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Am 4. November 1994 jährt sich zum 125. Male der Geburtstag eines großen Hamburger Architekten, Fritz Schumacher. Die Hamburger Justiz ist ihm durch Bauten verbunden, die er in den Jahren seiner Tätigkeit als Leiter des Hamburgischen Hochbauamtes entwarf und errichten ließ.
Das Gebäude der Justizbehörde an der Drehbahn (1926-1927), das Amtsgericht Bergedorf (1926-1927) und die Erweiterung des Ziviljustizgebäudes am Sievekingplatz (1928-1932) sind sein Werk. Befremdlicherweise unterschlägt die Kulturbehörde auf ihrem blauen Hinweisschild am Haupteingang des Ziviljustizgebäudes Fritz Schumacher und nennt nur Baudirektor Ranck als Architekten. Erst im Zuge der Initiative des Hamburgischen Richtervereins zur Wiederherstellung der Grundbuchhalle konnte Fritz Schumachers Urheberschaft wieder ins rechte Licht gerückt werden. Seinen Anteil machen die für diesen Beitrag untersuchten Akten vollends deutlich.
Fritz Schumacher hat das Hamburger Stadtbild durch seine Schulen, Verwaltungsbauten, Wohngebiete und Parks maßgebend geprägt. Die zeitgenössische Kunstgeschichte indes hielt nicht viel von ihm. Den Protagonisten des modernen, funktionalen Bauens war er nicht fortschrittlich genug. Den Konservativen mißfiel sein Mangel ein Eifer für den heimatlichen Stil. Seine Bauweise wurde geprägt von den Vorstellungen des Deutschen Werkbundes und des Jugendstils. Als er 1909 nach Hamburg gerufen wurde, wandte er sich dem traditionellen Backstein als Material zu, verwendete ihn aber in durchaus neuer Manier. Er kombinierte den Backstein mit Bildhauerarbeiten, Werksteingliederungen, Majoliken und Ziegelformsteinen. Als prägnantes Beispiel dieses neuen, eigenen Stils ist uns das Gebäude der Finanzbehörde am Gänsemarkt geblieben; Jugendstil-Elemente, Formsteine und Klinkerkeramik sind hier in wunderbarer Harmonie kombiniert.
Landgerichtsdirektor Dr. Gustav Schiefler war mit Schumacher befreundet. Er, der die Personen der Zeitgeschichte sonst mit beißendem Hohn überschüttet, schreibt voller Respekt über den Stadtbaudirektor:
Aber nicht vom Urheber, vom Werk soll hier in Fortsetzung der Betrachtung über Hamburger Gerichtsgebäude vor allem die Rede sein, von seinem Anbau an das seit 1903 fertiggestellte und dem von Schumachers Vorgänger im Amt, Zimmermann, entworfenen Ziviljustizgebäude. Schumacher selbst zählte diesen "Anbau" unter seine besonderen Bauten - ein schließlich doch noch gelungenes Sorgenkind. In seinen Erinnerungen "Selbstgespräche - Erinnerungen und Betrachtungen" beschreibt er seine Gedanken dazu mit folgenden Worten:
Ich benutzte diese Technik der sparsamen aber leuchtenden farbigen Belebung bei einem zweiten großen Bau, dessen Äußeres hierfür keinen Anlaß bot, auch im Inneren einer beherrschenden Halle; es war das neue Justizgebäude, das zwischen den Abteilungen für Amtsgericht und Zivilgericht das Grundbuchamt aufnimmt. Dieses ist mit seinen vierzehn Abteilungen um eine Mittelhalle angeordnet, die, mit Oberlicht gedeckt, durch drei Geschosse geht und wie ein großer Beleuchtungskörper wirkt, der helle Korridore und eine helle Haupttreppenanlage schafft, ohne dafür Gebäudefront in Anspruch zu nehmen. Die war nämlich bei diesem Bau besonders kostbar, denn er mußte ungeheure Raumforderungen erfüllen. Man kann auch ihn als großes Bürohaus auffassen, das in konzentrierter Weise neuntausendfünfhundert Quadratmeter Nutzfläche in Form von Zelleneinheiten bereitstellt, die man, bald zu zweit und zu dritt zusammengefaßt, für die besonderen Zwecke des Justizbetriebes gebrauchen konnte.
Um den Vorteil der örtlichen Zusammenfassung des Gerichtswesens trotz des gewaltig wachsenden Bedürfnisses an Raum für Hamburg zu erhalten, mußte dieses neue Justizgebäude mit einem alten Bau aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts zusammengekoppelt werden, was die Aufgabe sehr erschwerte. Man konnte dabei den Wandel in den baulichen Anschauungen, der sich sich in meiner Studienzeit vollzogen hat, besonders deutlich erkennen, denn in der gleichen Hauptgesimshöhe, mit der mein Vorgänger die drei Geschosse seines Renaissancebaus entwickelt hatte, brachte ich fünf Geschosse unter und erreichte trotzdem durch die Gestaltung der Gesamtmasse eine monumentale Wirkung. Das hat manches Kopfzerbrechen gemacht, und eben deshalb halte ich diesen Bau für den gelungensten meiner Verwaltungsgebäude.
So muß sich der Architekt in das Wesen mancher moderner Großbetriebe hineinarbeiten, wenn er "Verwaltungsge-bäude" zu errichten hat. Sie sind eine Vereinigung der typisierenden Zellengestaltung des modernen Bürohauses mit den spezialistischen Bedürfnissen eines bestimmten Betriebes, und darin hegt das Interessante der Aufgabe, die sie stellen."
Wie die meisten der Bauten Fritz Schumachers wurde auch dieses Gebäude im Krieg beschädigt. Schumacher, der 1948 starb und seine Stadt Hamburg nach den Bombenangriffen noch gesehen hat, war tief erschüttert über die Zerstörung der Stadt. Er schreibt: