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Finanzgericht als
"frauenfreie Zone"??

Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluß vom 18. Mai 2001 die Ernennung einer Finanzrichterin (52) zur Vorsitzenden per einstweiliger Anordnung auf Antrag eines männlichen Konkurrenten gestoppt. Die vom Gerichtspräsidenten und der Justizsenatorin Vorgeschlagene hatte im Richterwahlausschuß eine knappe Mehrheit erhalten, wie die Presse berichtete. Mit ihrer Ernennung wäre sie die erste weibliche Vorsitzende am Finanzgericht geworden. Ihr Gegenkandidat (56) sah durch die Bevorzugung einer Frau den Grundsatz der Bestenauslese verletzt. Das Verwaltungsgericht, dessen Beschlußtenor wir unten wiedergeben, befand, eine unmißverständlich geäußerte Bitte der Senatorin an den Präsidenten des Gerichts, ihr eine Frau vorzuschlagen, sei geeignet, Blickwinkel und Auswahl zu Lasten des männlichen Bewerbers zumindest zu verengen, wenn nicht erheblich zu beeinflussen.

Beschluß des
Verwaltungsgerichts Hamburg vom 18. Mai 2001
(3 VG 1075/2001)

Ein Richter kann ebenso wie ein Beamter verlangen, daß über seine Bewerbung auf eine Beförderungsstelle in einem fairen und chancengleichen Verfahren unter Beachtung des Leistungsgrundsatzes (Bestenauslese) entschieden wird. Hieran ist auch der Richterwahlausschuß gebunden

Tenor:

Der Antragsgegnerin (der Justizbehörde Hamburg) wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Beigeladene zur Vorsitzenden Richterin am Finanzgericht der Besoldungsgruppe R 3 zu ernennen, bevor nicht über die Bewerbung des Antragstellers auf diese Stelle bestandskräftig entschieden ist.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen hat.

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Wer den – langen - vollständigen Beschluß lesen möchte, wende sich an Frau Hamann (Tel. 428 43-2629).

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Der nächste Akt folgte, als sich die zweite Bürgermeisterin kommentierend einschaltete. Der Vorsitzende des Bundes der Finanzrichter schrieb an sie wie folgt:
 

An die Zweite Bürgermeisterin der Freien und Hansestadt Hamburg Krista Sager

Senatsamt für die Gleichstellung Alter Steinweg 4 20459 Hamburg

Hamburg, den 28. Mai 2001

Betrifft: Presseerklärung vom 24. Mai 2001 "Frauenfreie Zone am Finanzgericht"

Sehr geehrte Frau Senatorin Sager,

mit Erstaunen hat der Landesverband Hamburg des Bundes Deutscher Finanzrichter Ihre vom Senatsamt für die Gleichstellung verbreitete Erklärung zur Kenntnis genommen, das Finanzgericht habe es "offensichtlich 50 Jahre lang geschafft, seine Führungsebene als frauenfreie Zone zu konservieren"; das sei "eine satte Leistung" der Richterschaft. Darüber hinaus haben Sie geäußert, dass beim Finanzgericht Hamburg 50 Jahre lang eine Bestenauslese zu Gunsten von Männern stattgefunden habe.

Diese Äußerungen können weder bezüglich des Inhalt noch hinsichtlich der Form unwidersprochen bleiben:

Die Äußerungen sind inhaltlich falsch. Erstmals Mitte der 80ger Jahre haben sich Frauen auf Richterstellen am Finanzgericht Hamburg beworben. Seither haben 11 Richterinnen und 16 Richter beim Finanzgericht ihren

 

Dienst aufgenommen. Derzeit umfasst die Richterschaft des Finanzgerichts (neben dem Präsidenten) 9 Richterinnen und 15 Richter, darunter zwei Richterinnen auf Halbtagsstellen. Da das Finanzgericht ein oberes Landesgericht ist, hat das Gericht keine Eingangsstellen, vielmehr sind alle Richterstellen Beförderungsstellen (R 2 und R 3). Dies hat zur Folge, dass die richterlichen Mitglieder des Gerichts üblicherweise erst in einem höheren Lebensalter – meist erst mit 40 Jahren und älter – an das Gericht kommen. Eine (weitere) Beförderung auf eine R 3–Stelle ist regelmäßig erst nach weiteren 10 bis 15 Jahren üblich. Unter Berücksichtigung dieser Umstände – über die wir Sie auf Nachfrage gerne auch bereits vor Ihren oben erwähnten Äußerungen in Kenntnis gesetzt hätten – ist es für einen objektiven Betrachter wenig verwunderlich und jedenfalls nicht mit Frauenfeindlichkeit zu erklären, dass derzeit (noch) keine Frau eine R 3–Stelle inne hat

Mit Ihren Äußerungen unterstellen Sie der Richterschaft des Finanzgerichts Hamburg eine bewusst frauenfeindliche Haltung.Diese Unterstellung weist der Landesverband Hamburg mit Nachdruck zurück. Die Formulierung Ihrer Vorwürfe weist eine – selbst in Zeiten beginnenden Wahlkampfes – nicht hinnehmbare Polemik auf.

Wie jeder staatliche Tätigkeitsbereich hat sich auch die Justiz öffentlicher Kritik zu stellen. Kritik aus dem Mund eines Regierungsmitglieds sollte jedoch um so mehr sachbezogen sein und sich jeder tendenziösen und selbstdarstellerischen Äußerung enthalten, wenn sie – wie hier – einer anderen Staatsgewalt gegenüber geäußert wird.

Wir würden es begrüßen, wenn Sie Gelegenheit finden würden, Ihre Äußerungen in entsprechender Form richtig zu stellen.

Für den Landesverband

(Dr. Kauffmann)