Großen Raum nimmt in diesem Heft die geplante Zivilprozeßnovelle ein. Dies aus gutem Grund, denn der Entwurf des Bundesjustizministeriums leidet unter gravierenden Mängeln: Die angestrebten Ziele werden nicht nur nicht erreicht, sondern in ihr Gegenteil verkehrt. Die erstinstanzlichen Verfahren werden nicht verkürzt, sondern verlängert. Richterstellen werden nicht eingespart, sondern vermehrt werden müssen. Der Entwurf ersetzt in entschlossener Regelungswut flexible Regelungen der guten alten ZPO und ihrer richterlichen Praxisanwendung durch starre Formalisierung, mit denen die bisher gepflegte praktische und zügige Verfahrensweise unmöglich gemacht wird. Kurzum die geplante Reform ist, so wie sie der Entwurf verkörpert, ein Hindernis für eine zügige Bearbeitung in erster Instanz. Die Kollegen Daniels und Oehlrich gehen im einzelnen auf die Kritikpunkte ein. Es ist zu hoffen, daß sich die Bundesjustizministerin nicht als beratungsresistent erweist.
MHR veröffentlicht einen beachtenswerten Vorschlag zu einem weiteren Reformvorhaben, der Reform der Juristenausbildung. Hierzu ist schon viel Papier beschrieben worden – eine wirklich neue Idee war selten darunter. Der MHR-Gastkommentator Rechtsanwalt Petzold wartet in diesem Heft mit einem Vorschlag auf, der zu vielen Diskussionen anregen wird, dessen Realisierung aber zweifellos den Charme einer wirklichen Reform hätte, die sich an den Erfordernissen des europäischen Wettbewerbs ebenso orientiert wie an den veränderten Berufsbildern.
Bestandteil unserer modernen Zeiten ist das Internet. Die Homepage des Richtervereins wird, wie den Lesern bekannt ist, vom Kollegen Wolfgang Hirth betreut. Mit bewunderswertem Arbeitseinsatz hält er die Informationen und Verknüpfungen ("Links") auf dem aktuellen Stand. Alle Benutzer sind des Lobes voll. In seinem Bericht über die Weiterentwicklung der Homepage finden Sie auch die Besucherzahl: 2127 Besucher im Monat März! Es ist nicht zu überschätzen, was Hirth damit auch an Imagepflege für das Bild der Öffentlichkeit von Richtern und Staatsanwälten bewirkt. Viele der Kommentare, die man im Gästebuch lesen kann, drücken es aus – das habe man der Richterschaft (das gilt natürlich auch für Staatsanwälte) gar nicht zugetraut, sie sei ja überhaupt nicht so (wie?) wie gedacht...Kurzum – der Hamburgische Richterverein kann stolz sein auf diese Homepage und einen so engagierten Kollegen, der einen beträchtlichen Teil seiner Freizeit dafür (gerne) aufbringt.
Zu den angenehmen Seiten des Hamburger Justizlebens gehört die Musik. Das Juristenorchester und die Justizjazzer feiern ihren zehnjährigen Geburtstag! Beiden herzlichen Glückwunsch!
Zum Schluß möchte ich auf den Beitrag über eine geplanten Tagung in Salzau zum Thema Justiz und Nationalsozialismus hinweisen. In Hamburg ist es in letzter Zeit etwas still geworden um das Thema. Sollte es mit dem errichteten Mahnmal zu tun haben? Meint man, damit genug getan zu haben? Vor einigen Jahren haben wir uns – insbesondere im Zusammenhang mit den Justiztagen und im Rahmen der Projektgruppe zur Errichtung eines Mahnmals auf dem Sievekingplatz für die Opfer nationalsozialistischer Justiz – intensiv mit diesem Teil der Vergangenheit der Justiz befaßt. Einen wichtigen Beitrag leisteten die Veröffentlichungen der Justizbehörde , deren Redaktion Klaus Bästlein hatte. Klaus Bästlein gehört zu den Referenten in Salzau, ebenso wie Heribert Ostendorf und andere Kenner der Materie. Gerade jungen Richtern und Staatsanwälten (männlich wie weiblich) sei die Teilnahme besonders empfohlen.
Allen Lesern und Leserinnen der MHR wünscht die Redaktion unbeschwerte Urlaubstage. Falls Ihnen an der See, im Gebirge oder in der Sommerfrische auf dem Land ein mitteilenswerter Gedanke durch den Kopf geht, fühlen Sie sich nicht gehindert, ihn zu einem Artikel für MHR zu formen. Eine lebendige Mitgliederzeitung braucht ihre Leser..............................
Karin Wiedemann