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Aus dem Vorstand
Bundesvorstandssitzung
am 30./31. März 2000 in Potsdam

Die Tagesordnung sah ein umfangreiches Programm vor, das nicht nur den Haushalt 2000, sondern auch Beratungen zu Reformgesetzen im Zivilprozess und Strafprozess betraf.

Am ersten Tage wurden nach einer kurzen Aussprache über den Haushalt 2000 die Vorschläge der Arbeitsgruppe "Stärkung des Adhäsionsverfahrens" erörtert.

In der Diskussion wurde das Für und Wider einer Stärkung des Adhäsionsverfahrens angesprochen. Es ergab sich, dass die Mehrheit der Diskussionsredner sich für eine Stärkung und einen Ausbau des Adhäsionsverfahrens aussprach. Dies galt auch für diejenigen, die im Rahmen der Staatsanwaltschaft tätig sind oder tätig waren.

Die Diskussion wurde mit der Abstimmung beendet, die eine deutliche Mehrheit für die Annahme der Vorschläge aus der Arbeitsgruppe ergab.

Unter dem Tagesordnungspunkt 9 schilderte die Vertreterin des Bundesvorstandes ihre Bemühungen, eine Fachtagung für Staatsanwälte im Herbst 2000 zu organisieren. Gedacht ist daran, insbesondere für Staatsanwälte ein interessantes Programm zu bieten. Die Tagung soll am 24./25.11.2000 in Berlin stattfinden. Als Themen sind vorgesehen: die sachliche Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft, Fragen der Videovernehmungen und der Rechtshilfe in Strafsachen. Es soll eine Rückmeldung an den Deutschen Richterbund seitens der einzelnen Landesverbände erfolgen, um festzustellen, ob Interesse an einer solchen Tagung besteht.

Unter Tagesordnungspunkt 10 wurde die Frage diskutiert, ob zukünftig weiterhin Deutsche Richtertage vom Deutschen Richterbund veranstaltet werden sollten und wie diese dann gegebenenfalls auszugestalten seien, um eine größere Teilnehmerzahl zu gewinnen. Der Besuch sei insbesondere bei dem letzten Richtertag in Karlsruhe, der ein interessantes Programm gehabt habe, doch bemerkenswert gering gewesen.

Die lebhafte Diskussion befasste sich zum einen mit der Frage, ob die Richtertage wirklich fortgeführt werden sollten und dann auch mit der Frage der Terminierung. Vielfach wird von den Kollegen als Grund der Verhinderung ihre Arbeitsbelastung angegeben und die Unmöglichkeit, sich für mehrere Tage vom Dienst freizumachen, auch wenn für die Teilnahme Dienstbefreiung in Form von Sonderurlaub gewährt wird.

Es ist deshalb diskutiert worden, ob die Veranstaltungen so gelegt werden sollten, dass sie in das Wochenende hineinreichen. Auch insoweit wird gebeten, die Problematik in den Landesverbänden zu erörtern.

Unter Tagesordnungspunkt 11 stellte Herr Voss eine Aktivierung der Kolumbien-Hilfsaktion des Deutschen Richterbundes als dringend notwendig dar. Es wurde die Möglichkeit erörtert, Bußgelder für diese Hilfsaktion zu gewinnen. Die einzelnen Landesverbände werden der Geschäftsstelle des Richterbundes Mitteilung über die Umsetzungsmöglichkeiten in dieser Richtung geben.

Am nächsten Tage gab es eine umfangreiche Diskussion über die Rechtsmittelreform in Strafsachen. Insbesondere von Seiten des Landesverbandes Bayern und der Landesverbände Baden-Württemberg sowie Sachsen ergaben sich erhebliche Bedenken gegen die in dem vorgelegten Papier enthaltenen Reformüberlegungen, weil dies letztlich die Einführung der generellen Dreistufigkeit des Justizaufbaus bedeute. Alle Vertreter dieser Landesverbände im Bundesvorstand plädierten dafür, dass die Zuständigkeit der Amtsgerichte und Landgerichte als Eingangsgerichte unbedingt erhalten bleiben müssten.

Nachdem die Grundfrage in der Abstimmung ergeben hatte, dass auch der Bundesvorstand einhellig die Auffassung vertritt, die Existenz von Amtsgerichten und Landgerichten müsse beibehalten werden, wurde das umfangreiche Papier dann mit zahlreichen interessanten Thesen zustimmend verabschiedet.

Angesichts der umfangreichen Diskussion zur Rechtsmittelreform in Strafsachen blieb zur Diskussion der weiteren "Vorschläge betreffend die Reform des Strafverfahrens" keine Zeit mehr. Diese Diskussion wurde vertagt auf die nächste Bundesvorstandssitzung, die im November 2000 in Wiesbaden stattfinden wird.

Unter Tagesordnungspunkt 5 wurde der Referentenentwurf zur Reform des Zivilprozesses und die Stellungnahme des Deutschen Richterbundes diskutiert.

Der Bundesvorstand hatte bereits in einer außerplanmäßig einberufenen Sitzung in Karlsruhe am 25. Februar 2000 seine zunächst doch eher befürwortende Haltung zu den Reformvorstellungen betreffend den Zivilprozess aufgegeben und nunmehr eine kritischere Grundhaltung eingenommen. Dies ist zum einen in einer Presseerklärung vom 1. März 2000 zum Ausdruck gebracht worden, zum anderen aber auch in einem Rundschreiben vom gleichen Tage an die Mitgliedsvereine und Bezirksgruppen im Deutschen Richterbund. Ausgehend von den bereits am 25. Februar 2000 beschlossenen Grundthesen wurden auf der jetzigen Sitzung die Einzelregelungen umfassend diskutiert anhand eines vom Präsidium erarbeiteten Papiers, das in fast allen Punkten überwiegend Zustimmung fand.

Bei Drucklegung dieser Ausgabe der MHR lag leider die endgültige Fassung der Beschlüsse nicht vor, so dass sie in diesem Heft nicht abgedruckt werden können.

Aufmerksamkeit verdiente die Mitteilung, dass in Nordrhein-Westfalen ein Modellversuch nach den Vorstellungen des Referentenentwurfs im Rahmen einer Tagung durchgeführt werden wird.

Diese Veranstaltung hat inzwischen stattgefunden. Ein kurzer Bericht darüber ist in dem Magazin "Der Spiegel" Nr. 20 vom 15.05.2000 S. 32 f. erschienen.

Das Ergebnis lässt sich kurz wie folgt zusammenfassen: Die Umsetzung der Reform wird auf jeden Fall sehr teuer.

Inga Schmidt-Syaßen