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Deutscher Richterbund
An die Mitglieder des Deutschen Richterbundes
Berlin, 27. Dezember 2001
Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Bundesregierung hat sich also nicht davon abbringen lassen: Die Versorgung der Richter und Beamten wird nochmals gekürzt. Trotz der im Jahr 1998 beschlossenen Versorgungsrücklage, durch die wir – entsprechend der 1998 beschlossenen Rentenreform – an der "wirkungsgleichen Übertragung" der Rentenkürzungen schon einmal teilgenommen haben. Die Rentenreform des Jahres 1998 wurde bekanntlich aufgehoben und durch die jetzige Rentenreform ersetzt; die Kürzungen für Richter und Beamte aus dem Jahre 1998 haben dagegen Bestand – dafür nehmen wir jetzt ein weiteres Mal "wirkungsgleich" an der neuen Rentenreform teil. Eine eklatante Ungerechtigkeit.

Der DRB und auch die Landesverbände haben ihr Möglichstes getan, um diese Kürzungen zu verhindern oder zumindest abzumildern. Wir haben

In den vielen Gesprächen mit Justizpolitikern habe ich immer wieder in deutlichen Worten auf die mit den Kürzungen verbundenen Ungerechtigkeiten hingewiesen. Es stellte sich heraus, dass die Politiker durchaus Verständnis für unsere Auffassung haben, sie vielfach sogar teilen. Selbst der Bundesarbeitsminister hat schriftlich erklärt, dass bei den ursprünglichen Plänen Richter und Beamte stärker belastet würden als die Rentenversicherten.

Geholfen hat dies nicht: Die Bundesregierung hat ihre ursprünglichen Pläne nach der heftigen Kritik lediglich ein wenig abgemildert. Sie hat vorgeschlagen, die Versorgungsbezüge ab 2003 nicht wie geplant um 5 % (Höchstpension 71,25 % statt 75 %), sondern "nur" um 4,33 % (Höchstpension auf 71,75 %) zu kürzen. Sie hat weiter vorgeschlagen, die Abschläge für den Versorgungsfonds von 3 x 0,2 % bis 2001 (eigentlich viermal, aber im Jahr 2000 ist die Anhebung der Bezüge ja ausgefallen) nicht weitere 11 Jahre, sondern nur noch 7-mal, also von 2011 bis 2017 fortzuführen. Der Bundestag hat diesen Vorschlag ohne weitere wesentliche Änderungen am 30. November 2001 in zweiter und dritter Lesung durchgepeitscht. Er hat keine Rücksicht darauf genommen, dass sein Rechtsausschuss noch in der Sitzung vom 27. November 2001 einstimmig "erheblichen verfassungsrechtlichen Beratungsbedarf" erkannt hatte. Er hat sich auch nicht daran gestört, dass ein offizielles Protokoll der Sachverständigenanhörung zu diesem Zeitpunkt noch nicht existierte.

Am 20. Dezember 2001 hat auch der Bundesrat das Gesetz passieren lassen, so dass dem Inkrafttreten am 1. Januar 2002 nichts mehr im Wege steht.

Ich habe in den vielen Gesprächen deutlich gemacht, dass sich die Richter und Beamten eine solche Ungerechtigkeit und einen solchen Vertrauensbruch – schließlich sind wir alle unter völlig anderen Bedingungen in unser Dienstverhältnis eingetreten – nicht gefallen lassen können und werden. Präsidium und Bundesvorstand haben beschlossen, den Mitgliedern, insbesondere den Pensionisten, zu empfehlen, Widerspruch gegen ihre Bezüge-Bescheide einzulegen, sobald die Maßnahmen wirksam werden. Außerdem wird der DRB in Abstimmung mit den Landesverbänden in allen Bundesländern für jeweils einen Musterprozess Rechtsschutz gewähren.

Wir werden auch politisch "am Ball bleiben", werden weitere Gespräche auf allen Ebenen führen, um gerade vor der Bundestagswahl von allen Parteien öffentliche Aussagen zu erhalten, ob und ggf. wie die Ungerechtigkeiten beseitigt werden könnten. Ich bitte Sie herzlich, auch selbst derartige Gespräche mit ihren örtlichen Abgeordneten zu führen und sie darauf hinzuweisen, dass mit Richtern und Beamten so nicht umgesprungen werden kann.

Zwar konnte es uns angesichts des massiven entgegenstehenden politischen Willens nicht gelingen, die Kürzungen insgesamt zu verhindern. Andererseits haben wir uns darum jedenfalls bemüht, und zwar - soweit erkennbar - als einziger Berufsverband der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Die Stimme des DRB war deutlich vernehmbar und hat Gehör gefunden. So konnten wir jedenfalls noch Schlimmeres abwehren.

Ich sage Ihnen zu, dass "Berlin" auch zukünftig in diesem Sinne für Sie arbeiten wird.

Mit kollegialem Gruß

Geert Mackenroth