Am 1. März 2001 fand die satzungsgemäß jährlich durchzuführende Mitgliederversammlung statt.
Im öffentlichen Teil der gut besuchten Mitgliederversammlung sprach auf Einladung des Richtervereins Frau Prof. Dr. Lerke Osterloh, Richterin am Bundesverfassungsgericht, Mitglied des 2. Senats, zu dem Thema: "Aktuelle Probleme zum Annahmeverfahren". Da infolge technischer Probleme ein Mitschnitt des Vortrags nicht gelang, mache ich nachfolgend den Versuch, die vielschichtigen Ausführungen jedenfalls kurz inhaltlich wiederzugeben.
Frau Prof. Dr. Osterloh schilderte zunächst die aktuelle Praxis, die davon geprägt sei, eine Steuerung der Verfahrensflut durch strenge Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen zu erreichen.
So sei die erste Voraussetzung, die Rechtswege-erschöpfung, zum Grundsatz einer allgemeinen Subsidiarität im weiteren Sinne erweitert worden.
Als zweite Voraussetzung sei für eine zulässige Verfassungsbeschwerde die fristgerechte Vorlage aller Unterlagen erforderlich.
Drittens werde für die Zulässigkeit eine substantiierte Darlegung der Grundrechtsverletzung und eine hinreichend substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung verlangt.
Im folgenden unterzog Frau Prof. Osterloh diese Anforderungen einer Überprüfung anhand der gesetzlichen Regelungen für die Einreichung von Verfassungsbeschwerden und machte deutlich, dass mit den geschilderten Zulässigkeitsanforderungen zusätzliche Schranken für die Einreichung von Verfassungsbeschwerden aufgerichtet worden seien.
Insoweit gebe es durchaus kritische Stimmen, die das praktizierte Verfahren als Ruck-Zuck-Verfahren bezeichneten oder von einer peniblen, formalistischen Prüfung der Annahmevoraussetzungen sprächen.
Frau Prof. Dr. Osterloh stellte sodann Überlegungen der sogenannten Entlastungskommission des Bundesjustizministeriums vor, die darauf abzielen, eine Änderung der gesetzlichen Vorschriften de lege ferenda zugunsten einer Angleichung an das System des Supreme Court zu erreichen.
"Selbstversuche" des Verfassungsgerichts, bei denen Verfassungsbeschwerden sowohl nach dem bisherigen System als auch nach den Reformvorschlägen behandelt wurden, ergaben - so Frau Prof. Dr. Osterloh - jedoch keinen deutlich messbaren Vorteil für die Bearbeitung der Verfassungsbeschwerden nach den Reformvorschlägen.
In einem letzten Teil schilderte die Vortragende sodann die Möglichkeiten, de lege lata die Problematik der Verfassungsbeschwerden zu bewältigen. Dabei müsse akzeptiert werden, dass die offenen Entscheidungsräume im Gesetz enthalten seien. Es handele sich um eine bewusste sprachliche Vagheit, wobei Frau Prof. Dr. Osterloh ihre Ausführungen aber nicht als Plädoyer für die Praktizierung eines freien Ermessens verstanden wissen wollte.
Letztlich, so das Resümee der Vortragenden, seien die Kosten des Rechtsschutzes nach dem Willen des Gesetzgebers zu tragen. Sie endete ihre Ausführungen mit dem Schlusssatz: Eine Veränderung wird nicht durch Gesetzesänderungen bewirkt, sondern durch eine Veränderung in den Köpfen.
Nach einer kurzen Pause fand sodann die eigentliche Mitgliederversammlung statt, die - wie üblich - mit dem Geschäftsbericht begann. Wiederholen möchte ich an dieser Stelle meinen Dank an alle Mitglieder des Vorstandes für die geleistete Arbeit, ferner meinen Dank an diejenigen, die in den Gremien des Deutschen Richterbundes mitarbeiten sowie meinen besonderen Dank an Frau Wiedemann und Herrn Hirth, an erstere wegen ihres unermüdlichen Einsatzes für unser Mitteilungsblatt und an letzteren wegen seiner engagierten Gestaltung der homepage.
Dargestellt wurde die Arbeit des Vorstands im Zusammenhang mit Gesetzgebungsentwürfen (ZPO, Strafverfahrensrecht) und in der Ausgestaltung bzw. Intensivierung von Kontakten mit Anwälten, Vertretern der politischen Parteien sowie mit den Landesverbänden von Bremen und Schleswig-Holstein.
Ferner konnte ich über die großartige Resonanz berichten, die der Aufruf zur Mithilfe bei der Aktion gegen Rechtsextremismus im Kollegenkreis gefunden hatte. Mehr als 40 Kolleginnen und Kollegen haben sich spontan zur Mitarbeit bereit erklärt. Nach einem Vorgespräch in der Schulbehörde werden die gesammelten Daten über Themenangebote und Einsatzbereiche der Schulbehörde zur Verfügung gestellt werden, die diese Aufstellung sodann allen in Betracht kommenden Schulen und eventuell auch Jugendverbänden zuleiten wird.
Allen Mitwirkenden danke ich an dieser Stelle nochmals für die tatkräftige und so bereitwillige Unterstützung.
Hinzuweisen ist aber auf eine weitere Aktion, die dringend unserer Unterstützung - dieses Mal allerdings in finanzieller Form - bedarf:
die Kolumbienhilfe des Deutschen Richterbundes (vgl. dazu Voss in DRiZ 2001, A 1 und S. 9 ff.).
Bitte fördern Sie diese immer noch notwendige Hilfsaktion! Jeder Betrag, sei er auch noch so klein, wird gebraucht. Hier nochmals die für eine Überweisung erforderlichen Angaben:
Misereor e.V., Kto-Nr. 2014,
BLZ 390 500 00, Sparkasse Aachen
Verwendungszweck: Spende/Hilfe
für kolumbianische Richter/DRB.
Der Kassenbericht lag schriftlich aus und wurde kurz erläutert. Die Entwicklung des Kontostandes ist durchaus erfreulich, nicht zuletzt wegen der Überweisung eines Überschussbetrages seitens der Organisatoren des Juristenballs. Dafür sei auch an dieser Stelle ausdrücklich gedankt.
Richter am Amtsgericht Dr. Dahm als Kassenprüfer bestätigte - zugleich für den verhinderten Richter am Landgericht Loth - die ordnungsgemäße Kassenführung.
Nach kurzer Aussprache wurde die Entlastung des Vorstandes und der Kassenwartin beschlossen.
Zu Tagesordnungspunkt 4 stellte sodann Oberstaatsanwalt Meyer die Vorschläge für eine Satzungsänderung vor, insbesondere verlas er den von Richter am Verwaltungsgericht Bertram eingereichten Vorschlag, der dahin ging, den Vorstand zu beauftragen, die Satzung mit dem Ziel der Klarheit und Vollständigkeit zu überarbeiten, den Vorschlag mindestens ein halbes Jahr vor der zur Abstimmung bestimmten Mitgliederversammlung allen Mitgliedern (z.B. über die MHR) vorzulegen und die organisatorischen Voraussetzungen für eine so rechtzeitige Diskussion der Mitglieder über den Vorschlag zu schaffen, dass noch Veränderungen bzw. Verbesserungen in die Beschlussvorlage einfließen können.
Dieser Vorschlag wurde mit überwiegender Mehrheit angenommen, so dass auf eine Diskussion der weiteren Vorschläge für eine Satzungsänderung verzichtet wurde.
Sodann erfolgte die Wahl der neu zu besetzenden Vorstandspositionen. Eine Auflistung des Vorstands in seiner jetzigen Zusammensetzung finden Sie in diesem Heft, abgedruckt auf S. 25f.
Nach einem organisatorischen Ausblick auf die nächsten Termine für die Vorstandsmitglieder unter Verschiedenes endete die Mitglieder-versammlung.
Abschließend möchte ich alle Mitglieder und interessierte Leser des Mitteilungsblattes auffordern, im Rahmen ihrer Möglichkeiten sich an der Arbeit im Hamburgischen Richterverein zu beteiligen. Die Mitglieder des Vorstandes stehen jederzeit als Ansprechpartner zur Verfügung. Wir freuen uns über jede Anregung und jedes Angebot zur Mitarbeit.
Inga Schmidt-Syaßen