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Editorial

Ein neues MHR-Heft liegt vor Ihnen, liebe Leser des Mitteilungsblattes. Es ist prall gefüllt mit Wortmeldungen zu den aktuellen justizpolitischen Fragen in Hamburg, Berlin und Kopenhagen. Aus Kopenhagen gilt es zu berichten, weil Dänemark 1999 einen gewaltigen Schritt vorwärts gemacht hat auf dem Wege zur Selbstverwaltung der Gerichte. Seit 1999 gibt es den "Domstalsstyrrelsen". Was das ist, lesen Sie in einem Bericht unserer Flensburger Kollegin Carla Evers-Vosgerau.

Der Blick ins Weite lohnt sich immer. Deswegen veranstaltet der Richterverein im Herbst eine Reise nach Florenz – nicht etwa der Kunst wegen, sondern, um die italienische Justiz näher zu betrachten. Das Programm und weitere Einzelheiten finden Sie in diesem Heft.

Wir haben eine neue Rubrik aufgenommen "Leseranzeigen". Hier können unsere Leser – kostenlos – Angebote und Anfragen veröffentlichen. Vielleicht kommt es zu einem lebhaften Austausch der Interessen, der sich nicht nur auf ablegte Roben und nach Kilogramm bemessene NJW-Hefte beschränkt.

Die Reden der diesjährigen Mitgliederversammlung finden Sie wie immer in MHR abgedruckt. Der Präsident der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer gibt in seinen Ausführungen Stoff zum Nachdenken in vielerlei Hinsicht. So spricht Axel Filges zu Beginn davon, er begreife Veranstaltungen wie diese Mitgliederversammlung als Chance, nicht nur mit der Alltagsarbeit überwiegend verwaltend tätig zu werden, sondern in Diskussionsbeiträgen im Dialog mit Berufsgruppen auch zu gestalten und Verständnis für einander zu entwickeln oder vertiefen. Dies ist in einer Zeit besonders wichtig, in der die Anwälte stärker als je unter wettbewerblichen Druck geraten und das Verständnis der Richterschaft benötigen. Wenn er ausführt, Ziel auch der Beratungstätigkeit der Anwälte sei es, vor Richterinnen und Richtern bestehen zu können, Anwälte trügen auch in ihrer außergerichtlichen Tätigkeit deren Urteile quasi ständig als Maß aller Dinge mit sich herum, so mag dies eine Überhöhung für die Gastgeber sein, hat aber sicher einen tatsächlichen Kern, der unserer Berufsgruppe an die beträchtliche Verantwortung erinnert, die wir tragen.

Hierzu gehört auch sein Hinweis, der Markt für anwaltliche Dienstleistungen bestehe nicht aus Rechtsproblemen, sondern aus Unternehmen, und Branchen, deren typischen Konfliktlagen und wirtschaftlichem Hintergrund, die der Anwalt kennen und für die er ganzheitliche Lösungen entwickeln müsse. Dies gilt vergleichbar ebenso für Richter und Staatsanwälte. Auch in unserem Wirkungsbereich ist es sinnvoll, nicht allein in Rechtsproblemen zu denken, sondern ganzheitliche Betrachtungen stärker in den Vordergrund zu rücken. War das nicht der alte Unterschied zwischen einem guten Juristen und einem guten Richter?

Filges Fazit zu bedenken, steht auch uns gut an:

"Aufbruch zu neuen Strukturen ja, aber nicht unter Vernachlässigung traditioneller Werte und Aufgaben der Anwaltschaft. Wir sind und bleiben ein Beruf, der in die soziale und politische Verantwortung für unsere Gesellschaft eingebunden ist. Die Anwaltschaft kann als zahlenmäßig kleine Gruppe, aber mit von sachlicher Kompetenz getragener Überzeugungsarbeit viel für die Gesellschaft leisten."

Nicht nur die Anwaltschaft hat diese Aufgabe, so läßt sich hinzufügen........

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine anregende Lektüre der MHR 1/2000.

Karin Wiedemann