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Deutscher Richterbund:
Abschlusspapier der Arbeitsgruppe2
Qualität in der Justiz3

Die Kritikbereitschaft von Medien und Öffentlichkeit an der Arbeit der Gerichte und Staatsanwaltschaften ist gestiegen, die Gesellschaft erwartet ein Maximum an Gründlichkeit und Einzelfallgerechtigkeit bei schwindenden Ressourcen. Ökonomisierungstendenzen und betriebswirtschaftliche Ansätze halten Einzug auch in die dritte Staatsgewalt, das andernorts erfolgreich erprobte Neue Steuerungsmodell mit seinen Elementen Budgetierung, Kosten-Leistungs-Rechnung und Controlling, mit Kennzahlen und Qualitätsstandards wird vielfach unreflektiert auf die Justiz übertragen. Die überragende gesamtgesellschaftliche Stabilisierungsfunktion der Rechtspflege droht in den Hintergrund zu geraten: Erst die Justiz setzt letztlich unsere rechtsstaatliche Ordnung durch, sichert den Rechtsfrieden, gewährleistet Rechtsschutz des einzelnen Bürgers und sorgt für Rechtssicherheit. Gegenüber der Justiz gibt es aber nicht nur in der Exekutive ein latentes Misstrauen. Es bestehen erkennbare Vorbehalte bis hin zum Zweifel daran, ob es überhaupt der Unabhängigkeit der Richter in ihrer bisherigen Form bedarf oder ob wir nicht ein "neues Verständnis richterlicher Unabhängigkeit" brauchen - ein Verständnis, das eine "Einordnung der Richterschaft in vorgegebene Arbeitsabläufe" fordert und "verständigen Produktivitätserwartungen" an Richter und Staatsanwälte das Wort redet. Zudem erfordert die aufkommende Diskussion darüber, ob und wie die Justiz in mehr Eigenverantwortung, ja: in die Selbstverwaltung entlassen werden kann, eine Rückbesinnung auf die qualitativen Ziele jeder Justiztätigkeit.

Vor diesem Hintergrund fordert der Deutsche Richterbund dazu auf, die nachfolgenden Thesen zur Qualität der Arbeit in Gerichten und Staatsanwaltschaften zu diskutieren.

I. Grundlagen

1. Ausgangspunkt aller Überlegungen zu den Anforderungen an die Qualität der Arbeit von Richtern sind der Justizgewähranspruch des Grundgesetzes und das aus diesem folgende Richterbild.

Nach Art. 20 Abs. 2 GG ist die Rechtsprechung originärer und gleichberechtigter Teil der vom Volk ausgehenden Staatsgewalt. Diese institutionelle Unabhängigkeit wird ergänzt durch die Bindung auch der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, Art. 20 Abs. 3 GG. Die verfassungsrechtlich gebotene Gewaltenteilung ist ihrem Wesen nach ohne Unabhängigkeit der Rechtsprechung nicht denkbar. Nach Art. 92 und 97 GG ist die Rechtsprechung den Richtern anvertraut, die unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind. Zwischen der Funktion "Rechtsprechung" und dem Richter ist damit ein untrennbarer verfassungsrechtlicher Zusammenhang hergestellt. Die Richter müssen die Erreichbarkeit und Durchsetzbarkeit des verfassungsrechtlichen Rechtsschutzauftrages - des Kernelementes unseres Rechtsstaats - in jedem Einzelfall sicherstellen. Nur der unabhängige, unparteiische und neutrale Richter vermag die ihm anvertraute Funktion zu erfüllen, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Richters sind zentrale Elemente der Richtertätigkeit.

2. Der Richter konkretisiert den Justizgewähranspruch als "Treuhänder" des Volkes. Dieser treuhänderische Aspekt ist unverzichtbarer Bestandteil seines Arbeitsverständnisses.

Der Richter hat die verfassungsrechtliche Aufgabe, die rechtsstaatliche Justizgewährung zu sichern, nämlich die Durchsetzung unserer rechtsstaatlichen Ordnung, die Sicherung des Rechtsfriedens, die Wahrung des Rechtsschutzes des einzelnen Bürgers und die Erhaltung der Sicherheit des Rechts. Diese Aufgabe ist ihm "anvertraut". Gerade unter diesem treuhänderischen Gesichtspunkt wird ihm abverlangt, dass er seine Arbeit bestmöglich im Interesse seines "Treugebers" erfüllt, nämlich des Volkes, in dessen Namen er Recht spricht. In diesem Sinne ist richterliche Tätigkeit auch "Dienstleistung".

3. Die Schaffung eines neuen Richterbildes ist nicht geboten.

Das dargestellte Richterbild des Grundgesetzes zeichnet Aufgabe und Verpflichtung des Richters vollständig, es ist nicht ergänzungsbedürftig. Maßstab richterlichen Handelns bleibt allein der Justizgewährauftrag der Verfassung. In der Art und Weise der Leistungserbringung durch den Richter hat sich zwar viel geändert. Sein Umfeld unterlag in den letzten Jahrzehnten beachtlichen und gewichtigen Wandlungen. Kein Beruf kann sich den Veränderungen der Zeit entziehen, auch nicht der des Richters. So ist der Wandel auch in der Justiz gerade in den Bereichen Technik, Teamarbeit, Fortbildung, Öffentlichkeitsarbeit und Management unverkennbar. Diese Gesichtspunkte stellen aber lediglich Facetten in der Ausgestaltung richterlicher Arbeit dar, sie erfordern kein neues Richterbild.

Bestrebungen, die in diesem Zusammenhang richterliche Unabhängigkeit neu bestimmen oder gar einschränken wollen, ist mit Entschiedenheit eine Absage zu erteilen. Der vom Bundesgerichtshof als oberstem Dienstgericht gezeichnete Schutzbereich der richterlichen Unabhängigkeit ist unverzichtbar und unteilbar. Er umfasst alle der Rechtsfindung dienenden Sach- und Verfahrensentscheidungen, auch vorbereitende oder nachfolgende, sowie alle Handlungen, die mit der Aufgabe des Richters im konkreten Fall in Zusammenhang stehen, Recht zu sprechen.

4. Die Staatsanwaltschaft ist originärer Teil der Justiz.

Die Stellung der Staatsanwälte in der Justiz ist dem Richteramt ähnlich. Dies entspricht den historischen Ursprüngen ihrer Entstehung, aber auch ihrer Bedeutung und Aufgabenstellung in der Bundesrepublik Deutschland und ihrem hieraus gewachsenen Selbstverständnis. Zwar gehören ihre Entscheidungen nicht zur Rechtsprechung, jedoch ist die Staatsanwaltschaft ein der dritten Gewalt eng zugeordnetes Kontrollorgan der Rechtspflege; sie erfüllt im Strafrecht gemeinsam mit dem Gericht die Aufgabe der Justizgewährung.

5. Die Arbeit der Richter wie der Staatsanwälte erfordert Respekt und Unterstützung durch die anderen Staatsgewalten.

Richter und Staatsanwälte können ihre Aufgaben nicht erfüllen, wenn nicht ausreichende personelle und sachliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Die Gewährung von Rechtsschutz und Rechtsfrieden sowie eine wirksame Strafverfolgung sind Grundpfeiler unseres Rechtsstaats und dürfen nicht unter Kostengesichtspunkten zur Verfügungsmasse werden. Es ist Sache der Justiz, die zur optimalen Aufgabenerfüllung notwendigen Rahmenbedingungen von den anderen Staatsgewalten einzufordern.

In gleicher Weise ist der Rechtsprechung einschließlich der Arbeit der Staatsanwaltschaft - bei aller Berechtigung sachlicher Kritik im Einzelfall - stets der Respekt zu zollen, der ihr als eigenständiger Staatsgewalt zukommt, um ihr Ansehen in der Öffentlichkeit nicht zu untergraben.

II. Qualitätskriterien

1. Aus der verfassungsrechtlichen Stellung des Richters ergeben sich zwingend die Ziele und damit auch die Qualitätskriterien seiner Arbeit, die für ihn bindend und verpflichtend sind. Sie gelten weitgehend auch für Staatsanwälte entsprechend. Diese Ziele sind:

1. Gehorsam gegenüber Recht und Gesetz,

2. genaue Kenntnis und sorgfältigste Anwendung des materiellen Rechts unter Beachtung der Verfahrensordnungen bei genauer Tatsachenfeststellung,

3. Entscheidungsfindung in richterlicher Unabhängigkeit und unparteiisch,

4. Erzielung materiell gerechter Ergebnisse zur Rechtsbefriedung und Schaffung von Rechtssicherheit,

5. Einbindung richterlicher Arbeit in die Gesellschaft, grundsätzliche Akzeptanz der Ergebnisse richterlicher Arbeit in der Bevölkerung, auch durch verständliche Sprache,

6. Wahrung des Grundsatzes der Gleichheit vor dem Gesetz ggf. nach Beseitigung struktureller Ungleichgewichte zwischen den Verfahrensbeteiligten,

7. Transparenz richterlich bestimmter Verfahrensabläufe,

8. Entscheidungen in angemessener Zeit und in verständlicher Form unter Verzicht auf juristische Förmelei,

9. Beachtung der berechtigten Interessen der Verfahrensbeteiligten bei der Gestaltung des Verfahrens und dessen Vorbereitung (u.a. rechtliches Gehör, faires Verfahren, angemessene Terminierung),

10. Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen und Rücksichtnahme auf ihre besondere psychische Situation,

11. teamorientierte Zusammenarbeit mit den Assistenzkräften zum Zwecke der Optimierung der Verfahrensabläufe, auch unter Berücksichtigung der - individuell organisierten - Erreichbarkeit,

12. Darstellung der Arbeit nach außen mit dem Ziel der Vertrauensbildung in die Justiz und der bestmöglichen Transparenz ihrer Entscheidungen,

13. ressourcenschonende Amtsausübung unter Erhaltung der vorgenannten Qualitätskriterien (Wirtschaftlichkeitsgebot).

2. Rechtsanwendung und Entscheidungsfindung sind nur in Grenzen messbar.

Die richterliche Spruchtätigkeit ist schöpferischer Erkenntnisprozess, der sich einer Messung grundsätzlich entzieht. Dennoch tragen rationales, reflexives, distanziertes und ergebnisoffenes Vorgehen ebenso zur Transparenz richterlicher Arbeit bei wie zeitnahes Entscheiden. Messbare Parameter wie Rechtsmittelhäufigkeit, Aufhebungsquote, Vergleichsquote, Verfahrenskosten u.a. haben als Teilaspekte keine zwingende Aussagekraft für die Beurteilung der Qualität der Rechtsanwendung.

3. Die Gewährleistung der Qualität richterlicher und staatsanwaltschaftlicher Arbeit obliegt als ureigene Aufgabe in erster Linie den Richtern und Staatsanwälten selbst. Dies schließt nicht aus, dass sie sich externen Sachverstandes bedienen.

Richter und Staatsanwälte sind für Einhaltung wie Durchsetzung der sich aus ihrem Auftrag ergebenden Anforderungen an die Qualität ihrer Arbeit verantwortlich. Sie haben die Beachtung und Einhaltung der Qualitätskriterien (oben II. 1.) zu gewährleisten. Es bestehen keine Bedenken dagegen, wenn sie sich hierzu Kenntnis über die wissenschaftlich entwickelten, gängigen Methoden des Qualitätsmanagements verschaffen und bei Bedarf auch externe Beratung und Hilfe in Anspruch nehmen.

In den Gerichten ist aus verfassungsrechtlichen Gründen jede inhaltliche Fremdbestimmung unzulässig. Die Institution eines externen Gerichtsmanagers ist abzulehnen, weil sie gegen die bewährten und unverzichtbaren Grundsätze der Präsidialverfassung verstößt.

4. Ein allgemeines Anforderungsprofil für Richter und Staatsanwälte ist nicht erforderlich. Notwendig ist ein Einstellungsprofil für Richter auf Probe, das sich am Grundgesetz zu orientieren hat. Die Forderung der Bestenauslese gebietet es, je eigene Profile für andere Ämter als das Eingangsamt zu entwickeln.

Die Sicherstellung der Qualität der Rechtsgewährung erfordert die Aufstellung eines Einstellungsprofils, dessen Kerninhalte vom Grundgesetz vorgegeben sind. Die Noten in den beiden Staatsexamina bieten zwar den Ausgangspunkt und einen objektiven Maßstab, der aber nicht unbedingt eine abschließende Eignungsprognose erlaubt. Die Einstellungsentscheidung muss deshalb daneben wesentlich auf die vom Grundgesetz vorgegebenen Qualitätsmerkmale und deren Realisierungschancen in der Person der Bewerber abstellen, also auch auf deren Charakter, menschliche Eigenschaften und Fähigkeiten wie Bereitschaft zur Selbstkritik, Standfestigkeit, Leistungsbereitschaft, Entschlusskraft und soziale Kompetenz.

Der Grundsatz der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG) gilt für alle Ämter des Richters wie des Staatsanwalts. Deshalb sind für andere Ämter als das Eingangsamt eigene Anforderungsprofile zu erstellen, die sich an den jeweiligen besonderen Erfordernissen des Amtes zu orientieren haben. Offenkundig sind unterschiedliche Anforderungen zu stellen und verschiedene Qualifikationen notwendig für die Ämter etwa des weiteren aufsichtsführenden Richters am AG, des Vorsitzenden eines Spruchkörpers, für die Leitung eines Gerichts und einer Staatsanwaltschaft oder die Tätigkeit an einem Obersten Bundesgericht. Die das jeweilige Amt kennzeichnenden Anforderungsprofile sollten aus Gründen der Chancengleichheit und Chancenabschätzung veröffentlicht werden. Die Veröffentlichung wirkt auch dem Eindruck entgegen, dass Arbeit und Leistung in der Justiz jeder Beurteilung von außen entzogen ist. Zugleich stellen veröffentlichte Anforderungsprofile eine Aufforderung an die Politik dar, die Ämter in der Justiz nur mit entsprechend Qualifizierten zu besetzen. Alle potentiellen Bewerber müssen sich entsprechend qualifizieren können.

III. Qualitätsmanagement

1. Qualitätsmanagement (Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle) muss das gesamte Berufsleben des Richters und des Staatsanwalts begleiten. Die Möglichkeiten der Eigenkontrolle sollten verstärkt genutzt werden.

Die datenmäßige Erfassung richterlicher und staatsanwaltlicher Tätigkeit ist zulässig. Sie ist als solche kein Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit. Die richterliche Tätigkeit ist keine Arbeit im Geheimen, die sich statistischer Erfassung entzieht. Durch die Erhebung von Daten wird kein Richter oder Staatsanwalt in seiner Arbeitsweise beeinträchtigt. Schon aus den seit langem verwendeten Zählkarten lässt sich die Arbeitsweise des Einzelnen erfassen und bewerten. Die Computertechnik erleichtert diese Arbeit, auf Knopfdruck entsteht ein Abbild etwa von Arbeitsweise und Erledigungsgeschwindigkeit. Derart sensible Daten dürfen allerdings nicht für jedermann verfügbar sein. Eine sinnvolle interne Qualitätskontrolle setzt gleichwohl die Auswertung der verfügbaren Daten voraus.

Die Daten können für den Einzelnen ein wichtiges Hilfsmittel zur Eigenkontrolle und zur Überwachung der dargestellten Qualitätsmaßstäbe sein. Aus Gründen der Transparenz bestehen keine Bedenken dagegen, die intern erhobenen Daten mit Zustimmung der Richterräte und Staatsanwaltsräte auch intern bekannt zu geben. Der unmittelbaren Dienstaufsicht müssen die Einzeldaten ebenfalls zugänglich sein, eine wirksame Dienstaufsicht setzt die Kenntnis der beaufsichtigten Arbeit voraus. Die weitere Dienstaufsicht braucht keine Einzeldaten, sondern benötigt für ihr strategisches Controlling lediglich zusammengefasste Daten der vorangegangenen Hierarchieebenen. Die Daten dürfen daher nur verdichtet an die nächsthöhere Ebene weitergegeben werden. Justizverwaltung und Politik können so sachgerecht reagieren.

2. Die Optimierung der Arbeitsabläufe in den Gerichten und Staatsanwaltschaften erfordert nach innen eine Institutionalisierung der Kommunikation zwischen den einzelnen Diensten. Nach außen ist die angemessene Erreichbarkeit der Richter und Staatsanwälte sicherzustellen. Dafür bedarf es keiner Änderung der bisherigen Führungsstrukturen in der Justiz.

Teamarbeit ist auch für die Justiz unerlässlich. Richter und Staatsanwälte tragen Mitverantwortung für nachfolgende Arbeitsabläufe. Eine Pflicht, den eigenen Arbeitsbereich im Team sinnvoll zu organisieren, kann die richterliche Unabhängigkeit nicht beeinträchtigen. Auch Richter und Staatsanwälte sind gehalten, die Rahmenbedingungen in optimaler Weise auszunutzen. Das Verhältnis zwischen den verschiedenen Diensten in der Justiz ist von Respekt und Zusammenarbeit bestimmt. Dennoch tragen Richter und Staatsanwälte zu Recht keine Führungsverantwortung im Sinne einer Dienstaufsicht etwa für die Geschäftsverteilung und Vertretungsregelung in den Folgediensten: Sie wären damit für die Organisation und Funktion der Serviceeinheit an Stelle der Verwaltung verantwortlich, Fach- und Dienstvorgesetzter der Mitarbeiter. Diese Verlagerung der beschriebenen Aufgaben von der Verwaltung bedeutete für die Richter eine Abkehr von der in der deutschen Justizkultur fest verwurzelten Präsidialverfassung, für die Staatsanwälte einen Bruch in dem bewährten hierarchischen Behördenaufbau. Der Richter wäre zudem in seiner Eigenschaft als Dienstvorgesetzter der Serviceeinheit weisungsgebunden, damit können naturgemäß auch Inhalte gesteuert werden, die ansonsten dem grundgesetzlichen Schutz der Unabhängigkeit unterliegen.

Die Frage, ob Richter feste Dienstzeiten einzuhalten haben, ist in der Rechtsprechung abschließend geklärt und aus guten Gründen zu verneinen. Ein durchweg berechtigtes Anliegen ist jedoch die Ansprechbarkeit, die Erreichbarkeit der Richter und Staatsanwälte, auch für die Mitarbeiter in den Teams. Sie ist individuell zu regeln und unschwer sicher zu stellen durch moderne Kommunikationsmittel wie Handy und Fax. Internet- und e-Mail - Anschluss müssen in jedem Gericht, jeder Staatsanwaltschaft eine Selbstverständlichkeit sein.

3. Für das notwendige Qualitätsmanagement sind innerhalb der Gerichte und Staatsanwaltschaften laufbahninterne und laufbahnübergreifende Qualitätszirkel zu bilden.

Qualitätszirkel sind Arbeitsgruppen, die sich regelmäßig, bei Bedarf auch zusätzlich anlassbezogen auf freiwilliger Basis zur Optimierung eines bestimmten Arbeitsbereiches zusammenfinden. Die Arbeit in Qualitätszirkeln ist Teil des Dienstes. Sie arbeiten ohne Beteiligung der Gerichts- oder Behördenleitung, ggf. unter Leitung eines Moderators.

a. Laufbahninterne Qualitätszirkel der Richter und Staatsanwälte arbeiten an der kontinuierlichen Qualitätsverbesserung ihrer Dienstleistung. Die regelmäßige Arbeit in laufbahninternen Qualitätszirkeln wird initiiert und begleitet von den Personalvertretungen der Richter und Staatsanwälte. Der jeweilige Richter- oder Staatsanwaltsrat könnte die Aufgaben der internen Qualitätskontrolle übernehmen und gleichzeitig Anregungen der Verwaltung entgegennehmen und weiterleiten. Die Qualitätszirkel diskutieren Möglichkeiten der besseren Realisierung von Qualitätskriterien, sprechen abstrakte Empfehlungen (Standards) zur Umsetzung und Einhaltung solcher Merkmale gegenüber der Kollegenschaft aus und unterbreiten der Verwaltung Vorschläge zur Optimierung von Arbeitsabläufen.
Solche Qualitätszirkel ohne Beteiligung der Gerichtsleitung beeinträchtigen die richterliche Unabhängigkeit nicht; konkrete Weisungen, die den geschützten Kernbereich richterlicher Tätigkeit betreffen, verbieten sich allerdings von selbst.

b. Laufbahnübergreifende Qualitätszirkel institutionalisieren eine permanente Kommunikation in konkreten Arbeitsfeldern (Abteilungen, Serviceeinheiten, Verwaltung u.a.). Ihre Aufgabe besteht in der gemeinsamen Erarbeitung von Verbesserungsvorschlägen, die der Gerichts- oder Behördenleitung zur Umsetzung unterbreitet werden. Das Erreichen eines angestrebten Qualitätsstandards setzt Kenntnis der Arbeitsweise der anderen Dienste und Zusammenarbeit mit ihnen voraus. Dies macht eine regelmäßige Diskussion und Abstimmung über qualitätsschaffende und qualitätssichernde Maßnahmen zwischen allen betroffenen Mitarbeitern notwendig. Nur dann können Richter und Staatsanwälte einerseits und die Assistenzkräfte andererseits die Bedürfnisse und Erfahrungen des jeweils anderen Dienstbereiches zur Verbesserung der Ergebnisse ihrer Arbeit einsetzen.

c. Qualitätszirkel vergleichbarer Gerichte und Staatsanwaltschaften sollten einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch untereinander pflegen. Die Koordination übernehmen die Richter- und Staatsanwaltsräte.

d. Die Anwaltschaft als ein Adressat der Arbeit bei Gerichten und Staatsanwaltschaften sowie Behörden (Polizei, Jugendamt u.a.)und die Medien haben bestimmte Erwartungen an die Justiz. Diese sollten in den Diskussionen der Qualitätszirkel ermittelt und berücksichtigt werden.

e. Angesichts der generellen Bedeutung der Richter- und Staatsanwaltsräte und der ihnen hier zugewiesenen weiteren Aufgaben ist deren Position zu stärken. Sie sind – wo noch nicht geschehen – auch auf der Ebene der Amts- und Landgerichte sowie der einzelnen Staatsanwaltschaft zu bilden.

IV. Weiterbildung (Aus- und Fortbildung)

1. Eine verantwortliche Berufsausübung des Richters und des Staatsanwalts ist ohne permanente Weiterbildung nicht möglich. Diese ist deshalb obligatorisch.

Will die Justiz die von ihr zu Recht geforderte Qualität ihrer Leistungen halten und verbessern und so ihren Verfassungsauftrag erfüllen, müssen Richter und Staatsanwälte Weiterbildung in größerem Umfang als bisher in Anspruch nehmen. Die Justiz muss klare Weiterbildungsziele formulieren und diese professionell zu erreichen suchen. Ohne permanente Fortbildung können Richter und Staatsanwälte die neuen Anforderungen auch im technischen und organisatorischen Bereich nicht erfüllen. Die Belastung mit der täglichen Arbeit ist nie eine Entschuldigung oder gar Rechtfertigung für Verzicht auf Weiterbildung. Die Qualität der Arbeit muss Vorrang vor der Quantität haben.

Zu unterscheiden ist zwischen der postassessoralen Ausbildung der Berufsanfänger und der folgenden fachlichen Fortbildung.

a. Die Ausbildung der Juristen vermittelt derzeit nicht in ausreichendem Maße die notwendigen Kenntnisse der Arbeits- und Entscheidungstechnik der Richter und Staatsanwälte. Diese Kenntnisse sollten nicht nur am Arbeitsplatz "learning by doing" erworben werden. In der Proberichterzeit müssen sie in berufsbegleitenden Veranstaltungen vermittelt werden: Jeder Richter auf Probe/Staatsanwalt muss alsbald nach Diensteintritt in mehrwöchigen und wiederholten Veranstaltungen in die Entscheidungstechnik der verschiedenen Arbeitsfelder sowie in die Methoden der Tatsachenfeststellung vor Gericht eingewiesen werden.

Die Teilnahme an diesen Fortbildungsveranstaltungen ist Dienstpflicht. Die Allgemeinheit hat einen Anspruch darauf, dass Richter und Staatsanwälte die für die Berufsausübung notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen. Es kann deshalb nicht im Belieben der Berufsanfänger liegen, ob, wann und wie sie diese erwerben. Der für die Vermittlung und Vertiefung dieser Kenntnisse notwendige Zeitaufwand ist von vornherein von den Dienstvorgesetzten und den Präsidien bei dem Einsatz der Berufsanfänger zu berücksichtigen.

b. Die Verpflichtung zur Weiterbildung ist auch bei allen anderen Richtern und Staatsanwälten als Obliegenheit zu definieren. Sie muss für alle Richter und Staatsanwälte selbstverständlich werden. Justizverwaltung und Politik haben die hierfür erforderlichen Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Die Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen ist durch Bescheinigungen zu belegen, die zu den Personalakten genommen werden. In die Beurteilungen muss die Fortbildungsbereitschaft als positives Merkmal einfließen. Die Teilnahme an amtsspezifischen Fortbildungsveranstaltungen ist in der Regel Voraussetzung für die Übertragung eines Beförderungsamtes (vgl. II. 4.). Daraus folgt die Verpflichtung, derartige Weiterbildungsangebote bereitzuhalten.

Vor jedem Wechsel in ein anderes Fachgebiet, jedenfalls alsbald danach, ist jedem Betroffenen Gelegenheit zu geben, sich außerhalb der täglichen Arbeit fachlich zu informieren und von den Erfahrungen anderer zu profitieren. Auch dies wird in der Regel nur in einer mehrwöchigen und wiederholten Weiterbildung möglich sein.

Zur Erhaltung des Qualitätsstandards ist - unabhängig von jedem Wechsel des Aufgabengebiets - permanente Fortbildung notwendig, auf der auch durch externe Fachleute Fachwissen und die Auswirkungen von Neuerungen und Änderungen auf die Rechtsanwendung zu vermitteln sind. Gegenstand der Fortbildung müssen auch das Bemühen um rechtsbefriedigende Ergebnisse, die Beachtung der über den Einzelfall hinausgehenden Wirkungen von Entscheidungen, Personalführung, Selbst- und Zeitmanagement, moderne technische Hilfsmittel und die Öffentlichkeitsarbeit sein.

3. Weiterbildung ist zu institutionalisieren.

Die hier aufgeführten umfangreichen Forderungen an die Fortbildung der Richter und Staatsanwälte erfordern eine Institutionalisierung. Es muss - wie derzeit schon bei der Deutschen Richterakademie und den Justizakademien der Länder - einen festen Veranstaltungsplan geben, der jede Richterin und jeden Richter, jede Staatsanwältin und jeden Staatsanwalt in die Lage versetzt, sich entsprechend dem Vorstehenden fortzubilden. Aus- und Fortbildung erfordert einen erheblichen Aufwand. Der erhöhte Personalbedarf muss sich in jeder Personalbedarfsberechnung niederschlagen.



2)   In der Arbeitsgruppe haben mitgearbeitet DirAG Henning, Göttingen, VRiOLG Kleinknecht, Nürnberg, PräsLG Mackenroth, Itzehoe (Leitung), VRiOLG Dr. Pelz, Hamm, VPrBFH Spindler, München
3)   Fassung lt. Beschluss Präsidiumssitzung 12. Oktober 2001


....und dazu der Kommentar: