.

Eine funktionierende Justiz sei auch Voraussetzung für die Bereitschaft der Investoren, denn schnelle Entscheidungen seien bedeutend für Investitionsprojekte - insbesondere bei der Klärung von Bauvorhaben.

 

Visionen setzten einen Vergleich Hamburgs nicht mit anderen deutschen, sondern mit nationalen und internationalen Regionen voraus. Hamburg müsse den Willen zur Qualität haben. Bewusste Entscheidungen für das Mittelmaß wie bei der Ablehnung eines Großflughafens in Kaltenkirchen, beim Messeausbau und bei den Hochschulen, dürfe es künftig nicht mehr geben.

Neben dem Streben nach höherer Quantität der Bevölkerung Hamburgs (relevant für Finanzausgleich und Lohnsteuereinnahmen) sei auch auf die Qualität bei der Zusammensetzung von Hamburgs Bevölkerung zu achten: neben der Hilfsbereitschaft für die Verfolgten und Leidenden müsse auch darauf geachtet werden, dass künftige Einwohnerzuwächse eine qualitative Bereicherung Hamburgs seien.

 

Im Rahmen der Hamburger Wirtschaft habe der Hafen eine besondere Bedeutung. Diese solle gestärkt werden durch eine Kooperation mit Lübeck und durch den Ausbau der Ostseeverkehre. Eine Hamburger Beteiligung am Wilhelmshavener Hafen werde es nicht geben.

Hamburg müsse stärker als drittgrößter Flugzeugsproduktions- und -dienstleistungsstandort bekannt gemacht werden.

Die Süd-Ost-Asien-Kontakte sollten stärker für die Investorensuche nutzbar gemacht werden. Zur Verstärkung dieser Beziehungen befinde sich in Hamburg eine chinesisch-deutsche Schule im Aufbau und sei ein Zentrum für chinesische Heilkunde in Planung.

Für Medizin und Medizintechnik befinde sich einen Initiative in Vorbereitung.

 

Zur Stärkung des Medienstandortes werde die Media-School ausgebaut.

 

In der Hochschulpolitik seien Dohnanyi’s Vorschläge zu berücksichtigen: keine Mittelzuweisungen mehr rein nach der Zahl der Studienanfänger und nicht mehr ohne Berücksichtigung des Arbeitsmarktes.

 

Im Rahmen der Bereiche Städtebau und Architektur nannte von Beust: die Umgestaltung des Jungfernstiegs, den Domplatz, den Spielbudenplatz, die Hafencity, die Olympiabewerbung, den Wohnungsbau und die Ausweisung von Gewerbeflächen.

 

Wolfgang Hirth