Bundesassessorentagung
(14.
November 2002 in Kiel)
Nachdem wir Assessorenvertreter des Amts- und Landgerichts im März
letzten Jahres bereits an der Bundesassessorentagung in Regensburg teilgenommen
hatten, sind wir - Ulrike Nieder und ich - in diesem Jahr gerne zu der
Veranstaltung in das viel näher gelegene Kiel gefahren. Einige der
Assessorenvertreter kannten wir noch vom letzten Mal, und bei der Erörterung
der bereits damals angesprochenen Probleme waren wir wieder einmal froh, in
Hamburg als Richterinnen tätig zu sein. Als Stadtstaat ergeben sich hier eben
nicht die Schwierigkeiten der Kolleginnen und Kollegen in den Flächenstaaten,
in denen Assessoren zum Teil an zwei verschiedenen Gerichten in einiger
Entfernung auf jeweils zwei halben Stellen gleichzeitig tätig sind.
Im einzelnen haben wir folgende
Themen erörtert:
Einführung eines
Proberichterrates:
Die Idee zur Bildung eines
sogenannten Proberichterrates kommt ursprünglich aus Schleswig-Holstein und
zwar aus dem Landgerichtsbezirk Lübeck. Mittlerweile gibt es diese Institution
aber auch im Landgerichtsbezirk Itzehoe. Der Proberichterrat besteht aus zwei
Sprechern, die aus dem Kreis aller Assessoren in einem Landgerichtsbezirk für
unbestimmte Zeit gewählt werden. Eine Geschäftsordnung existiert nicht,
ebensowenig eine feste Verfahrensform. Die wesentliche Aufgabe des
Proberichterrates besteht darin, bei Personalentscheidungen die Assessoren
betreffend mitzubestimmen und dadurch auch einen stärkeren Zusammenhalt
zwischen den Assessoren herzustellen. Diese wenden sich bei eventuellen Wünschen
bezüglich einer bestimmten Kammer oder eines Gerichts an den Proberichterrat.
Bevor eine Stelle mit einem Assessor besetzt werden soll, ruft der Präsidialrichter
bei dem Proberichterrat an, setzt diesen von der Planung in Kenntnis und erhält
die Informationen über die Personalwünsche der Assessoren. Sowohl im
Landgerichtsbezirk Lübeck als auch in Itzehoe hat sich diese Verfahrensweise für
alle Beteiligten bewährt.
Mentoring:
Darüber hinaus haben wir über
eine mögliche Einführung des „Mentorings“ für Assessoren diskutiert. In
Niedersachsen ist dies bereits ausprobiert, aber von den Assessoren kaum
angenommen worden. Das mag dadurch bedingt sein, daß man als Assessor in
Niedersachsen sowohl bei Gericht als auch bei der Staatsanwaltschaft tätig ist,
und ein Mentoring im Bereich der Staatsanwaltschaft aufgrund der dort
bestehenden Gegenzeichnung eigentlich nicht erforderlich ist. In den Bundesländern,
in denen man – wie auch hier in Hamburg – ausschließlich bei Gericht tätig
ist, wäre ein Mentoring gerade vor dem Hintergrund, daß das Kammerprinzip im
Zivilrecht nach der Neuregelung der ZPO rückgängig ist, grundsätzlich wünschenswert.
Es bestehen jedoch Probleme bei der praktischen Durchführung, nämlich im
Hinblick darauf, erfahrene Kollegen zu finden, die sich als Mentoren zur Verfügung
stellen. Ohne eine entsprechende Entlastung dürfte dies wohl nicht zu
verwirklichen sein.
Besondere Einstellungsverfahren:
Schließlich sprachen wir noch spezielle Einstellungsverfahren in den
einzelnen Bundesländern – und zwar insbesondere in Bayern und
Nordrhein-Westfalen – an. Während in Bayern seit Jahren streng nach der
ranking-Liste vorgegangen wird, ist in Nordrhein-Westfalen, das heißt dort im
Oberlandesgerichtsbezirk Hamm, in jüngster Zeit ein neues Einstellungsverfahren
entwickelt worden. Es gibt kein reines Vorstellungsgespräch mehr, sondern eine
Art Assessmentcenter. Das Ganze dauert einen Tag, man bekommt etwa 50 Akten, die
man innerhalb einer bestimmten Zeitvorgabe zu bearbeiten hat; des weiteren
werden Rollenspiele veranstaltet. Die Verantwortlichen versprechen sich, durch
dieses Verfahren besser die praktischen Fähigkeiten der Bewerber herauszufinden
und bei der Einstellung eben nicht primär nach den Examensergebnissen
vorzugehen.
Insgesamt war es wieder interessant, von den Situationen für die Assessoren in den anderen Bundesländern zu hören sowie Ideen und Anregungen für die eigenen Kolleginnen und Kollegen mitzunehmen.
Jessica Neumann