Verhaltenskodex der Richter
des Kantonsgerichts Basel-Landschaft
vom 3. Mai 2004
Präambel
Im Bewusstsein, dass die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft
und die Verfassung des Kantons Basel-Landschaft bestimmen, dass jede Person ein
Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren vor einem unabhängigen und
unparteiischen Gericht hat,
im Bewusstsein, dass es für den Rechtsstaat von grundlegender Bedeutung ist,
dass Richterinnen und Richter, als Einzelne und in der Gesamtheit, das
richterliche Amt achten und danach streben, das Vertrauen in das Rechtssystem zu
stärken und zu erhalten, beachten die Richterinnen und Richtern die folgenden
Verhaltensgrundsätze.
Die Grundsätze sollen dazu beitragen, dass die Mitglieder der Exekutive und der
Legislative, die Anwaltschaft und die Öffentlichkeit die Justiz besser verstehen
und sie in ihren Anliegen und Aufgaben unterstützen.
Hintergrund, Zweck und Geltung
Nach ausdrücklichem Willen des basellandschaftlichen Gesetzgebers wird die
richterliche Tätigkeit an den Gerichten vorwiegend von Personen ausgeübt, deren
Haupttätigkeit - erwerblicher oder nicht-erwerblicher Art - ausserhalb der
richterlichen Tätigkeit liegt.
Die Richter und Richterinnen bringen ihre Berufs- und Lebenserfahrung in ihr Amt
ein. Entsprechend wird das Gerichtsmandat als Nebenamt entschädigt. Die
Richterinnen und Richter sind in der Regel auf ein Einkommen aus einer
erwerblichen Haupttätigkeit angewiesen.
Aus diesen Rahmenbedingungen kann sich ein Spannungsverhältnis zum Prinzip der
richterlichen Unabhängigkeit ergeben. Die nachfolgenden Grundsätze sollen die
Ausübung der nebenamtlichen richterlichen Tätigkeit so regeln, dass der
Kerngehalt der richterlichen Unabhängigkeit gewährleistet ist. Direkt oder
sinngemäss sind sie auch auf die hauptamtlichen Richterinnen und Richter
anwendbar.
Die Grundsätze sind als eine selbst auferlegte Ordnung der Richterschaft zu
verstehen. Ihre Geltung ergibt sich durch die letztlich freiwillige Beachtung
durch die Richter und Richterinnen.
UNABHÄNGIGKEIT
Grundsatz
Richterliche Unabhängigkeit ist eine wesentliche Voraussetzung für den
Rechtsstaat. Die Richterinnen und Richter gewährleisten die richterliche
Unabhängigkeit und veranschaulichen sie in ihrem individuellen und
institutionellen Aspekt.
Anwendung
1.1. Die Richter und Richterinnen üben die richterliche Funktion auf der
Grundlage ihrer eigenen Wertung der Fakten und in Übereinstimmung mit einem
gewissenhaften Verständnis des Rechts aus. Sie lassen sich von Dritten in keiner
Weise beeinflussen. Sie vermeiden auch den Anschein der Beeinflussung.
1.2. Die Richterinnen und Richter entscheiden unabhängig vom Druck der
öffentlichen Meinung und von den Verfahrensparteien.
1.3. Die Richter und Richterinnen vermeiden die Beeinflussung und den Anschein
der Beeinflussung durch die exekutive und legislative Gewalt.
1.4. Bei der Ausübung ihres Amtes sind die Richterinnen und Richter unabhängig
von ihren Kollegen oder Kolleginnen.
1.5. Eine nicht richterliche berufliche oder politische Tätigkeit ist so zu
gestalten und auszuüben, dass sie die richterliche Unabhängigkeit in ihrem Kern
nicht beeinträchtigt. Umgekehrt ist die Ausübung der beruflichen oder
politischen Tätigkeit nur insofern und insoweit eingeschränkt, als durch die
richterliche Unabhängigkeit geboten.
UNPARTEILICHKEIT
Grundsatz
Die Unparteilichkeit der Richterinnen und Richter ist eine grundlegende
Voraussetzung der richterlichen Tätigkeit.
Anwendung
2.1. Die Richter und Richterinnen üben ihre richterlichen Pflichten ohne
Bevorzugung, Vorurteil oder Voreingenommenheit aus. Sie treten in den Ausstand,
wenn sie in einer Sache dazu nicht in der Lage sind, oder wenn der Anschein
besteht, sie seien dazu nicht in der Lage.
Insbesondere treten sie in den Ausstand,
* wenn sie gegenüber einer Partei Vorurteile hegen,
* wenn sie in einer Sache aufgrund einer nicht richterlichen Funktion über
besondere Kenntnisse der persönlichen Verhältnisse verfügen,
* wenn sie zuvor in nicht richterlicher Funktion als Verfahrensbeteiligte in der
Sache tätig waren oder in der Sache Zeuge oder Zeugin sein können,
* wenn sie oder nahestehende Dritte direkt oder indirekt ein Interesse am
Ausgang des Verfahrens haben,
2.2. Die Richterinnen und Richter nehmen in der Öffentlichkeit nicht bewusst zu
einem laufenden oder bevorstehenden Verfahren Stellung. Sie enthalten sich jeden
Kommentars, der den fairen Prozess oder irgendeine Person beeinflussen könnte.
KORREKTES VERHALTEN
Grundsatz
Die Richterinnen und Richter gewährleisten mit ihrem Verhalten ihre persönliche
Integrität, die ihres Gerichts und die der Justiz insgesamt.
Anwendung
3.1. Die Richter und Richterinnen besorgen ihre richterlichen Aufgaben kompetent
und gewissenhaft.
3.2. Die Glaubwürdigkeit eines Richters oder einer Richterin wird auch durch das
Auftreten ausserhalb der richterlichen Tätigkeit bestimmt. Richterinnen und
Richter tragen daher ihrem Amt auch im privaten, (haupt-)beruflichen und
gesellschaftlichen Umgang Rechnung.
3.3. Das Ansehen einer Richterin oder eines Richters wird in der Regel nicht
beeinträchtigt durch die Vertretung, Verteidigung oder Beratung von Dritten,
welche gegen das Gesetz verstossen haben. Die Richterinnen und Richter
gewährleisten, dass sich ihre Tätigkeit eindeutig im Rahmen der Rechtsordnung
bewegt. Verpönt ist eine Beratungs- und Vertretungstätigkeit, welche
Rechtsverletzungen ermöglicht oder fördert.
3.4. Die nebenamtlichen Richterinnen und Richter besorgen ihre hauptberufliche
Tätigkeit mit der gebotenen Sorgfalt im Rahmen der geltenden Rechtsordnung und
nach bestem Wissen und Gewissen.